Parlamentskorrespondenz Nr. 1449 vom 10.12.2021

Parlament: TOP im Nationalrat am 16. Dezember 2021

Sterbehilfe, COVID-19-Hilfen, Steueranpassungen, Bahn-Infrastruktur, Familie, Verfassung, Umwelt

Wien (PK) – Die voraussichtlich letzte Plenarsitzung vor Weihnachten befasst sich am Donnerstag mit zahlreichen Gesetzesvorhaben, darunter die infolge einer VfGH-Erkenntnis nötig gewordene Neuregelung zur Sterbehilfe. Neben Justizthemen behandeln die Abgeordneten in der Sitzung auch zahlreiche Materien zum Sozialrecht, gerade in Hinblick auf Maßnahmen während der Corona-Pandemie, sowie aus den Bereichen Inneres, Landwirtschaft, Finanzen, Verkehr, Familie und Kultur. Aus dem Umweltausschuss gelangte ein Allparteienantrag gegen das Wiedererstarken der Atomkraft in das Plenum.

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr. Vor Eingang in die Tagesordnung wird der neue Innenminister Gerhard Karner in einer Fragestunde mit den Abgeordneten debattieren.

Volkszählung

Aufgrund einer EU-Verordnung über Volks- und Wohnungszählungen sind EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, der Europäischen Kommission Bevölkerungsdaten zu übermitteln. In Österreich stammen diese Daten aus dem Zentralen Personenstandsregister und dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister. Beginnend mit dem Kalenderjahr 2011 sind laut Verordnung in jedem Jahrzehnt Volkszählungen durchzuführen. Für die Registerzählung 2021 ist nun eine Anpassung des Registerzählungsgesetzes notwendig geworden.

Fremdenrecht

Da sich bis zum 31. Dezember 2021 keine Entspannung der pandemischen Lage abzeichnet, beantragen die Regierungsfraktionen eine weitere Verlängerung der pandemiebedingten Sonderregelungen im Fremdenrecht um ein halbes Jahr bis zum 30. Juni 2022. So soll es im Bereich des Staatsbürgerschaftsgesetzes auch weiterhin genügen, anstatt des mündlichen Ablegens des Gelöbnisses bei der Staatsbürgerschaftsverleihung, dieses schriftlich an die Behörde zu übermitteln. Selbiges gilt im Falle von Einschränkungen der Bewegungsfreiheit oder des zwischenmenschlichen Kontakts aufgrund von COVID-19-Maßnahmen für Verlängerungs- und Zweckänderungsanträge im Rahmen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sowie des Asylgesetzes.

Inhaber des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EU" sollen diesen auch künftig nicht verlieren, wenn sie der Behörde nicht rechtzeitig mitteilen, dass sie sich aufgrund besonders berücksichtigungswürdiger Gründe für länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten.

Minderjährige Geflüchtete

ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS sprechen sich gemeinsam dafür aus, jährlich Daten über das Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung in geeigneter statistischer Form der Öffentlichkeit und dem Nationalrat zur Verfügung zu stellen. Zudem soll untersucht werden, ob dieses Phänomen möglicherweise mit kriminellen Handlungen wie Menschenhandel oder Gewaltdelikten in Zusammenhang steht. Ausgangspunkt für die Forderung an die Regierung ist ein SPÖ-Antrag, der auf eine Datenerhebung zu verschwundenen Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung sowie die Aufnahme dieser Daten in die Asyl- und Fremdenrechtsstatistik abzielt und im Plenum voraussichtlich abgelehnt wird.

Photovoltaik auf Polizeistationen

Zur Sicherstellung der polizeilichen Einsatzfähigkeit auch in Krisensituationen mit möglicherweise weitreichenden Stromausfällen ("Blackouts") fordert die SPÖ, Photovoltaikanlagen auf den Gebäuden der Polizei anzubringen. Mittels Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne im Innenausschuss soll zusätzlich gewährleistet werden, dass dabei auch die Eigentümergesellschaften BIG bzw. ARE miteinbezogen werden.

