Parlamentskorrespondenz Nr. 742 vom 17.06.2021

Nationalrat bringt Schulpaket auf den Weg

Allparteienantrag für Lehrplan zur Österreichischen Gebärdensprache

Wien (PK) – Eine Regierungsvorlage mit einer Novelle zur Überführung von Schulversuchen ins Regelsystem, der Weiterentwicklung von abschließenden Prüfungen und der Modernisierung von Lehrplänen wurde heute vom Nationalrat mehrheitlich beschlossen. Zudem wird für das Wintersemester 2021/22 die Möglichkeit geschaffen, dass Universitäten, Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen, Nachweise im Sinne der "3-G-Regel" festlegen können. Die Abgeordneten der Opposition betrachteten die Generalermächtigung zur coronabedingten Schließung von Schulen für den Bildungsminister kritisch, während die ÖVP betonte, dass man gute Erfahrungen für das neue Schuljahr gesammelt habe.

Mit einem fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag, der heute einhellige Zustimmung fand, setzten sich alle fünf Fraktionen für einen kompetenzorientierten Lehrplan zur Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) ein. Der Bildungsminister soll demnach einen kompetenzorientierten, bedarfsgerechten und differenzierten Lehrplan zu ÖGS unter Einbindung von ExpertInnen bis zum Schuljahr 2023/2024 verordnen. Eine SPÖ-Initiative, die einen Lehrplan ÖGS bis Juni 2021 einfordert, fand keine Mehrheit.

Ebenfalls mehrheitlich abgelehnt wurden vier FPÖ-Anträge, die sich für freiwillige Corona-Tests in Schulen, ohne Sanktionen und Drohungen, sowie für eine Klassenteilung in den Kernfächern aussprechen. Zudem forderten die Freiheitlichen ein einheitliches Gesetz für alle PädagogInnen im Bildungsbereich.

Schulpaket mit Novelle mehrerer Gesetze aus dem Schulwesen

Eine Regierungsvorlage, die mehrerer Gesetze im Schulwesen novelliert, wurde heute durch getrennte Abstimmung im Plenum mit unterschiedlichen Mehrheiten angenommen. So werden unter anderem einige Schulversuche in das Regelschulwesen überführt, abschließende Prüfungen weiterentwickelt und Lehrplanbestimmungen modernisiert. Außerdem werden Bestimmungen für zweisprachige Schulen in Kärnten verändert und einzelne COVID-19-Regelungen verlängert. Bei abschließenden mündlichen Prüfungen soll in Zukunft auch die Leistungsbeurteilung der letzten Schulstufe in die Beurteilung eingerechnet werden können. Vor dem Hintergrund der heutigen globalisierten und digitalisierten Wissensgesellschaft sowie aktuellen didaktischen Entwicklungen soll zudem in den Lehrplänen künftig konkret angegeben werden, an welchen Kompetenzen im Unterricht zu arbeiten ist.

Ein weiterer, von ÖVP, Grünen und den NEOS im Unterrichtsausschuss eingebrachter und mehrheitlich angenommener Antrag regelt COVID-19-Maßnahmemöglichkeiten für Universitäten, Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen für das kommende Wintersemester. Diese können damit Nachweise über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr im Sinne der "3-G-Regel: geimpft, getestet, genesen" als Voraussetzung für die Teilnahme an Lehrveranstaltungen oder Aufnahmeverfahren definieren.

Petra Vorderwinkler (SPÖ) kritisierte die Generalermächtigung zur coronabedingten Schließung von Schulen für den Bildungsminister. Anstatt über Schließungen nachzudenken, müsse es das Ziel sein, die Schulen in Präsenzunterricht zu belassen. Martina Künsberg Sarre (NEOS) hielt die Verlängerung der COVID-19-Bestimmungen ebenfalls für überzogen. Die Überführung der Schulversuche in das Regelschulwesen bewertete die NEOS-Mandatarin hingegen als positiv. "Sorgen Sie dafür, dass unsere SchülerInnen im Herbst ordentlich zur Schule gehen können", forderte auch Hermann Brückl seitens der FPÖ. Anstatt des "Testwahnsinns" solle vielmehr in Raumluftreiniger oder Trennwände in den Schulen investiert werden. Die FPÖ habe viele Initiativen für einen sicheren Schulbetrieb gesetzt, die jedoch von den Regierungsparteien nicht beachtet worden seien.

Trotz der schwierigen und herausfordernden Rahmenbedingungen habe man das zu Ende gehende Schuljahr gut gemeistert, betonten die ÖVP Abgeordneten Rudolf Taschner und Gertraud Salzmann. "Besser gut gemacht, als gut gedacht" entgegnete Taschner der Kritik der Oppositionsparteien. Salzmann betonte, dass man gute Erfahrungen für ein sicheres Schuljahr ab dem kommenden Herbst gesammelt habe. Die regelmäßigen Tests in den Schulen seien im internationalen Vergleich ein "Erfolgsmodell". Das vorliegende Schulpaket trage dazu bei, die Schule an die Gegenwart und die Bedürfnisse der Zukunft anzupassen, hielt Sibylle Hamann (Grüne) fest. Auch sie zeigte sich über die Übernahme von Schulversuchen in das Regelschulwesen erfreut.

