Parlamentskorrespondenz Nr. 893 vom 15.09.2020

Internationaler Tag der Demokratie: Parlament legt weltweite Sammlung von Initiativen zur Demokratiebildung vor

IPU-Mitgliedsstaaten waren aufgerufen, ihre Best-Practice-Beispiele zu präsentieren

Wien (PK) – Welche Schwerpunkte setzen Parlamente weltweit bei der Vermittlung von Demokratie und Parlamentarismus? Welche Ziele werden damit verfolgt und welche Formate und Methoden dafür gewählt? Im Vorfeld der IPU-Weltkonferenz, die in diesem Jahr aufgrund der COVID-19-Pandemie virtuell abgehalten wurde und nächstes Jahr als physisches Treffen in Wien fortgesetzt wird, hat das österreichische Parlament als Gastgeber des Welttreffens die IPU-Mitgliedsstaaten zu ihren Angeboten der Demokratievermittlung befragt. Am heutigen internationalen Tag der Demokratie liegen nun die Ergebnisse in der Online-Publikation "Parliaments Promoting Democracy – Report on Programmes of National Parliaments Promoting Democracy and Human Rights " vor. Die weltweite Sammlung von Initiativen zur Demokratiebildung enthält Best-Practice-Beispiele von über 50 Ländern, darunter zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten sowie unter anderem Fidschi, Indien, Israel, Japan, Kenia, Mauritius, Mexiko, Namibia und Thailand.

Weltweite Angebote zur Vermittlung von Demokratie und Parlamentarismus

Die Angebote zur Vermittlung von Demokratie und Parlamentarismus reichen von traditionellen Führungen durch die Parlamentsgebäude über Jugendparlamente, mehrtätigen Aktionstagen, Tagesprogrammen und Stipendien bis hin zu Outreach-Initiativen wie ein Parlaments-Bus oder Theateraufführungen.

Grundsätzlich richten sich die meisten Angebote zur Demokratiebildung an Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren, in den meisten Parlamenten steht aber speziell die Altersgruppe der 14- bis 25-Jährigen im Fokus. Die Ergebnisse der Befragung spiegeln ein breitgefächertes Angebot der Demokratievermittlung wider. Der aktiven Teilnahme von ParlamentarierInnen an den Programmen kommt dabei generell ein hoher Stellenwert zu.

So werden ParlamentarierInnen beispielsweise von TeilnehmerInnen interviewt, nehmen an Rollenspielen teil oder halten kurze Vorträge. Ein großer Teil der Parlamente nennt ein- bzw. mehrtätige Aktionstage, vor allem in Form von Kinder- bzw. Jugendparlamenten, als ihre wichtigste Initiative zur Demokratievermittlung. Auch regelmäßig angebotene Programme, die in die täglichen Abläufe der Parlamentsverwaltungen integriert sind, stellen eine beliebte Form dar. Diese bestehen zumeist aus einer Kombination aus Gebäudeführungen, Sitzungsbesuchen, Treffen mit Abgeordneten sowie einer lebensnahen Simulation parlamentarischer Prozesse.

Zudem haben einige Länder reine Outreach-Programme, die häufig in Schulen oder Gemeindezentren stattfinden sowie Programme zur Weiterbildung von jungen Erwachsenen zwischen 20 und 25 Jahren als ihr Best-Practice-Angebot angegeben. Interaktive Workshops zu ausgewählten Basiskonzepten, kombiniert mit der Erstellung eines Medienproduktes, wie es etwa die österreichische Demokratiewerkstatt anbietet, runden die Palette der Demokratievermittlungsmethoden ab.

Generell verfolgen die Parlamente mehrere Ziele mit ihren Angeboten zur Demokratievermittlung, es sind jedoch eindeutige Schwerpunkte feststellbar. Beinahe alle Parlamente nennen "den Gesetzgebungsprozess verstehen" bzw. "die Arbeit des Parlaments näher bringen" als ihr wichtigstes Ziel. Weiters kommt der "Förderung der Partizipationsbereitschaft" sowie der "Stärkung des Demokratiebewusstseins" ein hoher Stellenwert zu. Von ähnlicher Bedeutung ist das Ziel, "die Arbeit von PolitikerInnen zu verstehen". Auffallend ist, dass das Ziel "Medienkompetenz fördern" selten und ausschließlich von europäischen Ländern explizit angeführt wurde.

Best-Practice-Beispiele am Beispiel von Dänemark, Israel und Australien

Eine gewiss außergewöhnliche und umfangreiche Form der Demokratievermittlung findet jedes zweite Jahr in Dänemark statt. In den drei Wochen dauernden "School Elections" für 13- bis 16-Jährige wird der gesamte Prozess einer Parlamentswahl – von der Ankündigung durch den Premierminister bis zur Verkündung des Wahlergebnisses im nationalen Fernsehen – simuliert und stößt auf großes Interesse bei dänischen Medien.

Auf Initiative des ehemaligen Parlamentspräsidenten Yuli-Yoel Edelstein wurde in Israel das Programm "Connecting to the Knesset" entwickelt. Es soll vor allem in peripheren Regionen das Demokratieverständnis und das Wissen über die parlamentarische Arbeit fördern. Einerseits finden dazu in unterschiedlichen Regionen Demokratiebildungs-Workshops für Jugendliche, die sogenannten "Discovery Days", unter Beteiligung des Parlamentspräsidenten sowie ParlametarierInnen verschiedener Fraktionen statt. Andererseits wurde die "Knesset Stage" ins Leben gerufen. Dabei wurde ein Modell der Knesset in bis dato zwei Stadtzentren aufgebaut, bei der BürgerInnen bei verschiedenen Workshops, Rollenspielen und simulierten Ausschussdebatten teilnehmen können.

Das einzige noch vor der COVID-19-Pandemie ausschließlich digitale Programm stellt in der Sammlung das australische Videokonferenztool "Parliamentary Insider" dar. Es richtet sich an 8- bis 25-Jährige und soll das australische Parlament in die Klassenzimmer im ganzen Land bringen. Durch ein eigens dafür eingerichtetes Studio im Parlamentsgebäude kommen die SchülerInnen so mit ExpertInnen und ParlamentarierInnen virtuell in Kontakt, um mehr über den Gesetzgebungsprozess und die Aufgaben der Abgeordneten zu erfahren. Die Programminhalte können zudem je nach Zielgruppe flexibel angepasst werden.

Der 15. September wurde im Jahr 2007 als Internationaler Tag der Demokratie von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Parlamente bilden weltweit das Herzstück der Demokratie in ihren jeweiligen Ländern. Zu ihren Kernaufgaben zählen auch die Stärkung und Förderung der demokratischen Werte und Strukturen. (Schluss) med