Ersatz für verfassungswidrige Beugehaft

Die Beugehaft hat der Verfassungsgerichthof (VfGH) als verfassungswidrig aufgehoben. Damit dieses Zwangsinstrument der Vollstreckungsbehörden nicht mit 31. Dezember 2021 ersatzlos außer Kraft tritt, schlägt die Bundesregierung eine Novellierung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vor. Besonders wenn jemand eine Geldstrafe nicht bezahlen könnte, wäre die Strafe nicht vollstreckbar, so die Erklärung.

Im Novellenvorschlag wird eine höchstzulässige Gesamtdauer der Beugehaft von einem Jahr festgelegt. Zudem sieht er ein Rechtsmittel nach dem Vorbild der Schubhaftbeschwerde vor, erweitert also den Rechtsschutz. Grundsätzlich sei die Vollstreckung der Beugehaft in Österreich die Ausnahme, wird in den Erklärungen betont. Üblicherweise finde man mit Geldstrafen als Beugemittel das Auslangen.

Verlängerungen zum COVID-19-Begleitgesetz

ÖVP und Grüne schlagen vor, verschiedene Corona-Sonderregelungen um ein halbes Jahr bis Mitte 2022 zu verlängern, und haben in diesem Sinn eine Änderung der Bundesverfassung und des verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes sowie des COVID-19-Begleitgesetzes Vergabe beantragt. Bei letzterem Gesetz betrifft die beantragte Fristverlängerung Vergabeverfahren in Zusammenhang mit der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, sodass beschleunigte Vergaben etwa im Bereich Labordiagnostik möglich sind.

Grüner Bericht: Leichter Anstieg der Einkommen in Land- und Forstwirtschaft gegenüber dem Vorjahr

Der aktuelle Grüne Bericht zur Situation der heimischen Land- und Forstwirtschaft zeigt auf, dass im Berichtsjahr 2020 ein leicht steigendes Einkommen verzeichnet werden konnte. Durchschnittlich kam es zu einer Steigerung der Einkünfte um 1,4% im Vergleich zum Vorjahr. Bei pflanzlichen Produkten konnte aufgrund der Witterungslage eine Steigerung um 5,7% erzielt werden. Die tierische Produktion lag hingegen durch die pandemiebedingten Absatzprobleme geringfügig unter dem Vorjahresergebnis. Besorgniserregend stellt sich die Lage weiterhin für die österreichische Forstwirtschaft dar, wo es aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels auch 2020 zu großen Schadholzmengen und den damit verbundenen Preisrückgängen gekommen ist.

AMA: Weiterhin virtuelle Sitzungen des Verwaltungsrats und des Kontrollausschusses

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen der COVID-19-Pandemie ist die bisherige Befristung bestimmter Maßnahmen im AMA-Gesetz nicht ausreichend, weshalb ÖVP und Grüne einen Initiativantrag vorgelegt haben. Die im AMA-Gesetz geschaffene Möglichkeit, Sitzungen der AMA-Gremien virtuell durchzuführen, soll daher über das Jahr 2021 hinaus unbefristet möglich sein.

Verlängerung Sonderbetreuungszeit, Kurzarbeit, Bildungsbonus

Bis Ende März 2022 soll die Sonderbetreuungszeit für Eltern in der Corona-Pandemie verlängert werden. Die Verlängerung geht auf einen Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen im Sozialausschuss zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz zurück. Ebenfalls mittels Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen soll die bestehende Kurzarbeitsregel für besonders betroffene Betriebe bis Ende März 2022 inklusive Kurzarbeitsbeihilfen verlängert werden. Für Menschen mit geringem Einkommen soll außerdem ein einmaliger Langzeit-Kurzarbeitsbonus von 500 € eingeführt werden. Darüber hinaus wird der Bildungsbonus bis Ende Dezember 2022 verlängert. Der Zuschlag zum Arbeitslosengeld in Höhe von 120 € im Monat wird Arbeitslosen gewährt, die eine zumindest viermonatige Schulung oder Qualifizierungsmaßnahme im Auftrag des AMS absolvieren. Die Sonderregeln beim Zugang für Selbstständige zur Arbeitslosenversicherung sollen zudem bis Ende März 2022 aufrecht erhalten bleiben.

