Parlamentskorrespondenz Nr. 633 vom 27.05.2021

Grüner Pass findet auch im Bundesrat breite Mehrheit

Verlängerung der Arbeitszeitregelung für ÄrztInnen wird von Länderkammer für acht Wochen blockiert

Wien (PK) – Mit Mehrheit passierten die Änderungen des Epidemiegesetzes und des COVID-19-Maßnahmengesetzes, welche die gesetzliche Grundlage des "Grünen Passes" bilden, heute den Bundesrat. Der Nachweis, dass eines der "Drei G" Geimpft-Getestet-Genesen gegeben ist, kann damit künftig über QR-Code erfolgen. Dabei gelten auch Ausdrucke des Strichcodes, welche BürgerInnen gratis anfordern können.

Außerdem bestätigte der Bundesrat mit Stimmeneinhelligkeit Änderungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und anderen Gesetzen. Damit wird festgelegt, dass der Bund bzw. die Österreichische Gesundheitskassa Kosten für Serviceleistungen im Gesundheitsbereich in Zusammenhang mit der Impfstoffverteilung oder des Ausdrucks von Impfnachweisen übernehmen.

Aufgrund von Stimmengleichstand kam im Bundesrat kein Beschluss über die Verlängerung der Übergangsregelung für die Arbeitszeit von ÄrztInnen und Gesundheitspersonal in Spitälern bis Juni 2025 bzw. bis Juni 2028 zustande. Die geplante Fortführung der derzeitigen Übergangsregelung, die bis Ende Juni 2021 gilt, kann dadurch erst in acht Wochen in Kraft treten.

Breite Zustimmung zu "Grünem Pass" als Nachweis

Die Novelle zum Epidemie- und COVID-19-Maßnahmengesetz konkretisiert unter anderem die schon im Rahmen der letzten Novelle festgelegten rechtlichen Voraussetzungen für den digitalen Einsatz der Nachweise für Geimpfte, Genesene und Getestete. Alle drei Zertifikate, die mit einem individuellen QR-Code versehen werden, werden sowohl in digitaler als auch in ausgedruckter Form als Eintrittstests für Gastronomie, Beherbergungsbetriebe, Theater etc. anerkannt. Die Regelungen stehen in engem Zusammenhang mit dem auf EU-Ebene geplanten "digitalen COVID-19-Zertifikat", auf das sich das Europäische Parlament und der Rat erst vor Kurzem geeinigt haben.

Ausstellung und Bereitstellung der Zertifikate auf nationaler Ebene erfolgt über ein elektronisches Service (EPI-Service), das EU-kompatibel sein soll. Geregelt ist nun auch, welche Daten in den einzelnen Nachweisen enthalten sein müssen. Die Gültigkeitsdauer der Test-, Genesungs- und Impfzertifikate wird per Verordnung festgelegt, um rascher reagieren zu können. Die BürgerInnen können auf ihre Nachweise entweder über das ELGA-Portal zugreifen oder sich kostenlos Zertifikate bei Gemeinden, Bezirksverwaltungsbehörden, ÄrztInnen, Apotheken, Impfstellen oder der ELGA-Ombudsstelle ausdrucken lassen.

Festgeschrieben ist nun auch ein Übermittlungs- und Verarbeitungsgebot für die Daten im Sinne des Datenschutzes. Möglich bleibt dabei die Zusammenführung verschiedener Gesundheitsdaten, um dem Gesundheitsressort die epidemiologische Überwachung und ein Monitoring der Wirksamkeit von Maßnahmen zu ermöglichen. Zudem können zu Forschungszwecken aufbereitete Daten ins Statistik-Register übertragen werden.

Mit einer Novellierung des ASVG und weiterer Sozialversicherungsgesetze, die den Bundesrat einhellig passierte, erhalten öffentliche Apotheken im Zusammenhang mit der Distribution des Corona-Impfstoffes an ÄrztInnen, auch rückwirkend, einen Kostenersatz von 5 € pro Phiole (Impffläschchen). Nicht umfasst ist die direkte Belieferung der Praxen. Geregelt wird auch, dass bei niedergelassenen ÄrztInnen, in Gruppenpraxen, selbstständigen Ambulatorien und Apotheken ein Auszug aus dem Elektronischen Impfpass bzw. ein Impfzertifikat ausgedruckt werden kann. Die Österreichische Gesundheitskasse zahlt dafür ein Honorar in der Höhe von 3 €.

