Parlamentskorrespondenz Nr. 826 vom 20.07.2020

Erklärung des Verfahrensrichters des Ibiza-Untersuchungsausschusses Wolfgang Pöschl

Klarstellung zum Ö1-Radio-Interview am 18. Juli 2020

Wien (PK) - Der Verfahrensrichter des Ibiza-Untersuchungsausschusses, Wolfgang Pöschl, sieht sich im Hinblick auf das Ö1-Radiointerview vom vergangenen Samstag, dem 18. Juli 2020, aufgrund der daraus abgeleiteten öffentlichen Diskussion hinsichtlich einer möglichen Befangenheit des Vorsitzenden zu folgender Klarstellung veranlasst:

"Ich habe in diesem Radiointerview zu diesem Zeitpunkt ungeklärte juristische Bedenken hinsichtlich der Frage der weiteren Führung des Vorsitzes und der Erstellung des Berichtes durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka angesprochen. Wie schon unmittelbar im Interview zum Ausdruck gebracht, möchte ich nochmals festhalten, dass diese Bedenken für mich als offene Frage formuliert waren, zu keinem Zeitpunkt aber eine Bewertung oder Schlussfolgerung für die Tätigkeit des Vorsitzenden Sobotka beinhaltet haben. Die Frage war rein abstrakt gehalten.

Die von mir vertretene Ansicht resultiert aus meiner Erfahrung aus der Gerichtsbarkeit und der dort geltenden Verfahrensbestimmungen und den Verfahrensregeln. Wie in dem Interview ausgeführt, bedurfte es noch einer Vertiefung hinsichtlich der im Untersuchungsausschuss geltenden Verfahrensregeln. Diese ergibt, dass die Befangenheit in der Verfahrensordnung nicht geregelt ist. Befangenheitsbestimmungen können auch nicht analog zum Gerichtsverfahren zur Anwendung kommen. Folgt man meiner, für das Gerichtsverfahren vertretenen Ansicht, würde die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses auch letztlich durch die gezielte Ladung des jeweiligen Vorsitzenden zum Erliegen kommen.

Die gelebte Praxis zeigt, dass der vom Verfahrensrichter zur erstellende Berichtsentwurf vom Vorsitzenden als Bericht des Ausschusses ohne Änderungen – wozu der Vorsitzende berechtigt wäre – den Fraktionen zur Beschlussausfertigung vorgelegt wird. Die Fraktionen haben überdies die Möglichkeit einer Stellungnahme in ihren Fraktionsberichten.

Ich möchte nochmals betonen, dass ich meine Aufgabe objektiv und überparteilich wahrnehme und allen Fraktionen in Äquidistanz gegenüberstehe. Gegenüber dem Vorsitzenden Sobotka steht mir keinerlei Bewertung zu. Ich habe eine solche auch nie abgegeben." (Schluss) red