Parlamentskorrespondenz Nr. 276 vom 11.03.2021

Neu im Außenpolitischen Ausschuss

Alexei Nawalny, Corona-Impfstoffe, Myanmar, Südtirol, OppositionspolitikerInnen

Wien (PK) – ÖVP und Grüne setzen sich in einer gemeinsamen Initiative für die Freilassung von Alexei Nawalny ein. Der SPÖ geht es in ihren Entschließungsanträgen um eine faire, weltweite Verteilung der Corona-Impfstoffe sowie um die aktuelle Lage in Myanmar nach dem Militär-Putsch. Die Freiheitlichen wiederum haben einige Forderungen in Zusammenhang mit Südtirol vorgelegt und erwarten sich mehr Engagement Österreichs für inhaftierte OppositionspolitikerInnen.

ÖVP und Grüne: Freilassung von Alexei Nawalny in Russland

Nach der Verurteilung des russischen Oppositionsaktivisten und Regimekritikers Alexei Nawalny zu dreieinhalb Jahren Haft fordern ÖVP und Grüne von Außenminister Alexander Schallenberg, auch weiterhin auf bilateraler Ebene, im Rahmen der Europäischen Union und im Rahmen anderer geeigneter internationaler Foren darauf zu bestehen, dass auch in Russland Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Grundfreiheiten respektiert werden. Zudem soll gemeinsam mit den EU-Partnern für eine verstärkte Unterstützung der Zivilgesellschaft eingetreten werden, wie Reinhold Lopatka (ÖVP) und Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) in ihrem gemeinsamen Entschließungsantrag geltend machen. Drängen soll die Bundesregierung zudem auf die unverzügliche Freilassung Nawalnys und festgenommener DemonstrantInnen, die bei Kundgebungen gegen seine Verurteilung  unter Anwendung brutaler Polizeigewalt festgenommen wurden. Auch sollten im Einklang mit Österreichs europäischen Partnern geeignete restriktive Maßnahmen gegen Einzelpersonen in Reaktion auf das Nawlany-Urteil verhängt werden (1297/A(E)).

COVID-19: SPÖ spricht sich für mehr internationale Impfsolidarität und Impfungen in Palästinensergebieten aus

Die SPÖ setzt sich in einem Entschließungsantrag für eine Stärkung der internationalen Impfsolidarität in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ein. Während sich Berichten zufolge reiche Länder 70 Prozent der Corona-Impfstoffe gesichert hätten, könnten ärmere Länder etwa des globalen Südens womöglich erst 2023 zu impfen beginnen. Erleichterung sollte eigentlich das WHO-Programm Covax bringen, wie Antragstellerin Petra Bayr einräumt. Für das Programm haben sich 97 Industrie- und Schwellenländer zusammengeschlossen, um gemeinsam zwei Milliarden Dosen Impfstoff einzukaufen und sie unabhängig von ihrer Kaufkraft gerecht zu verteilen, was einer Impfstoffversorgung von 20 Prozent der jeweiligen Bevölkerung bedeuten würde.

Die ausreichende Finanzierung von Covax müsse ebenso sichergestellt werden, wie eine globale Steigerung der Produktion der COVID-19-Impfstoffe, so Bayr. Die Bundesregierung soll sich aus Sicht der SPÖ demnach auf internationaler Ebene für ein koordiniertes Vorgehen engagieren und den österreichischen finanziellen Anteil am Covax-Programm der WHO erhöhen. Grundsätzlich soll sich Alexander Schallenberg in allen internationalen Gremien für einen weltweit fairen, transparenten und bezahlbaren Zugang zu COVID-19-Impfstoffen, -Medikamenten und -Diagnostik einsetzen (1283/A(E)).

In einem weiteren Entschließungsantrag thematisiert SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits den "Impf-Spitzenreiter" Israel, wo die Impfaktion laut Menschenrechtsorganisationen nur jene Menschen umfasst, die in den von Israel errichteten Siedlungen leben und daher die palästinensische Bevölkerung ausschließt. Außenminister Schallenberg wird von der SPÖ angehalten, die Appelle der Menschenrechtsorganisationen aufzugreifen und sich in bilateralen Gesprächen mit Israel für eine faire Verteilung von Impfstoffen an Palästinenserlnnen sowie adäquate Möglichkeiten zur Lagerung der Impfstoffe in den palästinensischen Gebieten auszusprechen (1290/A(E)).

Myanmar: SPÖ fordert Engagement Schallenbergs

Bilaterales, europäisches und internationales Engagement erwartet sich die SPÖ von Schallenberg auch nach dem Militär-Putsch in Myanmar. Der Außenminister soll sich dafür einsetzen, dass das gewaltsame und eskalierende Vorgehen des Militärs gegenüber den friedlichen Protesten gegen den Militärstreich sofort eingestellt wird, die gefangen genommenen PolitikerInnen und VertreterInnen der Zivilgesellschaft auf der Stelle und ohne jede Bedingung freigelassen, die Telekommunikationsmöglichkeiten nicht weiter unterbunden und die Meinungsfreiheit für alle BewohnerIinnen Myanmars sowie die Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte wiederhergestellt werden.

Außerdem sollte das Wahlergebnis vom November 2020 anerkannt und die Konstituierung des Parlaments auf Basis dieser Wahlen sofort gewährleistet werden, damit in weiterer Folge eine demokratisch legitimierte Regierung gebildet werden könne. Antragstellerin Petra Bayr spricht sich zudem für eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle rund um den Militärstreich sowie eine Untersuchung zu den genozidalen Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Rohingya durch eine international legitimierte Stelle aus (1284/A(E)).