Die Kritik der Freiheitlichen am Prinzip des "Grünen Passes" bekräftigte der steirische FPÖ-Bundesrat Markus Leinfellner. Die "neue Normalität", welche die Bundesregierung herstellen wolle, bedeute Überwachungsstaat, Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte und Spaltung der Gesellschaft, sagte der Bundesrat. Die Freiheitlichen würden dagegen Widerstand leisten, dass gesunden ÖsterreicherInnen völlig überzogene Maßnahmen auferlegt werden, sagte Leinfellner. Besonders scharf wandte er sich dagegen, dass auch Kinder geimpft werden sollen. Er forderte in einem Entschließungsantrag ein Diskriminierungsverbot für alle Personen, die den "Grünen Pass" nicht in Anspruch nehmen, sowie vollen Zugang für Ungeimpfte, Ungetestete, Genesene und Gesunde zu Dienstleistungen. Der Antrag blieb in der Minderheit. Michael Schilchegger (FPÖ/O) argumentierte, es gebe faktisch keine Korrelation der Maßnahmen der Bundesregierung mit dem Rückgang der Infektionszahlen. Die Koalition habe eine verfehlte Corona-Politik zu verantworten und halte an willkürlichen Diskriminierungen fest, wie etwa von MarktfahrerInnen. Auch der Tiroler Freiheitliche Bundesrat Christoph Steiner sah es als unverständlich, dass Impfstoffe zur Anwendung kommen, die auf Gentechnik beruhen. Der Impfpass sei keine Rückkehr zur Freiheit, sondern ein weiterer Schritt in eine totalitäre "Gesundheitsdiktatur". Die Mehrheit der BürgerInnen habe kein Verständnis dafür, das gesunde Menschen diskriminiert werden sollen.

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) hielt der Argumentation der FPÖ entgegen, dass Personen im Rahmen der Epidemiebekämpfung dann als "gesund" angesehen werden, wenn voraussichtlich ein geringes Übertragungs- und Ansteckungsrisiko besteht. Davon sei auszugehen, wenn eine Person geimpft, getestet oder genesen ist. Die Bundesregierung unternehme alles, damit das Risiko von COVID-19 minimiert werden kann. Der Impfnachweise bestätige, dass eine Person als gesund betrachtet werden könne, und erlaube damit wieder Bewegungsfreiheit. In der Phase Zwei des "Grünen Passes" werde ein Zertifikat geschaffen, das einen anonymen Nachweis des Status erlaube, als die bisherigen analogen Nachweise, und sei ein Schritt Richtung Normalität, argumentierte sie.

Heike Eder (ÖVP/V) sah die Bewältigung der Pandemie "auf den letzten Metern vor dem Ziel". Die FPÖ verhalte sich hier völlig unsportlich, meinte sie. Der "Grüne Pass" werde bereits in diesem Sommer wieder ein großes Maß an Freiheit erlauben. Wichtige Eckpfeiler des "Grünen Passes" seien, dass es EU-konform sei und EU-weite Reisen erlaube. Der Zugang zu Zertifikaten werde niederschwellig gestaltet und könne elektronisch erfolgen. Positiv sei auch, dass erbrachte Leistungen in diesem Zusammenhang abgegolten werden. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St) meinte, die derzeitigen Inzidenz-Zahlen würden eine weitere Öffnung und Normalisierung erlauben. Diese erfreuliche Entwicklung verdanke sich einer gemeinsamen Anstrengung. Die Impfkampagne laufe sehr gut und die Impfbereitschaft der ÖsterreicherInnen sei glücklicherweise weiterhin hoch. Bei Tests und Impfungen habe man viele niederschwellige Angebote geschaffen, dasselbe gelte nun für den "Grünen Pass".

Ingo Appé (SPÖ/K) betonte, die Sozialdemokratie verfolge einen kritischen, aber konstruktiven Oppositionskurs. Ihrem Druck sei es zu verdanken, dass die notwendige Begutachtung erfolgte und datenschutzrechtlich bedenkliche Passagen aus dem Gesetz gestrichen wurde. Nun erfolge keine Datenverknüpfung und es werden keine Bewegungsprofile möglich sein. BürgerInnen können nachverfolgen, wenn auf ihre sensiblen Gesundheitsdaten zugegriffen wird. Die Sozialdemokratie habe auch die EU-Kompatibilität und weitere Serviceleistungen erreicht. Nun müsse die Bundesregierung jedoch bis 4. Juni liefern, betonte Appé. Die Kritik der FPÖ an einem "Testzwang" könne er nicht nachvollziehen. Derzeit müsse man noch darauf achten, dass es zu keiner unkontrollierten Ausbreitung des Virus kommen könne, die besonders kleine Betriebe gefährden würde. Er forderte in einem Entschließungsantrag eine Ausweitung des Corona-Bonus auf alle Menschen, die im Bereich der Daseinsvorsorge zur Bewältigung der Krise beigetragen haben. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Andrea Kahofer (SPÖ/N) hielt der FPÖ entgegen, ihre Argumentation ignoriere, dass es viele Virenerkrankungen gebe, bei denen Menschen sich noch gesund fühlen, während sie bereits infektiös sind. Das gelte etwa beim HIV-Virus, das zuletzt in den Hintergrund getreten sei. Auch hier müsse weitere Aufklärung erfolgen und die Forschung an einem Impfstoff fortgesetzt werden. Im Übrigen hoffe sie, dass die Koalition endlich einsehe, dass Gesetze nicht durchgepeitscht werden dürfen, wenn die Bevölkerung weiter Vertrauen in die Gesetzgebung behalten soll. Das erfordere einen ordentlichen Gesetzgebungsprozess.