Mittels Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Sozialausschuss auch die coronabedingte Freistellung von ungeimpften Schwangeren verlängert. Ihr ursprünglicher Antrag diente nur zur Beseitigung eines Redaktionsversehens im Mutterschutzgesetz. Bis 31. März 2022 sollen demnach ungeimpfte schwangere Frauen ab der 14. Schwangerschaftswoche freigestellt werden können, wenn sie Arbeiten mit Körperkontakt leisten. Auch Schwangere, die zwar geimpft sind, aber keinen ausreichenden Impfschutz aufweisen, können von der Arbeit freigestellt werden.

Außerdem sollen Änderungen im Arbeitsmarktfinanzierungsgesetz vorgenommen werden. Saisonbetrieben sollen demnach pandemiebedingt 65% der Lohnkosten abgegolten werden, die ab Beginn des Betretungsverbots bis zum frühestmöglichen Eintritt in die Kurzarbeit entstanden sind. Damit will man verhindern, dass in der Saison beschäftigte ArbeitnehmerInnen in andere Branchen abwandern.

Erweiterte Freistellung von Schwangeren in der Pandemie

Im Sozialausschuss abgelehnt wurde eine Forderung der SPÖ, wonach sie mit einer Änderung des Mutterschutzgesetzes eine Verlängerung und Ausweitung der Freistellung von Schwangeren in der Corona-Pandemie erwirken wollte. Dass die Freistellungsregelung auf ungeimpfte schwangere Frauen beschränkt ist, sei angesichts der Impfdurchbrüche nicht haltbar, argumentieren die SozialdemokratInnen. Außerdem setzte sich die Fraktion für eine Verlängerung bis Ende Juni 2022 ein.

Arbeitskräftemangel

Eine Neuregelung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sollen die Zulassung von Saisonarbeitskräften aus Drittstaaten erleichtern. Ziel ist, dem hohen Arbeitskräftebedarf zu begegnen. Mit der vorgeschlagenen Novelle soll die jährlich festzulegende Höchstzahl für befristet beschäftigte ausländische Saisonarbeitskräfte, das sind Beschäftigte in Tourismus und Gastronomie und ErntehelferInnen, nunmehr wegfallen. Eine weitere Änderung im Entwurf betrifft Erleichterungen bei der Beschäftigungsbewilligungen für so genannte Stammsaisonniers.

Mit einem Entschließungsantrag regen die Koalitionsparteien zudem die Ausstellung der Rot-Weiß-Rot-Karte für Saisonarbeitskräfte an.

Neuregelung des Insolvenz-Fonds

Die Insolvenz-Entgelt-Fonds Service GmbH soll in ihrer Behördenstruktur geändert werden. So soll nicht mehr jede einzelne Geschäftsstelle eine Behörde sein. Außerdem wird die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich mit anderen Trägern gleichgestellt und die Informationsverpflichtung von Gerichten an die IEF-Service GmbH bei Straftaten im Zusammenhang mit Insolvenzen wird ausgeweitet.

Unterstützungsleistungen für Personen mit Vermittlungseinschränkungen

Ein im Sozialausschuss einstimmig unterstützter Initiativantrag von ÖVP und Grünen hat die Unterstützung von Personen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen bzw. gesundheitlichen und sozialen Einschränkungen zum Ziel. Eine Änderung im Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz sieht vor, dass der Arbeitsminister etwa durch die Förderung von Pilotprojekten Dienstleistungen zur Verfügung stellen kann, wenn diese zur gesundheitlichen Unterstützung der betroffenen Personen nicht ausreichend vorhanden sind.

EU-Anpassungen im Finanzmarktbereich

Durch EU-Anpassungen im Finanzrecht soll die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) als zuständige Behörde für die Zulassung und Beaufsichtigung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern mit den erforderlichen Aufsichts- und Sanktionsbefugnissen betraut werden. In der Regierungsvorlage sind unter anderem Bestimmungen über die Erhebung von Rechtsmitteln, die Veröffentlichung von Entscheidungen sowie die Meldung von Sanktionen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) enthalten.