Südtirol: Freiheitliche für Klarstellung des Selbstbestimmungsrechts

Auf eine Klarstellung vonseiten der Bundesregierung in Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsrecht Südtirols drängen die Freiheitlichen in einem Entschließungsantrag. Die von der Regierung oftmals gewählte Formulierung, wonach "die Südtirol-Autonomie völkerrechtlich auch auf dem Selbstbestimmungsrecht beruht, das als fortbestehendes Recht von Südtirol in Form weitgehender Autonomie ausgeübt wird", sei bestenfalls unklar und zweideutig, schlimmstenfalls aber eine Absage an die völkerrechtlichen Prinzipien und den Willen der SüdtirolerInnen, monieren die Antragsteller Peter Wurm und Gerald Hauser.

Ins Treffen führen die beiden Abgeordneten etwa ein Rechtsgutachten über die Geltung des Selbstbestimmungsrechts für die deutsche und ladinische Volksgruppe, das beispielsweise klarstelle, dass Österreichs politische und völkerrechtliche Verantwortung als Schutzmacht für die deutsche und ladinische Volksgruppe in den Dienst des Selbstbestimmungsrechts gestellt werden müsse, wenn der politische Wille der SüdtirolerInnen dies nachdrücklich verlange. Auch weisen Wurm und Hauser auf einen Beschluss des Südtiroler Landtags aus dem Jahr 2014 hin, in dem unterstrichen werde, dass Südtirol gegen den Willen der Bevölkerung vom "Vaterland Österreich" abgetrennt worden sei und die unfreiwillige Angliederung Südtirols an Italien als Unrecht bezeichnet werde. Zudem habe sich der Südtiroler Landtag darin zu den UN-Menschenrechtspakten bekannt und das in Artikel 1 verankerte Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für Südtirol bekräftigt.

Außenminister Schallenberg wird demnach von den Freiheitlichen aufgefordert, in Hinkunft die österreichische Außenpolitik in Abstimmung mit den durch Beschluss des Südtiroler Landtages vom Oktober 2014 formulierten Grundprinzipien des Selbstbestimmungsrechts im Sinne des Art. 1 des UN-Zivilrechtspakts auszurichten. Zudem sollten in Hinkunft alle Doppeldeutigkeiten und Missverständnisse vermieden werden. Klar festgehalten werden sollte jedenfalls, dass das Selbstbestimmungsrecht der SüdtirolerInnen bis heute nicht - auch nicht durch die bestehende Autonomie - verwirklicht sei (1352/A(E)).

… für eine Neubehandlung der Ortsnamen-Frage

Ein weiterer Entschließungsantrag der FPÖ zielt auf die Ortsamen-Frage in Südtirol ab. Nachdem das Toponomastik-Landesgesetz nach einer Anfechtung Italiens vor dem Verfassungsgerichtshof von Südtirol wieder zurückgezogen wurde, habe es seither keinen weiteren Anlauf zur Lösung dieser Frage gegeben. Außenminister Schallenberg soll deswegen aus Sicht von Wurm und Hauser mit dem Südtiroler Landtag in Verbindung treten und Österreichs Unterstützung für eine Neubehandlung des Toponomastik-Landesgesetzes im Südtiroler Landtag zusichern. Auch mit Italien soll Schallenberg verhandeln, um eine Neubehandlung des Landesgesetzes ohne Einspruch des italienischen Verfassungsgerichtes zu ermöglichen (1359/A(E)).

… und für eine Amnestie für die "letzten Südtiroler Freiheitskämpfer"

Auf Verhandlungen mit Italien drängen Wurm und Hauser ferner in Zusammenhang mit Amnestien für "die letzten Südtiroler Freiheitskämpfer". In Gesprächen mit der italienischen Staatsregierung und dem italienischen Staatspräsidenten sowie dem Südtiroler Landtag soll von Seiten Österreichs eine Amnestie der "Südtiroler Freiheitskämpfer" erwirkt werden. Dabei geht es etwa um noch bestehende Einreiseverbote nach Italien. Es sei dringend an der Zeit, nach rund 60 Jahren einen abschließenden Akt der Menschlichkeit zu setzen und den verbliebenen "Freiheitskämpfern" an ihrem Lebensabend die Rückkehr in ihre Heimat zu gewähren (1360/A(E)), so die Freiheitlichen.

FPÖ fordert mehr Einsatz zur Freilassung von OppositionspolitikerInnen

Ein umfassender Einsatz Österreichs zur Freilassung oppositioneller PolitikerInnen weltweit ist der FPÖ ein weiteres Anliegen. Derzeit würden in mindestens 29 Ländern OppositionspolitikerInnen von der Justiz aus politischen Überlegungen der jeweiligen Machthaber verfolgt oder seien bereits inhaftiert, ohne dass die Staatengemeinschaft aktiv werde, wird im Antrag bemängelt. Außenminister Schallenberg wird von den beiden FPÖ-Antragstellern Martin Graf und Axel Kassegger ersucht, in Abstimmung mit den zuständigen Gremien der EU und den europäischen Partnern sowie den Vereinten Nationen zu einer Verbesserung der humanitären Lage von inhaftierten OppositionspolitikerInnen beizutragen. Im Konkreten soll sich Schallenberg aber nachdrücklich für eine Freilassung der kürzlich durch den Militärputsch in Myanmar inhaftierten Nobelpreisträgerin Aung Saan Suu Kyi sowie der inhaftierten Oppositionsführer in Georgien und Paraguay Nika Melia und Efrain Alegre einsetzen. Graf und Kassegger sprechen sich zudem für ein Engagement Österreichs aus, um die Rückkehr Paraguays, Georgiens und Myanmars zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu unterstützen (1363/A(E)). (Schluss) keg