Parlamentskorrespondenz Nr. 93 vom 28.01.2021

Neu im Gesundheitsausschuss

Sanitätsrat, Generika, Hilfspaket für Gesundheitswesen, Pflegereform, Komplementärmedizin, Tierschutzgesetz

Wien (PK) - Nach der Anzahl an neu eingelangten Anträgen zu schließen steht den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses auch heuer wieder ein arbeitsintensives Jahr bevor. In den Initiativen der SPÖ geht es unter anderem um ein finanzielles Hilfspaket für das österreichische Gesundheitswesen, um die pandemiebedingten Mehraufwendungen und gesunkenen Einnahmen auszugleichen, um die rasche Umsetzung einer Pflegereform sowie um die Abgeltung der Honorarausfälle des Jahres 2020 bei nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen. Von Seiten der NEOS wiederum wird nicht nur die rasche Einberufung des Obersten Sanitätsrats gefordert, sondern auch Änderungen im ASVG vorgeschlagen, die die Regelung der Arzneimittelpreise und die Unterscheidung zwischen Generika und Biosimilars zum Inhalt haben. Auch die Aufhebung des Erlasses des Gesundheitsministeriums zu CBD-Produkten ist den NEOS ein Anliegen. Die Freiheitlichen wiederum präsentieren ein Konzept zur breiten Etablierung der Komplementärmedizin im heimischen Gesundheitswesen und wollen ein Verbot des betäubungslosen Schlachtens von Tieren gesetzlich verankern.

NEOS für rasche Einberufung des Obersten Sanitätsrats

NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker weist darauf hin, dass trotz gesetzlicher Vorgaben noch immer keine neuen Mitglieder für den Obersten Sanitätsrat ernannt wurden (1145/A(E)). Zum letzten Mal trat dieses Gremium am 24. Juni 2017 zu einer konstituierenden Sitzung zusammen; im Herbst hätten nach Auslaufen der dreijährigen Funktionsperioden schon wieder neue Mitglieder nominiert werden müssen. Bundesminister Rudolf Anschober sollte daher seiner aufgrund des Bundesgesetzes über den Obersten Sanitätsrat (OSR-Gesetz) bestehenden Verpflichtung nachkommen und ehestmöglich den Sanitätsrat einrichten bzw. dafür qualifizierte Mitglieder ernennen.

… für Änderungen im ASVG bezüglich Regelung der Arzneimittelpreise

In einem von den NEOS eingebrachten Initiativantrag geht es um eine Änderung einer Bestimmung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, die reguliert, in welchem Rahmen Arzneimittelpreise gesenkt werden müssen, um im Erstattungskodex zu bleiben (1134/A) . Abgeordneter Gerald Loacker weist darauf hin, dass es derzeit anstelle eines regelmäßigen Verfahrens nur ein einmaliges Vorgehen mit einer Frist von drei Jahren gibt. Außerdem wurde festgelegt, dass das Verfahren alle zwei Jahre wiederholt werden müsse. Die Frist, wie lange ein Arzneimittel im Erstattungskodex geführt wird, wurde dabei allerdings nicht angepasst, gibt Loacker zu bedenken. Durch den von den NEOS eingebrachten Antrag soll nun gewährleistet werden, dass das Verfahren automatisch regelmäßig wiederholt wird und dass auch die Fristen für den Verbleib im Erstattungskodex angepasst werden.

…und für Beibehaltung der Unterscheidung zwischen Generika und Biosimilars

Durch eine weitere Initiative der NEOS soll das Auslaufen einer Regelung im ASVG per 31.12.2021 verhindert werden. Im Konkreten soll durch den Entfall des Paragraphen 705 Absatz 3 sichergestellt werden, dass auch ab 2022 weiterhin zwischen den beiden Medikamentengattungen Generika und Biosimilars unterschieden wird (1135/A).