Produktivitätsrat: Neue Institution beim Fiskalrat in der Nationalbank

Ein Produktivitätsrat soll in Österreich gemäß EU-Ratsempfehlung eingerichtet werden, und zwar beim Fiskalrat in der Nationalbank. Beschlossen werden soll dazu ein neues Gesetz, das Fiskalrat- und Produktivitätsratsgesetz 2021 (FPRG 2021).

Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts

Steuerliche Maßnahmen sollen zur Mobilisierung privater Mittel für Bildung beitragen, finden die NEOS und fordern eine Erweiterung der Spendenbegünstigung auf Bildungsmaßnahmen unabhängig von der demographischen Zielgruppe sowie eine KESt-Befreiung für Spenden zugunsten bildungsfördernder Maßnahmen. In einem weiteren Schritt soll das Gemeinnützigkeitsgesetz evaluiert und die Grenzen der Spendenbegünstigungen für Stiftungen angehoben werden. Die beiden Anträge wurden im Ausschuss zwar abgelehnt, die Regierungsparteien sprachen sich aber in Form eines Zusatzantrags dafür aus, eine Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts und deren steuerrechtlichen Rahmenbedingungen einzurichten.

Steuerliche Anpassungen für Home Office

Der Finanzausschuss gab mit den Stimmen von ÖVP und Grünen außerdem grünes Licht für zahlreiche Steueranpassungen, von der Absetzbarkeit von Essengutscheinen bis hin zur Steuerbefreiung für außerordentliche Zuwendungen an PflegerInnen. Weiters sind mit Änderungen für die Arbeitsplatzpauschale Steuererleichterungen für das Home Office geplant.

ÖVP und Grüne brachten im Ausschuss zudem einen Abänderungsantrag ein, der auf die Krisenbewältigungsmaßnahmen in der Vorweihnachtszeit Bedacht nimmt. So werden Weihnachtsgutscheine bis 365 € auch dieses Jahr steuerfrei gestellt, sofern 2021 der steuerfreie Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen nicht bereits genutzt wurde. Zudem soll die Pendlerpauschale auch während des Lockdowns zugestanden werden und Schutzmasken von der Umsatzsteuer befreit bleiben.

Überbrückungsgarantien

Ein Initiativantrag der Regierungsparteien sieht Verweisänderungen im KMU-Förderungsgesetz, im Garantiegesetz 1977, im ABBAG-Gesetz und in der Bundesabgabenordnung vor. Mittels Abänderungsantrag im Ausschuss sollen zudem die von der Austria Wirtschaftsservice (AWS) und der Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) erteilten Garantien verlängert werden. Dadurch besteht ein erhöhter finanzieller Bedarf der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) für Maßnahmen in Form von Direktzuschüssen und Garantien. Weiters soll im ABBAG-Gesetz auch das Ergreifen finanzieller Maßnahmen zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung ermöglicht werden.

ÖBB-Rahmenplan

Der ÖBB-Rahmenplan für die Jahre 2022–2027, der die geplanten Investitionen in die Schieneninfrastruktur ausweist, wurde im Verkehrsausschuss nicht enderledigt, wie das sonst bei Berichten meist der Fall ist. ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS beschlossen, auf seiner Grundlage im Plenum zu diskutieren, wie die 18,2 Mrd. € zum Ausbau der heimischen Schieneninfrastruktur eingesetzt werden. Wie Verkehrsministerin Leonore Gewessler im Ausschuss erklärte, trage der Schienenausbau wesentlich zur Erreichung der heimischen Klimaschutzziele im Rahmen des Nationalen Klima- und Energieplans (NEKP) bei.

Infrastrukturbudget

Ein Bundesgesetz zur Genehmigung von Vorbelastungen soll es der Verkehrsministerin ermöglichen, für die Finanzjahre 2022 bis 2027 budgetäre Vorbelastungen im Umfang von insgesamt 46,581 Mrd. € für den Bund zu übernehmen. 38,577 Mrd. € davon entstehen durch Investitionen bei der Umsetzung des ÖBB-Rahmenplans und 8,004 Mrd. € durch Zuschüsse für Betrieb und Instandhaltung.