Derzeit sei es nicht angebracht, von einem "Grünen Pass" zu sprechen, da die Voraussetzungen noch nicht gegeben seien, sagte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Bisher werde nur die Nachweisform in der EU harmonisiert, nicht aber die Art der Nachweise. Das Niveau der benötigten Nachweise werde von den EU-Mitgliedsstaaten jedoch immer noch sehr unterschiedlich festgelegt. Solange es noch eine beträchtliche epidemiologische Gefahr gebe, seien Eintrittstests sinnvoll, die Dringlichkeit des Beschlusses sehe er jedoch nicht. Immerhin sei es in der Begutachtung aber gelungen, wichtige Datenschutzfragen zu lösen.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein erwartet sich, dass bis Ende Juni in Österreich die Marke von 40% Vollimmunisierten durch Impfung erreicht wird. Rechne man die Teilgeimpften und die Genesenen ein und betrachte die Inzidenzzahlen, ergebe sich eine gute Prognose dafür, dass trotz Öffnung die Pandemie weiterhin im Griff behalten werden könne. Das sei ein Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen, vor allem bei Tests und Impfungen. Der "Grüne Pass" erlaube bei Vorliegen eines der "3G" körpernahe Dienstleistungen, Kino- und Restaurantbesuche und Reisen. Die Möglichkeit eines digitalen Zertifikats mit QR-Code werde die Abwicklung wesentlich erleichtern. Anfang Juli werde es dann eine Erleichterung des Reisens innerhalb der EU geben. Die Anwendung sei benutzerfreundlich und datenschutzkonform, wobei es auch eine Regelung für alle gebe, die keine digitale Anwendung wollen, um so möglichst alle Menschen mitzunehmen.

Kein Beschluss zu Übergangsregelung für Arbeitszeiten von SpitalsärztInnen

Kein Beschluss kam im Bundesrat über die Verlängerung der Übergangsregelung für die Arbeitszeit von ÄrztInnen und Gesundheitspersonal in Spitälern zustande, da sich Stimmengleichstand von 30 Pro- und 30-Contrastimmen ergab. Damit ist das Inkrafttreten des Gesetzes für acht Wochen blockiert.

Bereits 2014 wurde die maximale Wochenarbeitszeit dieser Personengruppe auf Druck der EU verkürzt. Österreich beschloss eine Übergangsregelung bis Juni 2021, die nun bis 2028 verlängert wurde. Sofern es eine entsprechende Betriebsvereinbarung gibt und die Betroffenen ausdrücklich zustimmen, kann auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden überschritten werden. Erlaubt ist bis Ende Juni 2025 ein Wochenschnitt von bis zu 55 Stunden, wenn darunter auch Bereitschaftsdienste vor Ort fallen. Für weitere drei Jahre, also bis Ende Juni 2028, wird dann eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 52 Stunden erlaubt, wobei weiterhin eine Zustimmung der Betroffenen Voraussetzung ist.

Seitens der Koalitionsfraktionen sahen die steirischen Bundesräte Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St) und Andreas Lackner (Grüne/St) die Regelung als notwendigen Kompromiss, um die Versorgung in den Spitälern zu gewährleisten. Die BundesrätInnen der Opposition Korinna Schumann (SPÖ/W), Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) sahen hingegen Versäumnisse der Bundesregierung, der sie vorwarfen, nicht entsprechend auf die hohe Belastung und Personalmangel im Gesundheits- und Pflegebereich zu reagieren und EU-Vorgaben verspätet umzusetzen. Bundesrätin Schumann forderte ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Angestellten im Spitals- und Pflegebereich ein, um dem bereits merklichen Personalmangel entgegenzuwirken. Ihr Entschließungsantrag fand jedoch keine Mehrheit. (Fortsetzung Bundesrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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