Parlamentskorrespondenz Nr. 957 vom 23.08.2021

Energie-Control Austria berichtet über "außergewöhnliches Jahr" 2020

Großhandelspreise für Strom und Gas sind zum Teil deutlich gesunken

Wien (PK) – Das Jahr 2020 sei ohne Zweifel außergewöhnlich gewesen, wird in der Einleitung zum Tätigkeitsbericht 2020 der Regulierungsbehörde Energie-Control Austria aufgeworfen (III-393 d.B.). Der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten während des ersten Lockdowns hatte demnach einen starken Einfluss auf die Energienachfrage und führte infolgedessen zu niedrigen Großhandelspreisen bei Strom und Gas. Diese seien zwar in der zweiten Jahreshälfte wieder etwas gestiegen, würden sich in Summe aber nach wie vor auf einem niedrigeren Niveau als 2019 befinden. Für HaushaltskundInnen tat sich im Jahr 2020 allerdings preislich nur wenig, weil die Versorger üblicherweise ihre Beschaffung bis zu zwei Jahre für die Zukunft tätigen, so der Bericht.

Es sei im Jahr 2020 zu keinen - durch Auswirkungen der COVID-19-Krise verursachten - Versorgungsrisiken für Strom und Erdgas gekommen. Die Pandemie habe aber durch eine zeitweise beträchtliche Reduktion der Nachfrage - in manchen Gebieten im Lockdown bis zu 15% - unter anderem zu hohen Umsatzverlusten geführt.

Energiepolitisch seien 2020 die Vorarbeiten für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) im Mittelpunkt gestanden. Der Regulierungsbehörde werde bei der Umsetzung des EAG eine wichtige Rolle zukommen, weil auch die regulatorischen Voraussetzungen für einen deutlich höheren Anteil von volatiler Energieerzeugung geschaffen werden müssen, wird im Bericht hervorgehoben. Was die Energie-Gemeinschaften bzw. die Bürger-Energiegemeinschaften betrifft, habe Österreich bereits im Jahr 2017 ein Vorläufermodell implementiert und setze seitdem auf die Einbindung und die aktive Teilnahme der Konsumentinnen und Konsumenten am Energiemarkt.

Die energiewirtschaftliche Situation des Kraftwerkparks hat laut Bericht 2020 einen historischen Punkt erreicht: 2020 wurde demnach das letzte Kohlekraftwerk geschlossen. Österreich sei daher einer der wenigen Mitgliedstaaten der EU, der nur mehr Kraftwerke aus erneuerbaren Energieträgern und Gaskraftwerke einsetzt.

E-Control: Regulierung und Marktaufsicht, Versorgungssicherheit, Services

Im Bericht werden die umfassenden Tätigkeiten der E-Control dargestellt. Neben vielfältigen Regulierungs- und Marktaufsichtsagenden hat die E-Control im Jahr 2020 unter anderem einen Vorschlag zur Netzentgeltstruktur weiterentwickelt. Die Systemnutzungsentgelte der Zukunft sollen zur Steigerung der gesamtvolkswirtschaftlichen Effizienz führen und die geplante Zielsetzung von (bilanziell) 100% erneuerbarer Stromerzeugung bis 2030 unterstützen. Sie sollen wirtschaftliche Anreize für energieeffizientes Verhalten und für die Bereitstellung von Flexibilität setzen. Vorschläge der E-Control umfassen unter anderem einen künftigen Entfall des Netzbereitstellungsentgelts. Dafür soll das Netzzutrittsentgelt um einen pauschalierten Anteil für allgemeine kapazitätserweiternde Maßnahmen erweitert werden. Eine Reduktion der pauschalen Komponente (bis zu 100%) könnte laut Erläuterungen vorgenommen werden, falls die Einspeisung flexibel auf die Bedürfnisse des Netzbetriebs reagiert und damit ein weiterer Netzausbau vermieden wird. Zur Stärkung der Verursachungsgerechtigkeit schlägt die E-Control nach erfolgtem Smart-Meter-Roll-out die Einführung einer Leistungsmessung für alle Kundinnen und Kunden vor.

Im Hinblick auf Versorgungssicherheit mit Strom bzw. auf das EAG-Ziel, bis 2030 100% des Stromverbrauchs durch österreichische Energiequellen zu decken, wirft die E-Control beispielsweise auf, dass es ohne thermische Kraftwerke im Betrachtungszeitraum bis 2030 zu einer 10%igen Unterdeckung des Strombedarfs unter energetischer Betrachtung kommen könnte. Durch den hohen Zeitaufwand für die Errichtung neuer Kapazitäten müsse deshalb schon jetzt begonnen werden, die nötigen Planungen und Prozesse einzuleiten, um die energetische Deckung 2030 in diesem Zusammenhang sicherzustellen.

Die E-Control leiste außerdem ihren Beitrag zur Schaffung des europäischen Energiebinnenmarktes, zur Entwicklung von Regionalmärkten und zur Beseitigung von Hemmnissen für den grenzüberschreitenden Handel, wird im Bericht betont. Dazu gebe es zahlreiche Aktivitäten der E-Control in den europäischen Gremien.

Für die Endverbraucherinnen und –verbraucher gab es im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr, in dem es an die 70 Preiserhöhungen im Strom- und rund 10 im Gasbereich gegeben habe, vergleichsweise wenige Preisänderungen, so der Bericht zu den Preisentwicklungen für EndkundInnen. Das Einsparpotenzial für Kundinnen und Kunden bei einem Wechsel vom angestammten Anbieter zum günstigsten Anbieter habe sich aber erhöht. Haushalte und Kleingewerbebetriebe können dem Bericht zufolge ein Drittel bis zur Hälfte der Energiekosten einsparen.

Rund 317.000 Strom- und GaskundInnen (Haushalte und Unternehmen) haben 2020 ihren Strom- oder Gaslieferanten gewechselt. Im Vergleich zum letzten Jahr bedeute dies einen leichten Rückgang. Energiearmut sei in Österreich vor allem auch im internationalen Vergleich wenig verbreitet, ebenso sei die Rate der Abschaltungen wegen Verletzung vertraglicher Pflichten gering. Die geringe Inanspruchnahme von Grundversorgung und Prepaymentzählern würden jedoch nahelegen, dass es gesetzlicher Nachschärfungen in diesem Bereich bedarf.

An Services stellt die E-Control neben Online-Spritpreisrechner und Tarifkalkulator für Strom und Gas seit November 2019 unter anderem auch ein Ladestellenverzeichnis für die E-Mobilität zur Verfügung. Österreich verfüge damit als eines der ersten Länder in der EU nicht nur über ein flächendeckendes nationales Ladepunkteregister, vielmehr könne dieses auch - bereits den europaweit angestrebten Standards entsprechend - über normierte Schnittstellen für alle Arten von Verkehrsinformation europäischer Anbieter genutzt werden. (Schluss) mbu


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