Parlamentskorrespondenz Nr. 110 vom 03.02.2021

Lohntransparenz und Gewaltschutz zentrale Anliegen in EU-Gleichstellungspolitik

Frauenministerin Raab legt Bericht über EU-Jahresvorschau 2021 vor

Wien (PK) – Österreich begrüßt ein EU-weites Vorgehen zur Schließung des Gender-Pay-Gaps und einen Betritt der europäischen Union zur Istanbul-Konvention zur Stärkung von Gewaltprävention. Das geht aus dem Bericht zur EU-Jahresvorschau 2021 (III-228 d.B. und III-734-BR/2021 d.B.) hervor, den die Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab dem Parlament vorgelegt hat. Demnach wird die Kommission im 4. Quartal 2021 einen neuen Vorschlag für die Verhinderung und Bekämpfung bestimmter Formen geschlechtsspezifischer Gewalt vorlegen. Vorrangige Themen sind außerdem die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in den Führungsebenen von börsenotierten Gesellschaften und eine Anti-Diskriminierungsrichtlinie. Im Bereich der Integration ist die Umsetzung des Aktionsplans für Integration und Inklusion 2021-2027 ein zentrales Vorhaben. Im 18-Monatsprogramm des Rats der Europäischen Union unter dem Dreiervorsitz von Deutschland, Portugal und Slowenien werden unter anderem verbindliche Maßnahmen für Lohntransparenz als guter Schritt für die Gleichstellung der Geschlechter gesehen.

Gleichstellung in der Arbeitswelt

Die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt – auch im Lichte der Corona-Krise – wird Rat und Kommission im nächsten Jahr besonders beschäftigen. So sind etwa unter portugiesischem Ratsvorsitz im ersten Halbjahr Schlussfolgerungen zum Thema "Auswirkungen von COVID-19 auf Geschlechtergleichstellung" geplant. Ein Vorschlag der Kommission für verbindliche Maßnahmen für Lohntransparenz soll im Frühjahr behandelt werden. Österreich begrüße grundsätzlich ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene, um den Gender-Pay-Gap zu schließen, heißt es im Bericht. Für das zweite Halbjahr sollen unter slowenischem Ratsvorsitz Gleichstellungsperspektiven auf Arbeitsmärkten im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz und Digitalisierung diskutiert werden.

Der portugiesische Vorsitz will auch einen Richtlinienvorschlag für eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden DirektorInnen bzw. Aufsichtsratsmitgliedern börsenotierter Gesellschaften weiter behandeln, der seit 2015 blockiert ist. Aus österreichischer Sicht könne dieser Vorschlag mitgetragen werden, berichtet die Frauenministerin.

Kommission plant eigenen Vorschlag zur Verhinderung von geschlechtsspezifischer Gewalt

Auch der Gewaltschutz bleibt auf der Agenda von Kommission und Rat. Zum 10. Jahrestag der Istanbul-Konvention ist im April 2021 eine High-Level-Konferenz geplant. Weiterhin ausständig ist die Ratifizierung des "Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt", wie die Istanbul-Konvention in der Langform heißt, durch die EU. Die Verhandlungen über einen entsprechenden Kommissionsvorschlag sind derzeit unterbrochen, weil geprüft wird, ob das Erfordernis der Einstimmigkeit fallen kann. Die Kommission hat zudem angekündigt, einen eigenen Vorschlag für die Verhinderung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt vorzulegen.

Österreich würde einen Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention als aktiven Schritt zur Stärkung von Gewaltprävention begrüßen, heißt es im Bericht. Der neue Vorschlag der Kommission werde nach Vorlage geprüft. Man wolle sicherstellen, dass die hohen Standards der Istanbul-Konvention nicht unterlaufen werden.

Antidiskriminierungsrichtlinie für Österreich problematisch

Zur Gleichstellung von LGBTIQ-Personen hat die Kommission im November vergangenen Jahres eine Strategie vorgelegt. Die Umsetzung der Maßnahmen will die Kommission nun regelmäßig überwachen und 2023 einer Halbzeitüberprüfung unterziehen. Österreich werde den konkreten Vorhaben und Maßnahmen mit Interesse entgegensehen, wobei sie als Querschnittsmaterien mehreren Ressorts zufallen, so der Bericht.

Als problematisch wird jedoch der Vorschlag des Rates für eine Anti-Diskriminierungsrichtlinie gesehen. Damit soll der Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung über den Bereich der Beschäftigung hinaus erweitert werden, etwa im Sozialschutz, der Gesundheitsversorgung, der Bildung oder beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen. Die Vermeidung von Diskriminierung sei Österreich ein wichtiges Anliegen. Beim vorliegenden Richtlinienentwurf gebe es aber noch viele offene Fragen, unter anderem zu den Diskriminierungsgründen.

Aktionsplan für Integration wird befürwortet

Im Bereich Integration steht der Aktionsplan für Integration und Inklusion 2021-2027 auf der Agenda der Kommission. Der Leitgedanke, dass es für Integration Anstrengungen sowohl der betroffenen Person als auch der Aufnahmegemeinschaft braucht, diene seit Jahren als Grundsatz der österreichischen Integrationspolitik und werde somit befürwortet. Aus österreichischer Sicht sei es wesentlich, dass die Zuständigkeit für Integrationsagenden bei den Mitgliedstaaten bleibe, heißt es im Bericht. Österreich begrüße auch den Erfahrungsaustausch und die Koordination in Integrationsangelegenheiten auf EU-Ebene und wolle diesen weiterhin unterstützen. Es gelte zudem, der Integration weiterhin einen hohen Stellenwert bei europäischen Förderungen einzuräumen. Die Umsetzung der im Dezember 2020 vorgestellten EU-Agenda zur Terrorismusbekämpfung werde von Österreich unterstützt. Mit der Dokumentationsstelle für politischen Islam nehme das Land eine Vorreiterrolle in der Erforschung von Phänomenen und der Bündelung von Wissen ein, ist die Integrationsministerin laut Bericht überzeugt.

Im Bereich der Roma ist eine Gleichstellung und bessere Inklusion das erklärte Ziel. Der neue EU-Roma-Rahmen der Kommission bis 2030 baut auf dem bestehenden auf und wird ergänzt durch einen Fokus auf die Bekämpfung von Antiziganismus und Diskriminierung. Österreich begrüße die Fortsetzung der Bemühungen zur Gleichstellung der Roma und beteilige sich aktiv an einer Ratsempfehlung zu diesem Rahmen, so der Bericht. (Schluss) kar