SPÖ drängt auf rasches Hilfspaket für das öffentliche Gesundheitssystem

Obwohl die COVID-19-Pandemie zu einer weltweiten Wirtschaftskrise, einem massiven Einbruch der Steuereinnahmen und auch der Sozialversicherungsbeiträge geführt habe, sei die Bundesregierung bis heute nicht in der Lage gewesen, diese Kosten bzw. Ausfälle außer Streit zu stellen und zu ersetzen, heißt es in einem Entschließungsantrag der SPÖ (1160/A(E)) . Weder im Budget 2021 noch bei der Ausarbeitung des ÖGK-COVID-19-Zuwendungsgesetzes ("Gesetz ohne Inhalt") wurden sich die Regierungsparteien über eine Finanzierung einig. Durch ihr Nichthandeln beschwören sie nach Ansicht des Abgeordneten Philip Kucher schwerwiegende Folgen für das heimische Gesundheitssystem herauf. Während die COVID-Krise in den Krankenanstalten zu massiven Mehraufwendungen geführt habe, würden die Zahlungen des Bundes für die Krankenanstaltenfinanzierung für 2021 um 130 Mio. € unter dem 2020 vorgesehenen Wert liegen. Da auch die im Rahmen der 15a-Vereinbarung zur Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens reservierten Umsatzsteueranteile der Länder und Gemeinden um 40 Mio. € sinken, fehlten insgesamt 170 Mio. € aus Steuermitteln für die Krankenanstaltenfinanzierung.

Aufgrund der gestiegenen Arbeitslosigkeit sei die Krankenversicherung schon jetzt mit um 200 Mio. € geringeren Beitragseinnahmen konfrontiert, gibt Kucher weiter zu bedenken. Ungewiss sei zudem, wieviel der gestundeten Beiträge in der Höhe von rund 1,8 Mrd. € aufgrund von Insolvenzen nicht mehr eingebracht werden können. Vor diesem Hintergrund sei aus Sicht der SPÖ ein Hilfspaket für das österreichische Gesundheitssystem unerlässlich. Insbesondere müssen die pandemiebedingten Verluste in der Spitalsfinanzierung sowie in der Krankenversicherung ausgeglichen werden, damit es für die Versicherten zu keinen Leistungseinschränkungen, neuen Selbstbehalten, Beitragserhöhungen oder gar Privatisierungen komme. Zusätzlich müsse die von Bundeskanzler Kurz versprochene Gesundheitsmilliarde ausgeschüttet werden, um einen Leistungsausbau zur Verbesserung der Versorgung der PatientInnen zu ermöglichen.

Umfassendes SPÖ-Konzept für Reform der Pflege, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Absicherung der pflegenden Angehörigen

Von einer "grob fahrlässigen Vernachlässigung einer umfassenden Pflegereform" spricht SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher in einem weiteren Entschließungsantrag, da seiner Meinung nach in dieser Frage außer Ankündigungen bisher nichts geschehen sei (1161/A(E)) . Die Sicherstellung einer menschenwürdigen und hochwertigen Pflege in Österreich sowie die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen müsse nicht nur angesichts der größten Gesundheitskrise seit 100 Jahren höchste Priorität haben, sondern auch aufgrund der demographischen Entwicklungen.

Als besonders vordringlich stufen die SozialdemokratInnen die Schaffung eines bundesweit einheitlichen Pflegesystems ein, das Rücksicht auf regionale Gegebenheit nimmt, Mindestkriterien festlegt und unabhängige Kontrollen vorsieht. Ein wichtiger Baustein dafür sei die Finanzierung aus einem Topf, die in Form eines Pflegegarantiefonds, in dem die bisherigen Aufwendungen von Bund und Ländern zusammengefasst sind, umgesetzt werden sollte. Weiters müsste eine trägerunabhängige, einheitliche Anlaufstelle für Pflegehilfestellungen (Pflegeservicestelle) in allen Bundesländern eingerichtet werden, die von der Evaluierung des Bedarfs bis hin zur Hilfe bei der Beantragung des Pflegegelds Unterstützung leisten soll. Durch die Verabschiedung eines Pflegequalitätsgesetzes könnten bundesweit einheitliche Qualitätsstandards sowohl im stationären als auch ambulanten Bereich sichergestellt werden. Zusätzlich brauche es noch eine Ausbildungsoffensive, eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften sowie eine ausreichende sozialrechtliche Absicherung der pflegenden Angehörigen. Dabei sollte man Anleihe am innovativen burgenländischen Modell nehmen, wo Pflegeleistungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht werden können, schlägt Kucher vor.