Die Einführung der "3G-Regel" für die Hochschulen sei "dringend notwendig", damit die Universitäten wieder in den Regelbetrieb übergehen könnten, betonten Eva Blimlinger (Grüne) und Nico Marchetti (ÖVP).

Er habe immer für offene Schulen gekämpft, Schulschließungen seien die "Ultima Ratio", so Bildungsminister Heinz Faßmann. Mit seiner im Schulpaket verankerten "Carte blanche" zu Schulschließungen werde er verantwortungsvoll umgehen, versicherte der Ressortchef. Faßmann erneuerte sein Angebot zu einem Runden Tisch mit den BildungsprecherInnen aller Fraktionen, um über die möglichen Szenarien des Schulbetriebs im Herbst zu beraten.

Einstimmige Entschließung für Lehrplan zur Österreichischen Gebärdensprache

Mit einem Entschließungsantrag, der im Plenum einhellige Zustimmung fand, setzen sich alle fünf Fraktionen für einen kompetenzorientierten Lehrplan zur Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) ein. Der Bildungsminister soll demnach einen kompetenzorientierten, bedarfsgerechten und differenzierten Lehrplan zu ÖGS unter Einbindung von ExpertInnen bis zum Schuljahr 2023/2024 verordnen.

Seit die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) 2005 als eigenständige Sprache anerkannt worden sei, gebe es Forderungen nach einem entsprechenden Lehrplan, so der gemeinsame Entschließungsantrag zu diesem Thema. 2016 habe das Bildungsministerium einen solchen Lehrplan beauftragt, der nun vorliege. Die Fraktionen sehen darin aber Mängel, etwa weil er sich ausschließlich an gehörlose SchülerInnen richte und Personen mit Hörbeeinträchtigung nicht berücksichtige, nicht nach dem Hörstatus differenziere und nicht kompetenzorientiert sei.

Mit dem einstimmigen Beschluss miterledigt wurde ein Antrag der NEOS, die unter anderem die fertiggestellten ÖGS-Lehrpläne umgesetzt wissen wollen. Eine Initiative der SPÖ, die ebenfalls einen Lehrplan ÖGS bis Juni 2021 einforderte, fand hingegen keine Mehrheit.

Katharina Kucharowits(SPÖ) begrüßte zwar, dass es zu einem gemeinsamen Antrag gekommen ist. Es brauche aber weitere Maßnahmen für eine attraktive Ausbildung für PädagogInnen und DolmetscherInnen. Kucharowirts sprach sich dafür aus, bereits im Kindergarten mit ersten pädagogischen Maßnahmen zu beginnen. Es sei erfreulich, dass hörbehinderte Kinder künftig eine qualitativ hochwertige Ausbildung bekommen würden, unterstrich Kira Grünberg (ÖVP). Dadurch würde es für diese Menschen zu besseren Chancen am Arbeitsmarkt kommen. Christian Ragger (FPÖ) sprach sich für ein Wegkommen von oralen Inhalten in den Lehrplänen aus, zudem brauche es eine Verkleinerung der Klassengrößen. Man setze nun den ersten von vielen weiteren Schritten zu mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung, hielt Heike Grebien (Grüne) fest. In Zukunft sollten auch Prüfungen oder die Matura in Gebärdensprache möglich sein. Sie werde nicht zulassen, "dass weitere zehn Jahre vergehen, bis etwas passiert", bekräftige Fiona Fiedler (NEOS). Nur der fortwährende Einsatz des Gehörlosenbundes sei der Grund für den heutigen Beschluss, so die NEOS-Mandatarin.

FPÖ-Anträge zu Corona-Tests, Schulklassen-Teilung sowie für ein einheitliches Bundesgesetz für alle PädagogInnen abgelehnt

Keine Mehrheit fanden vier Anträge der FPÖ. Zum einen fordern die Freiheitlichen, dass SchülerInnen, die sich nicht auf Corona testen lassen, gerecht beurteilt und nicht von Suspendierungen bedroht werden. Außerdem sprechen sich die Freiheitlichen gegen "Zwangstestungen" und stattdessen für freiwillige Corona-Tests - ohne Sanktionen und Drohungen – aus. Um die Benachteiligungen zu kompensieren, die laut FPÖ durch die umstrittenen Corona-Maßnahmen der Regierung für SchülerInnen entstanden sind, schlägt die Oppositionspartei eine Teilung der Klassen in den Kernfächern für zwei Jahre vor.

Ebenso abgelehnt wurde eine FPÖ-Initiative, die sich für ein einheitliches Gesetz für alle PädagogInnen im Bildungsbereich einsetzt. Dieses sollte für PädagogInnen aller Schultypen gelten, pädagogische Anforderungen definieren und mehr Möglichkeiten zur Um- und Neuqualifizierung ermöglichen. Zudem sollte es Erleichterungen für QuereinsteigerInnen, eine leistungs- und ergebnisorientierte Besoldung, neue Arbeitszeitmodelle sowie Änderungen in der Fortbildung bringen. Auch klare Regeln für die Anstellung, Bewertung und Kündigung von LehrerInnen waren vorgesehen. (Fortsetzung Nationalrat) med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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