Anpassungen im Bundesfinanzierungsgesetz

Durch eine Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes werden Umschuldungsklauseln mit einstufigem Mehrheitserfordernis für vom Bund begebene Anleihen eingeführt. Damit wird in Übereinstimmung mit dem ESM-Vertrag eine nationale Rechtsgrundlage geschaffen und verschiedene Klarstellungen getroffen, beispielsweise betreffend die im Verfahren notwendige Berechnungsstelle und das Verfahren.

EU-Harmonisierung im Schifffahrtsgesetz

Eine Harmonisierung der österreichischen und europäischen Bestimmungen zu Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt strebt die Regierung mit einem Novellenvorschlag zum Schifffahrtsgesetz an. Einheitliche Mindest-Qualifikations- und Tauglichkeitsstandards für die gesamte nautische Besatzung sollen die Mobilität von Besatzungsmitgliedern in Europa erleichtern und die Sicherheit in der Binnenschifffahrt erhöhen. Umweltinteressen, etwa bei der Errichtung von Schiffsanlagestellen, würden außerdem beachtet.

Novelle zum Eisenbahngesetz

Zur Beendigung von EU-Vertragsverletzungsverfahren legte die Regierung einen Entwurf für eine Novelle zum Eisenbahngesetz vor. Diese soll den wirtschaftlichen Handlungsspielraum von Eisenbahninfrastrukturunternehmen erweitern, indem Funktionen und Arbeiten an andere Unternehmen ausgelagert werden können. Außerdem sollen künftig mehrere Eisenbahninfrastrukturunternehmen, einschließlich Parteien öffentlich-rechtlicher Partnerschaften, die Funktionen eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens gemeinsam ausüben können. Angestrebt wird mit der Novelle auch mehr Flexibilität bei der Zuweisung von Zugtrassen an Eisenbahnverkehrsunternehmen.

5-Parteien-Antrag gegen Mini-AKWs

Im Umweltausschuss des Nationalrats setzten alle fünf Parlamentsparteien eine klares Zeichen gegen Atomkraft. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag unterstützten sie die Haltung der Regierung, dass Nuklearenergie nicht als nachhaltige und damit förderbare Energieform zu sehen ist. Besonders im Zuge der laufenden EU-Taxonomie-Verhandlungen sei dies zu beachten, weswegen die Bundesregierung sich mit allen Mitteln gegen die Förderung von Small Nuclear Reactors und Generation-IV-Nukleartechnologien stellen solle. Ein FPÖ-Antrag mit gleicher Zielrichtung wurde mit der Annahme dieser Entschließung miterledigt.

Neuregelung der Sterbehilfe

Das bisherige Verbot der Hilfeleistung beim Suizid wurde vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Wirkung ab 1. Jänner 2022 aufgehoben. Die Regierung schlägt daher eine gesetzliche Neuregelung vor, die im Justizausschuss von ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS angenommen wurde. Zentrales Anliegen in diesem Entwurf zum Sterbeverfügungsgesetz ist, das vom VfGH betonte Grundrecht auf Selbstbestimmung auszuführen und zugleich gegen Missbrauch abzusichern. Die Neuregelung beinhaltet daher neben engen Auflagen, etwa betreffend schwerster Krankheiten, unter anderem ein einzuhaltendes Prozedere mit ÄrztInnen, die Einhaltung einer Bedenkzeit und eine wirksame Errichtung einer Sterbeverfügung. Die Neuregelung beschränkt sich auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen es künftig zulässig sein soll, jemandem beim Suizid Hilfe zu leisten. Bei der Tötung einer anderen Person auf deren Verlangen wird die Strafbarkeit nicht angetastet. Parallel habe das Gesundheitsressort einen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung auf den Weg gebracht, wie Justizministerin Alma Zadić im Ausschuss betonte.