SPÖ will Abgeltung für Honorarausfälle im Jahr 2020 auch bei nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen

Während VertragsärztInnen im Corona-Jahr 2020 einen Ausgleich für ihren Honorarentfall in drei Quartalen von 80% erhalten, sei diese Regelung für die anderen Gesundheitsberufe wie z.B. ZahnärztInnen, medizinisch-technische Dienste, PsychologInnen, Hebammen etc. nicht vorgesehen, beklagt SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher (1170/A(E)). Bundesminister Rudolf Anschober sollte daher umgehend Gespräche mit den VertreterInnen der sonstigen, nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe, die in Vertragsverhältnissen zur Krankenversicherung nach den Sozialversicherungsgesetzen stehen, aufnehmen und bis längstens Ende Februar 2021 eine entsprechende Regierungsvorlage ausarbeiten.

FPÖ: Verbot des rituellen Schlachtens ohne Betäubung soll im Tierschutzgesetz verankert werden

Ein von FPÖ-Abgeordnetem Peter Schmiedlechner eingebrachter Initiativantrag betreffend die Änderung des Tierschutzgesetzes zielt auf ein Verbot des betäubungslosen Schlachtens von Tieren ab (1198/A). Die aus rituellen Gründen im Judentum und im Islam praktizierte Methode, bei der die Tiere m ittels eines speziellen Messers mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite getötet werden, führe trotz Durchtrennung der Luftröhre und der Hauptschlagadern oft zu einem mehrminütigen Todeskampf bei den Tieren. Eine sofortige Bewusstlosigkeit sei daher nicht immer gegeben. Auch das Beharren auf das Schächten ohne vorherige Betäubung mit dem Hinweis auf das erforderliche Ausbluten sei nicht überzeugend, da ein betäubtes Tier in gleicher Weise ausblute wie ein nicht betäubtes. Bei der Diskussion des Themas müsse zudem der historische Hintergrund betrachtet werden. Während das Schächten bis zur Einführung moderner Betäubungsmethoden als fortschrittlich galt (schnelle Tötung), könne diese Position heute nicht mehr vertreten werden. Diese Ansicht werde auch von Reformjuden geteilt, welche den Verzehr von unter Betäubung entbluteten Tieren erlauben. Ebenso habe der Mufti von Ägypten festgestellt, dass das Tier vor der Schächtung betäubt werden darf, wenn diese Betäubung für das Tier nicht tödlich ist.

Aus Sicht der FPÖ sei es unzulässig, die barbarische Methode der "reinen Schlachtung" unter dem Deckmantel der freien Religionsausübung zuzulassen. Es dürfe keine Sonderrechte für bestimmte Weltanschauungen geben, die Trennung von Staat und Religion müsse gewährleistet werden. Auch der Europäische Gerichtshof habe kürzlich in einer Entscheidung geurteilt, dass es kein Recht auf rituelles Schächten ohne Betäubung gebe und dass EU-Mitgliedstaaten ein diesbezügliches Verbot aussprechen können. Nun sei der Gesundheitsminister am Zug, der im Rahmen einer Novelle zum Tierschutzgesetz festlegen soll, dass das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor dem Blutentzug verboten wird, fordert die FPÖ. Sollte eine Betäubung unter gewissen Umständen, wie etwa bei einer Notschlachtung, nicht möglich sein, so müsse die Schlachtung auf eine Weise durchgeführt werden, die dem Tier keine unnötigen Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt. Dazu liegt auch ein fast gleichlautender Entschließungsantrag der freiheitlichen Fraktion im Bundesrat vor (285/A(E)-BR/2020).

