Parlamentskorrespondenz Nr. 958 vom 24.08.2021

Neu im Justizausschuss

Initiative der NEOS für abgesonderte Vernehmung in Zivilprozessen über einstweilige Verfügungen, Entschließungsanträge von NEOS und FPÖ

Wien (PK) – Die NEOS beantragen mit einer Änderung der Zivilprozessordnung, die abgesonderte Vernehmung in Zivilprozessen über einstweilige Verfügungen zu ermöglichen. Mit zwei Entschließungsanträgen geht es ihnen außerdem um eine ausreichende Unterhaltssicherung durch einen staatlichen Unterhaltsvorschuss sowie um eine Ablaufshemmung beim Betretungs- und Annäherungsverbot.

Die FPÖ wiederum setzt sich für eine Einbeziehung der InsassInnen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung ein.

NEOS: Abgesonderte Vernehmung in Zivilprozessen über einstweilige Verfügungen

Opfer von Gewalt oder deren gesetzliche Vertretung können beim zuständigen Bezirksgericht eine einstweilige Verfügung zum Schutz vor Angriffen durch einen Täter oder eine Täterin stellen, werfen die NEOS auf und beantragen mit einer Änderung der Zivilprozessordnung, für derartige Fälle eine abgesonderte Vernehmung zu ermöglichen (1796/A).

Im Verfahrensregime der Strafprozessordnung gebe es wirksame Schutzinstrumente wie die kontradiktorische Vernehmung, bei der die Beschuldigte bzw. der Beschuldigte und die Zeugin bzw. der Zeuge nicht direkt zusammentreffen müssen. Auch für jene Zivilprozesse, die in einem sachlichen Zusammenhang mit einem Strafverfahren stehen, bestehe für das Tatopfer die Möglichkeit, eine kontradiktorische Vernehmung zu beantragen. Das umfasse allerdings nicht den Fall, dass die Parteien einander in einem Verfahren über eine einstweilige Verfügung gegenüberstehen, so die NEOS. Anlass für den Antrag auf eine einstweilige Verfügung könnten aber dieselben, unter Umständen sogar weitaus belastendere Sachverhalte als in einem Strafverfahren sein. Den NEOS zufolge liegt es daher nahe, auch in derartigen Zivilverfahren eine gesonderte Vernehmung zu ermöglichen, um ein persönliches Zusammentreffen zu verhindern.

NEOS fordern staatlichen Unterhaltsvorschuss betreffend Unterhalt für PartnerInnen

Durch die Corona-Krise habe sich die Situation in Bezug auf körperliche und/oder sexuelle Gewalt gegen Frauen dramatisch verschärft, thematisieren die NEOS in einem Entschließungsantrag (1725/A(E)). Das Konfliktpotential erhöhe sich mit der Fortdauer der Ausnahmesituation stetig. Viele Frauen wollten, könnten sich aber nicht von ihrem Peiniger trennen, weil sie wüssten, dass sie dann finanziell ruiniert auf der Straße landen. Das verschärfe die Situation zusätzlich, so die NEOS.

Dem NEOS-Antrag zufolge bezahlt nach dem Unterhaltsvorschussgesetz der Bund minderjährigen Kindern Vorschüsse auf ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch, wenn für diesen ein im Inland vollstreckbarer Exekutionstitel besteht und der Unterhaltsschuldner nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbeitrag nicht zur Gänze leistet. Um die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu stärken und ihnen im Falle von Gewaltsituationen mehr Handlungsspielraum einzuräumen, fordern die NEOS, das Unterhaltsvorschussgesetz dahingehend zu erweitern, dass auch für den durch vollstreckbare Exekutionstitel festgestellten Unterhalt von EhegattInnen/Eingetragenen PartnerInnen bzw. von Ex-EhegattInnen/Ex-Eingetragenen PartnerInnen seitens des Bundes Unterhaltsvorschüsse gewährt werden können.

NEOS für Ablaufshemmung von Betretungs- und Annäherungsverboten

Um einen lückenlosen und durchgehenden Schutz für Betroffene gewährleisten zu können, fordern die NEOS, dass ein Annäherungs- und Betretungsverbot für GewalttäterInnen nicht bereits längstens nach vier Wochen nach seiner Anordnung, sondern erst nach vier Wochen ab Beantragung einer einstweiligen Verfügung bei Gericht enden soll (1800/A(E)). Stellen derzeit Betroffene den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung beispielsweise erst 14 Tage nach Verhängung des Betretungs- und Annäherungsverbots, bleiben den Gerichten nur noch zwei Wochen, um darüber zu entscheiden, bevor das Betretungs- und Annäherungsverbot endet, so der Antrag. Entscheidet das Bezirksgericht nicht innerhalb der zwei Wochen, entstehe zwischen Auslaufen des Betretungs- und Annäherungsverbots und dem Erlassen einer einstweiligen Verfügung ein Zeitraum, in dem die Betroffenen weder vom Betretungs- und Annäherungsverbot noch durch eine einstweilige Verfügung geschützt werden.

FPÖ: Einbeziehung von Häftlingen in die gesetzliche Krankenversicherung

Die Gesundheitsausgaben für die Insassen von Justizanstalten würden trotz des gleichgebliebenen Gesamtstands an Insassen weiterhin ungebremst steigen, kritisiert die FPÖ. Sehe man von der Arbeitslosenversicherung für arbeitende Häftlinge ab, seien Insassen von Justizanstalten nicht sozialversichert. Die Kosten für ihre ärztliche Betreuung und medizinische Behandlung werden der FPÖ zufolge unabhängig von der Arbeitsleistung direkt vom Bund getragen.

Ärzte und Krankenanstalten verrechnen dem Bundesministerium für Justiz demnach den Tarif für unversicherte PrivatpatientInnen, der laut Antrag nach Angaben eines hochrangigen Beamten des Ressorts "deutlich über den von den Sozialversicherungsträgern eingehobenen Beiträgen" liege. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag fordert die FPÖ daher die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung (1736/A(E)). (Schluss) mbu