Verlängerung der Kronzeugenregelung

Ebenfalls mit Mehrheit, ohne die Stimmen der NEOS, hat der Justizausschuss die Verlängerung der "großen Kronzeugenregelung" ins Plenum geschickt, die mit Jahresende auslaufen würde. Mit der Änderung der Strafprozessordnung wird die Regelung um weitere sieben Jahre verlängert. Zudem wird die Kriminalpolizei in den Kreis der Behörden einbezogen, an die der Kronzeuge/die Kronzeugin herantreten kann. Zusätzlich zu um Kronzeugenstatus ansuchende Unternehmen können künftig auch die einzelnen MitarbeiterInnen ihr Wissen offenbaren. Mit einem Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Ausschuss den Entwurf noch adaptiert, um inzwischen in Kraft getretene Änderungen der Strafprozeßordnung im Gesetzestext zu berücksichtigen.

Urheberrechts-Novelle 2021 für digitales Umfeld

Mit einer umfassenden Novelle soll das Urheberrecht an das digitale und grenzüberschreitende Umfeld angepasst sowie die Lizenzierungspraxis und die Gewährleistung eines breiteren Zugangs zu Inhalten verbessert werden. So wird die urheberrechtliche Verantwortung großer Plattformen für den Upload geschützter Werke durch ihre NutzerInnen geklärt: demnach ist künftig eine Lizenz der UrheberInnen einzuholen. Maßnahmen der Plattformen sollen jedenfalls nicht dazu führen, dass erlaubte Nutzungen unterbunden werden, auch im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit. Daher sind den Erläuterungen zufolge dort etwa Inhalte zugänglich zu machen, bei denen die NutzerInnen bereits beim Hochladen erklärt haben, dass diese erlaubt sind ("Pre-flagging"). Kleine Teile von Werken – die Rede ist beispielsweise von 15-Sekunden-Ausschnitten von Filmen oder Musik - sollen nicht automatisch blockiert werden. Wenn Plattformen systematisch überbordende Schutzmaßnahmen setzen, die dazu führen, dass erlaubte Nutzungen auf der Plattform unterbunden werden, habe die KommAustria als im Entwurf vorgeschlagene Aufsichtsbehörde ein Aufsichtsverfahren einzuleiten.

Insgesamt sind die zahlreichen Neuerungen im Urheberrecht auch auf eine Umsetzung entsprechender EU-Richtlinien zurückzuführen. Die Umsetzung des EU-weit harmonisierten Urhebervertragsrechts erfolgt laut Vorlage durch Einführung eines Grundsatzes der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung, eines Vertragsanpassungsmechanismus bei unerwartetem Erfolg und mit Auskunftsansprüchen. Außerdem werde die Verhandlungsposition von UrheberInnen bzw. ausübenden KünstlerInnen gestärkt, etwa durch Einführung des Zweckübertragungsgrundsatzes und mit Regelungen über Rechte an unbekannten Verwertungsarten. Die Materie wurde im Justizausschuss mit den Stimmen von ÖVP und Grünen auf den Weg gebracht. Ein Abänderungsantrag zu bestimmten Inkrafttretensbestimmungen für angemessene Vorbereitungszeiten wurde mitbeschlossen.

Valorisierung von Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen

Zu einer Valorisierung der Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen liegt das sogenannte Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 vor. Dem Entwurf zufolge sollen die Pauschalversicherungssummen für Fahrzeuge sowie die Summen für Personenschäden im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben im Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz (KHVG) prozentual erhöht werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge im Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz sowie in denjenigen Haftpflichtgesetzen, die sich betragsmäßig an den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Summen orientieren, vorgesehen. Dies gelte für das Reichshaftpflichtgesetz, für das Gaswirtschaftsgesetz sowie für das Rohrleitungsgesetz, so die Erläuterungen. Die Vorlage wurde im Ausschuss einhellig beschlossen.

Verlängerung von Corona-Regelungen

Das Außerkrafttreten des 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes soll um sechs Monate auf den 30. Juni 2022 verschoben werden. Das betrifft unter anderem die Möglichkeit, für weitere sechs Monate bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen per Video durchzuführen sowie die Gebührenfreiheit der Unterhaltsvorschussgewährung zu gewähren. Damit Gesellschaften auch noch im ersten Halbjahr 2022 virtuelle Versammlungen durchführen können, soll auch die entsprechende Regelung des Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetzes um sechs Monate verlängert werden.

