Parlamentskorrespondenz Nr. 933 vom 23.07.2021

Agentur für Fahrgastrechte erzielte 2020 mehr als 1,7 Millionen Euro für Passagiere

Jahresbericht 2020 der Agentur für Fahrgastrechte: Jeder zweite Fall betraf Forderungen in Zusammenhang mit COVID-19

Wien (PK) – Die COVID-19-Pandemie hat das Mobilitätsverhalten der Menschen massiv verändert, hält der Jahresbericht der Agentur für Fahrgastrechte (apf) für das Jahr 2020 fest (III-320 d.B.). Das Reisen wurde erschwert und vielfach sogar unmöglich gemacht. Trotz des verminderten Reiseaufkommens lag die Gesamtzahl der Beschwerden, die 2020 an die apf herangetragen wurden, nur knapp unter dem Wert des Jahres davor. Als gesetzliche Schlichtungs- und Durchsetzungsstelle für den Bahn-, Bus-, Schiffs- und Flugverkehr verhilft die Agentur Fahr- und Fluggästen in Streitfällen mit Reiseunternehmen kostenlos und provisionsfrei zu ihrem Recht. Bevor die apf aktiv werden kann, müssen die Passagiere selbst versuchen, sich mit dem jeweiligen Verkehrsunternehmen zu einigen. Laut dem Jahresbericht der apf konnten im Berichtjahr mit rund 4.600 abgeschlossenen Verfahren mehr als 1,7 Millionen € für Antragstellende an Entschädigungsleistungen erzielt werden. Die an die apf herangetragenen Fälle betrafen vor allem Flug- und Bahnunternehmen. In mehr als der Hälfte der Fälle ging es um COVID-19-Reiseprobleme, berichtet Verkehrsministerin Leonore Gewessler im Vorwort zum Jahresbericht der afp.

Anfragen, Schlichtungsanträge und Schlichtungsverfahren

Schlichtungsanträge an die apf können zu folgenden Sachverhalten gestellt werden: Entschädigungen bzw. Erstattungen auf Grundlage der EU-Verordnungen, Annullierungen, Ausfälle oder Verspätungen, fehlende Hilfeleistungen (etwa Verpflegung, Unterkunft, Transport), mangelhafte oder keine Informationen sowie fehlende Unterstützung von Menschen mit Behinderung und eingeschränkter Mobilität.

Im Jahr 2020 gingen insgesamt 5.977 schriftliche Schlichtungsanträge und Anfragen bei der apf ein (2019: 6.395), davon 4.966 im Flugbereich (2019: 5.205), 903 im Bahn- (2019: 1.047), 78 im Bus- (2019: 122) und 30 im Schiffsbereich (2019: 21). Das bedeutete ein anhaltend hohes Niveau an Anträgen trotz stark verminderter Reisetätigkeit.

Zu den Schlichtungsverfahren zählen nur jene Fälle, in denen ein Verfahren eröffnet worden ist. Im Jahr 2020 wurden davon insgesamt 4.019 eröffnet (2019: 4.622). Der Hauptteil betraf den Flugbereich mit 3.296 Verfahren (2019: 3.879), gefolgt vom Bahnsektor mit 694 (2019: 705) eröffneten Schlichtungen. Im Busbereich kam es 2020 zu 29 Verfahren (2019: 37), im Schiffsbereich wurde kein Verfahren eröffnet (2019: ein Verfahren).

Entschädigungen, Erstattungen Strafnachlässe und Verfahrensdauer

Verglichen mit 2019 lag die Summe der Rückerstattungen 2020 mit 1,738.599 € um ein Drittel höher. Mehr als die Hälfte des erreichten Gesamtbetrages (985.576 €) entfiel auf pandemiebedingte Verfahren. Mit 1,647.594 € entfiel dabei der größte Anteil der Rückerstattungen auf den Flugsektor (2019: 1,251.532 €). 932.054 € der Entschädigungen hatten einen Bezug zur COVID-19-Pandemie, das sind rund 57% der Flug-Gesamtsumme. Im Bahnbereich erzielte die apf 88.378 € (2019: 48.054 €), beim Verkehrsträger Bus waren es 2.628 € (2019: 1.508 €). Die durchschnittliche Reaktionszeit für eine erste Rückmeldung an die Antragstellenden betrug weniger als vier Tage (2019: viereinhalb Tage).

Schlichtungen für Personen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität

Die apf setzt sich auch für die Rechte von Fahr- und Fluggästen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität (Persons with Reduced Mobility, PRM) ein. Der Jahresbericht 2020 berichtet etwa über ein Problem, das für eine bahnreisende Familie dadurch auftrat, dass das Bahnunternehmen nicht über den Ausfall eines Rollstuhlabteils informierte. Da Informationen über angebotene und dann ausgefallene Leistungen, wie bestimmte Sitzplätze und Waggons, für Personen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität besonders wichtig sind, drängte die apf auf eine Überprüfung. Das Bahnunternehmen nahm den Fall zum Anlass einer Überprüfung des Benachrichtigungsprozesses.

Im Flugbereich setzte sich die apf für Fluggäste einen, die Probleme mit der Reservierung von geeigneten Sitzplätzen für Personen mit eingeschränkter Mobilität und bei der Mitnahme eines Assistenzhundes in der Flugzeugkabine hatten. Hier wies die apf auf die geltenden Bestimmungen hin und konnte die Fälle positiv abschließen.

Internationale Zusammenarbeit

Die apf nimmt laufend am Austausch der Nationalen Durchsetzungsstellen ("National Enforcement Bodies", NEB) über die gemeinschaftlichen Regelungen der europäischen Mitgliedstaaten zu den Fahr- und Fluggastrechten teil. In einem eigenen Kapitel des Berichts informiert die apf über die Vernetzung der Durchsetzungsstellen in den Bereichen Bahn, Bus, Schiff und Flug. Weitere Kapitel des Berichts sind der Judikatur und Durchsetzung der Passagierrechte in diesen vier Verkehrsbereichen gewidmet. Ein eigener Abschnitt des Berichts ist der Entwicklung der Pünktlichkeit im Bahnverkehr gewidmet. Mit 96,8% war diese 2020 im gesamten Personennahverkehr sehr hoch. Grund dafür war allerdings vor allem die COVID-19-Pandemie, die zu einem eingeschränkten Zugverkehr und geringerem Fahrgastaufkommen führte, hält die apf fest. (Schluss) ibe/sox