Parlamentskorrespondenz Nr. 1093 vom 11.10.2021

Demokratiebildung: Digitaler Medienkoffer im Parlament präsentiert

SchülerInnen im Gespräch mit Sobotka, Historiker Dusek und Hans Kelsens Enkelin Feder Lee

Wien (PK) – Über Demokratie, Grundrechte und Medien tauschten sich Schülerinnen und Schüler heute mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, dem Historiker Peter Dusek und Hans Kelsens Enkelin Anne Feder Lee aus. Peter Dusek präsentierte den von ihm gestalteten digitalen Medienkoffer "Wiederaufbau". Angelehnt an den Medienkoffer in den Schulen der 1970er-Jahre bietet dieser multimediale Materialien rund die Demokratie. In einer Gesprächsrunde stellten SchülerInnen zweier Wiener Gymnasien Fragen über Demokratie, Grundrechte und die Rolle von Medien. Das Ergebnis des Austausches dokumentierten die SchülerInnen anschließend in einem Podcast.

Nationalratspräsident Sobokta bezeichnete Demokratievermittlung als ein wesentliches Aufgabenfeld des Hohen Hauses. Die Aufarbeitung von historischem Material sei in diesem Zusammenhang von unschätzbarem Wert, denn man müsse die Geschichte immer wieder neu überdenken. Der Medienkoffer soll aus Sobotkas Sicht dazu beitragen, die verschiedenen Haltungen aufzuzeigen. Es werde aber an den Schülerinnen und Schülern liegen, Schlüsse daraus zu ziehen. Dabei gelte es, die demokratische Grundhaltung nie zu verlieren. Seine besondere Freude drückte er darüber aus, dass Anne Feder Lee, die Enkelin von Hans Kelsen, der heute seinen 140. Geburtstag gehabt hätte, zu Gast im Parlament sei.

Peter Dusek betonte, der digitale Medienkoffer solle den Dialog der Generationen fördern. Aus seiner Sicht findet dieser Dialog heute zu wenig statt. Aktuelle Verschwörungstheorien rund um die Coronapandemie, die sich antisemitischer Codes bedienen, seien Beispiele dafür, dass die Geschichte noch nicht ausreichend aufgearbeitet sei. Der Medienkoffer solle Schülerinnen und Schüler mit den enthaltenen Filmen aktivieren, selbst HistorikerInnen zu spielen und Erinnerungen in der Familie aufzuspüren.

Gespräche zu Demokratie, Grundrechten und Medien

Im Rahmen einer Gesprächsrunde konnten SchülerInnen einer sechsten Klasse des Wiener Piaristengymnasiums sowie einer achten Klasse des Theresianums Fragen stellen, die sie vorab in der Demokratiewerkstatt gemeinsam erarbeitet hatten. Sie wollten etwa von Anne Feder Lee, der Enkelin des Architekten der österreichischen Bundesverfassung Hans Kelsen, wissen, was Kelsens Absichten waren, als dieser die Verfassung ausarbeitete. Dazu müsse man sich an die damalige Zeit zurückerinnern, sagte Feder Lee. Die Monarchie war zu einem Ende gekommen, es galt, ein neues politisches System zu etablieren. Der Zweck seiner Arbeit war, sicherzustellen, dass eine neue Regierung auch funktionieren würde.

Im Zusammenhang mit den Grundrechten sprachen die SchülerInnen das Recht auf Informationen an. Sie fragten Peter Dusek, ob es vor diesem Hintergrund wichtig wäre, dass Archivmaterial der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Dusek hatte beim Aufbau des historischen ORF-Archivs eine maßgebliche Rolle gespielt. Seiner Meinung nach gibt es ein Recht der Bevölkerung an dem gesendeten Material. Man könne freilich nicht das gesamte Archivmaterial – also auch Rohmaterial - öffnen. Es gelte jedoch, einen Kompromiss zwischen dem Urheberrecht, Persönlichkeitsrechten und der Benutzung durch die Bevölkerung zu finden.

Auch aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft waren Thema der Diskussion. Die SchülerInnen fragten den Nationalratspräsident in diesem Zusammenhang, ob er soziale Medien für die Bildung der öffentlichen Meinung eher als Gefahr oder als Hilfe sieht. Beides sei der Fall, so Sobotka. Soziale Medien seien eine große Notwendigkeit. Im Umgang mit Hate Speech oder Fake News stellen sie jedoch eine große Gefahr dar. Sobotka sprach sich daher für ein Redaktionsprinzip auch für soziale Medien aus. Es brauche auch hier eine redaktionelle Verantwortlichkeit, so der Nationalratspräsident.

Digitaler Medienkoffer im Parlament

Peter Dusek hat den digitalen Medienkoffer gemeinsam mit dem Kommunikationsberater Sven Saekert entwickelt. Er soll durch eine Aufbereitung von Berichterstattung über politische, wirtschaftliche und kulturelle Ereignisse zu einem Dialog der Generationen anregen. Das österreichische Parlament hat sich die Rechte für bestimmte Inhalte aus dem Medienkoffer gesichert. Die Filme können als Impulse für den Austausch von Schulklassen mit ZeitzeugInnen im Rahmen der Demokratiewerkstatt dienen sowie bei Gedenkveranstaltungen eingesetzt werden. Die Inhalte reichen von der Weltwirtschaftskrise und dem Aufbruch der Frauen in den 1920er-Jahren, über die Ausschaltung des Parlaments 1933 und den Aufbau nach 1945 bis zu aktuelleren Ereignissen wie dem 11. September 2001 oder der Flüchtlingssituation im Jahr 2015. (Schluss) kar

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments.