Parlamentskorrespondenz Nr. 1382 vom 09.12.2020

Politisches Interesse von Jugendlichen ist 2020 weiter gestiegen

Studie "Junge Menschen und Demokratie in Österreich 2020" zeigt: Junge Menschen von Corona-Pandemie besonders betroffen

Wien (PK) - Seit 2018 erhebt das SORA-Institut im Auftrag des Parlaments jährlich das Demokratieverständnis Jugendlicher. Damit soll der Zugang junger Menschen in Österreich zur Demokratie und zu den Institutionen in Erfahrung gebracht werden. Die Umfrage unter 360 Personen zwischen 16 und 26 Jahren umfasste sieben Fragestellungen und fand zwischen 17. August und 10. Oktober statt. Die Ergebnisse wurden heute in einer Online-Pressekonferenz veröffentlicht. Im Fokus der SORA-Beauftragung steht die Beobachtung bestimmter Kennzahlen zur Entwicklung des demokratischen Verständnisses über die Jahre hinweg. Die Erhebung geht aber mit spezifischen Fragen auch auf aktuelle Ereignisse ein.

Wissen über die Stimmungslage in der Bevölkerung

Parlamentsdirektor Harald Dossi betont die Wichtigkeit des Projekts Demokratie Monitor, weil den Abgeordneten damit Wissen über die Stimmungslage in der Bevölkerung als Grundlage für ihr politisches Handeln gegeben werde. Aufgrund des Wahlalters von 16 Jahren sei von Beginn an die Zusatzerhebung beauftragt worden, die Stimmungslage der JungwählerInnen zu erheben und den Abgeordneten zur Verfügung zu stellen.

Janine Heinz(SORA) hob aus den Studienergebnissen hervor: "Die Corona-Krise hat 2020 auch dazu geführt, dass das Informationsbedürfnis unter den jungen Menschen stark angestiegen ist: Sie informieren sich häufiger über politische Themen, wobei die Bedeutung der sozialen Medien besonders zugenommen hat." Auch Zeitungen, sowohl Print- als auch Online-Ausgaben, seien wichtige Medien für die Menschen unter 27 in Österreich. Wenn es um den Kontakt zu demokratischen Institutionen gehe, sei das Parlament die erste Anlaufstelle. Auch wenn der direkte Kontakt unter Menschen heuer schwierig sei: "Mehr junge Menschen als in den Jahren zuvor haben zum Beispiel eine Sitzung des Nationalrats verfolgt oder sich auf der Website und anderen Kanälen des Parlaments informiert."

Nationalratspräsident Wolfang Sobotka betont das Informationsangebot des österreichischen Parlaments

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka warnt vor der Gefahr durch Fake News und unterstreicht das Informationsangebot des Parlaments. "Es braucht bestimmt keine Krise, um das Informationsbedürfnis der Jugendlichen zu stärken", sagt Sobotka. "Dennoch ist es positiv, dass dieses während der Corona-Pandemie gestiegen ist. Soziale Medien stellen die beliebteste Informationsquelle der Jugendlichen dar. Hier ist das Risiko für Fake News besonders hoch. Daher freut es mich, dass die Parlamentskanäle die erste Anlaufstelle für den Kontakt zu demokratischen Institutionen sind."

JugendsprecherInnen der Parlamentsparteien sehen Politik in Bezug auf junge Menschen gefordert

Claudia Plakolm (ÖVP) verweist auf die besonderen Herausforderungen des heurigen Jahres angesichts der Corona-Pandemie. Neben der Corona-Gefahr für ältere Menschen und Angehörige der Risikogruppen seien Jugendliche von sozialen und psychischen Belastungen betroffen. Plakolm zeigt sich zuversichtlich, "dass es in den nächsten Monaten wieder bergauf geht". Die Jugend habe bewiesen, was es heiße, in der Gesellschaft zusammenzuhalten.

FPÖ-Jugendsprecher Michael Schnedlitz ist es angesichts der Zukunftssorgen junger Menschen wichtig, ihnen Hoffnung zurückzugeben. Dafür brauche es Politik auf Augenhöhe und "greifbare Konzepte von Entlastung und Arbeitsplätzen". Jugendliche müssten das Gefühl haben, dass sie gehört und ernst genommen werden.

Eva Maria Holzleitner (SPÖ) sieht erkennt in den Studienergebnissen ein Interesse von Jugendlichen, "in der Politik mitzumachen und mitzumischen". In der Schule werde aber immer noch zu wenig politische Bildung vermittelt, weshalb es ein eigenständiges Schulfach in allen Schultypen brauche.

Die Corona-Krise habe vor allem junge Menschen getroffen, mit Homeschooling, der Reduktion von sozialen Kontakten und der Einschränkung von Bewegungsfreiheit, stellt Barbara Neßler (Grüne) fest. Hinzu kämen Unsicherheiten, was die Zukunft anbelangt sowie finanzielle Sorgen, was sich auch auf die psychische Gesundheit junger Menschen niederschlage.

Yannick Shetty (NEOS) erachtet die Zahlen des österreichischen Demokratie-Monitors in Bezug auf die Jugend als besorgniserregend. Sorgen um Arbeitsplätze und Bildung, um Grund- und Freiheitsrechte würden zeigen, dass die Corona-Krise eine Krise der jungen Menschen sei. Die Politik müsse besonders auf jene schauen, die von der Krise und ihren Folgewirkungen betroffen seien.

Jugend blickt pessimistisch in die Zukunft, vor allem was die finanzielle Situation betrifft

Jugendliche haben kaum Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus, jedoch berichten knapp 40% in der vorliegenden Erhebung von einer Verschlechterung ihrer psychischen Lage bzw. von einer Verschlechterung ihrer finanziellen Situation. Damit sind diese negativen Auswirkungen der Pandemie (Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Einschränkung der Sozialkontakte) unter den jungen Menschen weiter verbreitet als in der älteren Bevölkerung.