FPÖ: Maßnahmen für die Komplementärmedizin in Österreich

Ein umfassendes Konzept zur Verankerung und Etablierung der Komplementärmedizin im österreichischen Gesundheitswesen legen die Freiheitlichen vor (1200/A(E)). Sie sind der Auffassung, dass d ie Hochspezialisierung in der Medizin, die den Menschen viele Fortschritte bringe, oft aber auch zu Lasten einer ganzheitlichen Zusammenschau gehe. Gerade bei chronischen Krankheiten und funktionellen Beschwerden würden das Wissen und die Möglichkeiten der konventionellen Medizin bei weitem nicht ausreichen, um nebenwirkungsarm und erfolgreich behandeln zu können. Aus diesem Grund habe etwa ein Viertel der österreichischen ÄrztInnen zusätzlich ein Diplom in komplementärmedizinischen Verfahren im Sinne eines integrativen Ansatzes, stellen die FPÖ-Abgeordneten Gerhard Kaniak und Dagmar Belakowitsch fest. Damit werde auch dem mehrheitlichen Wunsch der Bevölkerung entsprochen, die laut Umfragen zu 70% bis 80% eine Kombination aus Schul- und Komplementärmedizin bevorzuge. Sie bringen als weitere Argumente vor, dass Komplementärmedizin die Eigenverantwortung der PatientInnen stärke, die herkömmliche Medikation um bis zu 50% verringern könne und somit dem Gesundheitssystem viele Kosten erspare.

Therapeutisches Handeln gehöre immer an eine fundierte Ausbildung gebunden, es soll weiterhin ÄrztInnen vorbehalten bleiben, betonen die freiheitlichen MandatarInnen. Die Patronanz der Österreichischen Ärztekammer sichere die Qualität der jeweiligen Ausbildungen. Nach der Streichung der Wahlpflichtfächer für Homöopathie und Komplementärmedizin an den Unis in Wien und Linz werden jedoch nur mehr in Graz und Innsbruck Lehrveranstaltungen zu TCM und Akkupunktur angeboten. Währenddessen zeige ein Blick ins Ausland, dass beispielsweise in den USA bereits seit 2012 über 50 Institute für integrative Medizin bestehen und es in der Schweiz einen eigenen Lehrstuhl für Naturheilkunde gibt. Aus all diesen Überlegungen leiten die AntragstellerInnen folgende konkrete Forderungen ab: Einrichtung des F achgebiets "Komplementärmedizin" in der akademischen Ausbildung an den Medizinischen Universitäten, entsprechende Unterstützung und Finanzierung komplementärmedizinischer Forschung, Etablierung eines breiten Angebots von Komplementärmedizin im gesamten Spitalsbereich, Förderung der aktiven Wissensvermittlung in diesem Bereich innerhalb der österreichischen Ärzteschaft sowie die Sicherstellung komplementärmedizinischer Ärztekammer-Diplome.

NEOS setzen sich für Aufhebung des Erlasses zur Handhabung von CBD ein

Seit Oktober 2018 gilt in Österreich ein Erlass des Gesundheitsministeriums, wonach CBD-Produkte, wie cannabinoidhaltige Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Öle), dem Wirkungsbereich der Novel-Food-Verordnung der EU zuzuordnen sind, erläutert NEOS-Mandatar Gerald Loacker (1202/A(E)) . Damit werde das Verbot des Inverkehrbringens der Produkte auf dem österreichischen Markt begründet, wobei auch CBD-haltige Kosmetika betroffen seien. Nicht berücksichtigt wurde damals aber, dass Cannbidiol (CBD) kein psychoaktiver Bestandteil der Cannabispflanze sei. Auch in aktuellen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs wurde eindeutig festgehalten, dass CBD nicht als psychotroper Stoff oder Suchtmittel klassifiziert werden könne. Selbst Pläne der EU-Kommission, eine Reklassifizierung von CBD als Suchtmittel vorzunehmen, wurden eingestellt. Der Erlass des Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 2018 sei und bleibe dementsprechend rechtswidrig und sollte aufgehoben werden, fordert Loacker. (Schluss) sue