Parlamentskorrespondenz Nr. 546 vom 10.05.2021

Nationales Reformprogramm: Corona-Krise hat Schwachstellen offengelegt

Digitalisierung als Schlüsselfaktor für Wirtschaft und Gesellschaft

Wien (PK) – Das Nationale Reformprogramm 2021 der Bundesregierung (III-312 d.B.), das dem Parlament vorliegt, nimmt auf die länderspezifischen Empfehlungen 2019 und 2020 Bezug, adressiert aber auch die sechs Säulen der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität, die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (SDGs) und andere relevante Bezugsdokumente. Das Nationale Reformprogramm 2021 fokussiert neben den aktuellen Reform- und Investitionsprojekten auch auf die Reform- und Investitionsvorhaben der kommenden 18 bis 24 Monate. Darüber hinaus werden auf Ebene der Länder und Gemeinden Projekte vorgestellt, die zur Umsetzung der Reformagenda beitragen.

Klimawandel: Investitionen in ökologischen und digitalen Wandel

Die Europäische Kommission empfiehlt Österreich in diesem Bereich, die investitionsbezogene Wirtschaftspolitik auf Forschung und Entwicklung, Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit auszurichten. Es soll verstärkt in den ökologischen und digitalen Wandel investiert werden, insbesondere in die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung, sowie in Innovation, nachhaltigen Verkehr sowie saubere und effiziente Energieerzeugung und -nutzung. Im Bereich der Steuern sollen diese so gestaltet werden, dass diese ein nachhaltiges Wachstum bewirken.

Mit dem Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) und der Klima- und Energiestrategie #mission 2030 bekennt sich Österreich zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung im aktuellen Regierungsprogramm das Ziel gesetzt, in Österreich bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen.

Digitaler Wandel, Produktivität, KMU, öffentliche Verwaltung und Justiz: Förderung der Unternehmensdigitalisierung

Der digitale Wandel ist von entscheidender Bedeutung für die Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Resilienz der EU und der Mitgliedstaaten, heißt es vonseiten der EU. Aus diesem Grund empfiehlt die Europäische Kommission im Bereich des Digitalen Wandels, Produktivität, KMU, öffentliche Verwaltung und Justiz die Förderung der Unternehmensdigitalisierung zu steigern. Außerdem sollten regulierungsbedingte Hürden im Dienstleistungssektor abgebaut werden. Österreich sollte die Chancengleichheit im Bildungswesen fördern und vermehrtes digitales Lernen sicherstellen. Weiters sollten wirksame Liquiditäts- und Unterstützungsmaßnahmen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, umgesetzt werden. Dazu sollten auch öffentliche Investitionsprojekte vorgezogen und private Investitionen gefördert werden. Die Belastung durch Bürokratie und Regulierung sollte ebenfalls verringert werden.

KMU sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Um die Stärken der österreichischen KMU-Landschaft weiter auszubauen und vor allem den drohenden Herausforderungen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht, wie es im Nationalen Reformprogramm heißt. So soll die Innovationsrate der KMU gestärkt werden, das Breitbandnetz ausgebaut werden und generell die digitale Transformation von Wirtschaft, Gesellschaft und öffentlicher Verwaltung vorangetrieben werden. Die Auswirkungen der Covid-Krise auf die besonders stark betroffene Tourismus- und Freizeitwirtschaft soll durch ein eigenes Maßnahmenpaket angegangen werden.

Arbeitsmarkt: Besteuerung von Arbeit verändern

Im Bereich des Arbeitsmarkts empfiehlt die Kommission die Besteuerung von Arbeit zu verändern, da diese einem nachhaltigen Wachstum abträglich seien. Außerdem sollte die Vollzeitbeschäftigung von Frauen durch verbesserte Kinderbetreuungsangebote gefördert werden. Geringqualifizierte und benachteiligte Gruppen sollten ebenso fokussiert werden.

Mit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 stieg die Arbeitslosigkeit auf das höchste Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg, informiert die Bundesregierung im Reformprogramm. Im Jahresdurchschnitt 2020 betrug der Beschäftigungsrückgang der aktiv unselbständig Beschäftigten –2,0%. Um so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten, wurden von der Bundesregierung gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Vielzahl an Maßnahmen wie Kurzarbeit und Joboffensive gesetzt, um die Folgen für ArbeitnehmerInnen abzufedern, heißt es weiter.