Auf die Frage: "Wird das Leben für die junge Generation in Österreich einmal eher besser, eher schlechter oder gleich gut sein wie heute?" antworteten 55% mit "eher schlechter". 44% gaben an, dass es eher besser bzw. gleich bleiben werde. In Zusammenhang mit der Corona-Pandemie besteht insbesondere die Sorge, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht (68%), die Wirtschaft und die Arbeitsplätze gefährdet (59%) und die Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt werden (55%).

Jugendliche sind von den Auswirkungen der Corona-Pandemie stärker betroffen als Befragte über 26

60% junger Menschen mit weniger sozioökonomischen Ressourcen berichten von einer Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit bzw. von einer Verschlechterung ihrer finanziellen Situation. Bei den über 26-Jährigen gaben nur 27% an, dass sich ihre psychische Gesundheit verschlechtert habe. 32% der älteren Menschen bezeichnen ihre finanzielle Situation aufgrund der Corona-Pandemie als "verschlechtert".

Interesse junger Menschen für Politik ist gestiegen

Jugendliche beschäftigen sich mehr mit Politik. Sie informieren sich vermehrt über die Medien und sprechen mit FreundInnnen und in der Familie mehr über Politik. Der Anteil derer, die sich nicht über politische Themen informieren, ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Junge Menschen beteiligten sich im Vergleich zu 2018 und 2019 auch etwas mehr, sei es an Wahlen, in der Nachbarschaft, Vereinen und besonders an Demonstrationen. Für die Mitarbeit in der Politik konnte sich knapp jeder fünfte junge Mensch begeistern. Das Vertrauen in die Demokratie und in Institutionen wie das Parlament ist konstant hoch.

Grundlegende Einstellung zum demokratischen System blieb in den letzten drei Jahren konstant, 6% befürworten eine Diktatur

Nur geringen Änderungen unterliegt die Grundeinstellung junger Menschen zur Demokratie im Dreijahresvergleich. Der Anteil der überzeugten DemokratInnen betrug 2018 64%, 2019 59% und in diesem Jahr 60%. Die Zahl jener, die zwar eine Demokratie befürworteten, sich aber unter bestimmten Umständen einen "starken Führer" bzw. Einschränkungen demokratischer Einrichtungen vorstellen konnten, betrug 2018 33%, 2019 37% und 2020 34%. Damit liegt die Altersgruppe der Jugendlichen deutlich über dem Wert der Gesamtbevölkerung (19%), wie der Vergleich der Jugendstudie mit den Ergebnissen des Demokratie-Monitors 2020 zeigt.

Zu beobachten ist ein steigender Anteil derer, die eine Diktatur befürworten. Lag der Wert im Jahr 2018 noch bei 3% und im Jahr 2019 bei 4% so beträgt er in der Befragung 2020 mittlerweile 6%.

Vertrauen in das Parlament hat sich verbessert

Das Parlament legt im Vertrauen der Jugendlichen zu. Unter jenen öffentlichen Institutionen, denen junge Menschen "sehr" oder "ziemlich" vertrauen, belegt das Parlament mit einem Anteil von 55% (14% bzw. 41%) den dritten Platz hinter Polizei und Justiz. Im Jahr 2018 lag der Wert bei 50% und dem fünften Platz hinter dem Bundespräsidenten, Behörden und Ämtern.

Politisches Informationsbedürfnis ist gestiegen, Anteil sozialer Medien wächst, Online-Kanäle des Parlaments können mehr als mithalten

Im durch die Corona-Pandemie geprägten Jahr 2020 informieren sich die Jugendlichen häufiger über politische Themen als in den Jahren zuvor. Der Anteil "politik-abstinenter" Jugendlicher ist gesunken. Alle Medien außer YouTube verzeichnen Zuwächse. Der Anteil der sozialen Medien ist gestiegen.

Während coronabedingt der physische Kontakt zu PolitikerInnen zurückgegangen ist, ist der Medienkontakt gestiegen. So haben mehr junge Menschen die Online-Kanäle des Parlaments aufgesucht: Waren es im Jahre 2019 noch 40% der befragten Jugendlichen, so waren es 2020 52%.

Mehr Austausch über Politik, verstärktes Engagement

Der Trend zu verstärktem Austausch über Politik unter FreundInnen, in der Familie, in Schule und Arbeit setzt sich fort. 6% gaben an, z.B. mit FreundInnen täglich über Politik zu sprechen, 18% mehrmals wöchentlich, 30% zumindest einmal in der Woche.

Drei Viertel der Jugendlichen geben an, in den letzten fünf Jahren an einer Wahl teilgenommen zu haben. Zwei Drittel setzen sich in der Nachbarschaft, der Schule oder der Arbeit für ein Thema ein. Die Bereitschaft, an Demonstrationen teilzunehmen, hat weiter zugenommen: 32% der Jugendlichen haben in den letzten fünf Jahren an Demonstrationen teilgenommen.

Alle Ergebnisse des Demokratie-Monitors 2020 sind auf der Website www.demokratiemonitor.at abrufbar. Die Studienergebnisse "Junge Menschen und Demokratie in Österreich 2020" stehen auf www.sora.at/demokratiederjungen zum Download zur Verfügung. Mehr Informationen zu den Studienergebnissen finden Sie auch auf der Webseite des Parlaments. Ein Kurzvideo zur Studie mit Statements der JugendsprecherInnen der parlamentarischen Klubs ist in der Mediathek abrufbar. (Schluss) cke