Parlamentskorrespondenz Nr. 1095 vom 11.10.2021

Rat für Forschung und Technologieentwicklung sieht Aufholbedarf für mehrere Bereiche des FTI-Systems

Beratungsorgan zur FTI-Strategie fokussiert in Jahresbericht 2020 auf Stärken und Schwächen des Innovationssystems

Wien (PK) – Im Dezember 2020 hat die Bundesregierung ihre neue FTI-Strategie 2030 präsentiert. Im Herbst 2020 ist der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) in seine fünfte Funktionsperiode eingetreten. Er begleitet die FTI-Strategie der Bundesregierung mit seinen Monitorings und Empfehlungen. Zum Auftakt seiner Tätigkeit hat der RFTE mit einer umfassenden Stärken-Schwächen-Analyse des österreichischen FTI-Systems einen neuen Ansatz für sein Innovationsmonitoring vorgestellt. Dazu wurde nicht mehr wie in den Jahren zuvor die Zielerreichung der FTI-Strategie bewertet, sondern auf Basis einer umfassenden Indikatorik analysiert, in welchen Bereichen die Performance des österreichischen FTI-Systems besser und in welchen sie schlechter ist als jene der führenden Innovationsnationen. Die Ergebnisse des Monitorings bilden den Schwerpunkt des Jahresberichts 2020 des RFTE (III-424 d.B.). Leonore Gewessler, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, hat ihn gemeinsam mit den anderen an der FTI-Strategie beteiligten Mitgliedern der Bundesregierung, Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Finanzminister Gernot Blümel, vorgelegt.

Österreichs Innovationssystem: Klare Stärken, aber auch eindeutige Schwächen

Insgesamt lässt sich laut RFTE festhalten, dass das österreichische FTI-System im Vergleich zu den führenden Innovationsnationen sowohl über eindeutige Stärken als auch über zentrale Schwächen verfügt. Zu den bekannten Stärken des FTI-Systems zählen die profunde internationale Vernetzung, die hohe FTI-Unterstützung und die Leistungsfähigkeit der Unternehmen, das allgemein überdurchschnittliche Niveau der F&E-Finanzierung und die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts.

Die größte Schwäche im FTI-Kernsystem liegt laut dem RFTE eindeutig im Bereich der innovativen Unternehmensgründungen. Im Bereich der Querschnittsthemen identifiziert er die Digitalisierung und den Umwelt- und Klimaschutz als die größten Problemfelder. Zudem ortet der Rat in allen Teilbereichen des österreichischen FTI-Systems spezifische Herausforderungen, die eine signifikante Verbesserung der Innovationsperformance seit Jahren behindern. Der RFTE verweist auf Problemfelder, die er in seinen früheren Berichten zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs mehrfach adressiert habe. Diese Probleme sieht der RFTE weiterhin in Teilen des Bildungssystems, den Rahmenbedingungen für die Hochschulen und die Forschungsförderung bis hin zum Gründungsgeschehen.

Stärken und Schwächen des österreichischen FTI-Systems im internationalen Vergleich

Die Übersicht über die Performance des österreichischen FTI-Systems im Vergleich zu anderen Ländern zeigt für den RFTE, dass in vielen Teilbereichen im Vergleich zu den führenden Ländern noch Aufholbedarf besteht. Nur in vier von 14 Bereichen liege die heimische Performance über dem Niveau der Innovation Leaders, in drei Bereichen sei der Abstand gering. In sieben Bereichen liege das österreichische Niveau jedoch klar unter jenem der führenden Innovationsnationen, in drei davon sogar deutlich darunter, hält der RFTE in seinen Bericht fest.

Dieses Bild ändert sich, wenn man die österreichische Innovationsperformance jener der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder den jeweiligen Best Performers weltweit gegenüberstellt. Im Vergleich zum durchschnittlichen Niveau der EU stehe Österreich fast durchgehend deutlich besser da, hält der RFTE fest. Lediglich ein Bereich steche als unterdurchschnittlich heraus, nämlich jener der Gründungen und Wachstum. Hier weise Österreich selbst in Relation zum durchschnittlichen Niveau der europäischen Mitgliedsstaaten sehr deutliche Schwächen auf. Diese reichen von der Motivation für unternehmerisches Handeln über die Gründungsregulierung bis hin zur Risikokapitalintensität. In vier weiteren Teilbereichen, nämlich Regulierung und Steuern, Digitalisierung, Umwelt und Klima sowie Geschlechtergerechtigkeit liegt laut dem Befund des RFTE das österreichische Niveau zwar unter dem EU-Durchschnitt, aber mit geringerem Abstand. Alle übrigen Teilbereiche rangieren demnach zum Großteil klar über den Levels der Vergleichsländer.

Stelle man Österreich allerdings in Relation zu den jeweiligen Top drei der Welt, sehe das Bild wenig überraschend, signifikant schlechter aus, führt der Bericht aus. Aus dieser Perspektive erkenne man, dass es Österreich in nur zwei Teilbereichen gelinge, in die Gruppe der globalen Best Performers vorzustoßen, nämlich im Bereich von Unternehmensforschung sowie im Bereich der F&E-Ausgaben. Österreich komme jedoch trotz seiner überdurchschnittlich hohen F&E-Ausgaben kein einziges Mal auf einen ersten Platz. Ländern mit vergleichbarer bzw. geringerer Bevölkerungszahl als Österreich wie Schweden, Dänemark, Finnland und Irland gelinge das hingegen durchaus.

Empfehlungen und Handlungsfelder für die FTI-Strategie 2030

Aus den Ergebnissen der evidenzbasierten Analyse leitet der RFTE mehrere Schlussfolgerungen für die Verbesserung der Performance des FTI-Systems ab. Während die Stärkefelder des heimischen FTI-Systems weiterhin unterstützt werden sollten, um auch in Zukunft positive Ergebnisse zu generieren, müssen vor allem jene Bereiche gezielt adressiert werden, die für die Leistungsfähigkeit des FTI-Systems von großer Relevanz sind, deren Performance jedoch in unterschiedlichsten Teilbereichen signifikante Schwächen aufweise, empfiehlt der RFTE.

Das Beratungsgremium der Bundesregierung empfiehlt auch eine politische Schwerpunktsetzung auf relevante Zukunftsfelder und die Weiterentwicklung des österreichischen FTI-Systems. Der Rat spricht sich für die Modernisierung der Strukturen des gesamten Bildungssystems mit einem Fokus auf die Reduktion der sozialen Selektivität und die Steigerung der Qualität die strukturelle Weiterentwicklung des Hochschulraums sowie für die Verbesserung der Governance-Strukturen der Universitäten aus. Aus Sicht des RFTE ist zudem eine Erhöhung der Mittel für die kompetitive Finanzierung der Grundlagenforschung auf das Niveau der führenden Länder notwendig. Zudem müsse eine Optimierung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen erfolgen und eine Prüfung des adäquaten Mitteleinsatzes im FTI-System zur Korrektur existierender Schieflagen in der Mittelverteilung. Der RFTE empfiehlt der Bundesregierung auch, einen prioritären Fokus auf die Steigerung von Effizienz und Effektivität der Forschungsförderung und des FTI-Systems zu legen. (Schluss) sox