Bildung, Wissenschaft und Forschung: Digitales Lernen sicherstellen

Im Bereich "Bildung, Wissenschaft und Forschung" empfiehlt die Europäische Kommission ebenfalls einen Fokus auf Grundkompetenzen benachteiligter Gruppen, darunter Menschen mit Migrationshintergrund. Außerdem müsse die Chancengleichheit im Bildungswesen und im vermehrten digitalen Lernen sichergestellt werden. Es sollte verstärkt in den ökologischen und digitalen Wandel investiert werden, insbesondere in die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung, sowie in Innovation.

Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Konsequenzen des ortsungebundenen Unterrichts haben SchülerInnen, PädagogInnen sowie Eltern in Österreich vor enorme Herausforderungen gestellt. Im Bildungsbereich seien deshalb Maßnahmen gesetzt worden, um die Qualität des Lehrens und des Lernens aufrechtzuerhalten. Die Covid-Pandemie habe zudem offengelegt, dass Österreich im Bereich digitale Bildung vor Herausforderungen, wie dem Ausbau der Infrastruktur und der Entwicklung von Unterrichtsmaterialien, steht. Für benachteiligte und bildungsferne Personen erschien die Anpassung an das Distance-Learning laut Reformprogramm als eine der größten Herausforderungen. Rund 10% aller SchülerInnen unter 15 Jahren hatte keinen Zugang zu einer virtuellen Lernumgebung.

Ähnlich wie im Bildungsbereich habe die Krise im Bereich der Wissenschaft die Herausforderungen rund um den digitalen Wandel verschärft. Mit der Strategie für Forschung, Technologie und Innovation 2030 verfolgt Österreich das Ziel, im Forschungsbereich von der Gruppe der starken Innovatoren in die Gruppe der Innovationsführer aufzusteigen. Ebenso sind der Ausbau von MINT-Studienplätzen, die Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit und Diversität sowie die Digitale Transformation der Hochschulbildung wichtige Schwerpunkte im Programm der Regierung in diesem Bereich.

Soziales, Gesundheit, Pflege und Pensionen: Anpassung Pensionsantrittsalter

Im Bereich "Soziales, Gesundheit, Pflege und Pensionen" empfiehlt die Europäische Kommission, die Tragfähigkeit des Gesundheits-, Pflege- und des Pensionssystems durch die Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters zu gewährleisten. Ebenso wird hier die Förderung der Vollzeitbeschäftigung von Frauen, unter anderem durch verbesserte Kinderbetreuungsangebote, angeraten.

Die sozialen Sicherungssysteme in Österreich hätten in vielen Fällen die Einkommensverluste der ArbeitnehmerInnen eindämmen können, so dazu die Bundesregierung. Mittel waren hier Kurzarbeitsgeld, Steuer- bzw. Abgabenerleichterungen, Sonder-Familienleistungen, Zusatzleistungen für arbeitslose Menschen oder die Erhöhung der Notstandshilfe. Die Pandemie habe aber auch bereits bestehende sozioökonomische Bruchlinien stärker sichtbar gemacht. Die Erwerbstätigkeit von Frauen, insbesondere aber das hohe Ausmaß von Teilzeitbeschäftigung, wird von der Europäischen Kommission regelmäßig in den länderspezifischen Empfehlungen thematisiert. Dies führt für Frauen zu niedrigeren Erwerbseinkommen und Pensionsansprüchen. Der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots ist dabei ein Schlüsselfaktor für Gleichstellung, eine Investition in die Zukunft der Kinder und bessere Chancengerechtigkeit, wie im Nationalen Reformprogramm dargelegt wird.

Das COVID-19-Virus habe das österreichische Gesundheitssystem vor eine noch nie dagewesene Belastungsprobe gestellt. Durch den Ausbau der ambulanten Versorgung mit Schwerpunkt auf Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention, der Zusammenführung von regionalen Mitteln und dem Ausbau des Angebots im Bereich Psychotherapie sei das Ziel verfolgt worden, das System widerstandsfähiger und effizienter zu machen.

Über das Nationale Reformprogramm

Das Nationale Reformprogramm ist Teil des "Europäischen Semesters". Bei diesem stehen die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission in einem regelmäßigen Austausch über die wirtschaftliche Situation des jeweiligen Landes sowie wirtschaftspolitische Reformvorhaben und deren Umsetzung. Im Nationalen Reformprogramm legen die Mitgliedstaaten einmal jährlich im April dar, welche Maßnahmen in den letzten Monaten zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen getroffen wurden und welche weiteren Umsetzungsschritte in den kommenden 12 bis 18 Monaten geplant sind. Die Europäische Kommission prüft diese Berichte und veröffentlicht im Mai für jeden Mitgliedstaat aktualisierte länderspezifische Empfehlungen. (Schluss) pst