Zudem sollen für SteuerberaterInnen und WirtschaftsprüferInnen die Aufstellungs- und Offenlegungsfristen erstreckt werden. Eine Verlängerung bis 30. Juni 2022 in der Rechtsanwaltsordnung betrifft unter anderem die Möglichkeit der postalischen Erledigung von Aufgaben der Rechtsanwaltskammer. Änderungen im Zivilrechts-Mediations-Gesetz betreffen eine Berichtigung zu Übergangsbestimmungen, damit die Fortbildungsverpflichtung für eingetragene MediatorInnen auch nach dem 31. Dezember 2021 in Geltung bleibt. Im Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetz soll die Bestimmung betreffend die Kosten, die einem durch die Bezirksverwaltungsbehörde vertretenen Minderjährigen in gerichtlichen Verfahren zu ersetzen sind, erst zwei Jahre später, am 31. Dezember 2023, außer Kraft treten.

Mit einem Abänderungsantrag im Ausschuss wurden weitere Fristen bis Ende Juni 2022 erstreckt. So sollen Mitgliederversammlungen von Vereinen weiterhin verschoben werden können, die achtmonatige Frist zur Durchführung von Hauptversammlungen von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften darf ebenfalls weiterhin überschritten werden.

Ein Ausschussantrag von ÖVP und Grünen verlängert die Möglichkeit von Videokonferenzen und Umlaufbeschlüssen zur Entscheidungsfindung in Gremien, die nach dem Parteien- und Medienrecht vorgesehen sind. Auch diese Möglichkeit wird bis Ende Juni 2022 verlängert.

Umbenennung der Justizwache in Justizpolizei

Keine Mehrheit im Plenum wird sich voraussichtlich für die von der FPÖ verlangte Umbenennung der Justizwache in Justizpolizei finden. Die Oppositionsfraktion argumentiert, das wäre ein logischer Schritt im Rahmen der Organisationsreform der inneren Sicherheit in Österreich.

Gewerbsmäßige Begehung

Ebenso in der Minderheit blieb im Ausschuss ein FPÖ-Antrag für Änderungen im Strafgesetzbuch und im Suchtmittelgesetz. Geht es nach der FPÖ, soll die gewerbsmäßige Begehung einer strafbaren Handlung auf ihre ursprüngliche Form zurückgeführt werden, da sie in der derzeit geltenden Fassung für die Staatsanwaltschaft und für die tägliche Arbeit der Polizei nicht handhabbar sei. Nach der geltenden Rechtslage führe der Kauf und Besitz von Kleinstmengen an Drogen für den Eigengebrauch nicht automatisch zu einer Anzeige, wenn TäterInnen mit den Gesundheitsbehörden kooperieren, stellen die Freiheitlichen fest.

Bauten und Wohnen

Der Bautenausschuss tritt kommenden Dienstag zusammen. Welche Vorlagen daraus ins Plenum kommen, ist noch unklar.

Verlängerung der Corona-Hilfen für selbstständige KünstlerInnen

Die Corona-Hilfen für selbstständige KünstlerInnen werden verlängert. Konkret setzten ÖVP und Grüne eine Initiative, um die Geltung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes um ein weiteres Quartal bis 31. März 2022 zu verlängern. Mit einem weiteren Initiativantrag der Koalitionsfraktionen werden kleinere redaktionelle Änderungen in einer Reihe von Gesetzen vorgenommen, die im Zuge der COVID-19-Hilfen für den Kunst- und Kulturbereich geschaffen wurden.

Voraussichtlich abgelehnt wird ein SPÖ-Antrag mit einer ähnlichen Zielrichtung. Darin fordern die SozialdemokratInnen von der Bundesregierung die Verlängerung der Corona-Unterstützungen für den Kulturbereich, wie den Härtefallfonds, die Überbrückungsfinanzierung für selbständige KünstlerInnen und den NPO-Fonds und ein Maßnahmenpaket für die Kulturbetriebe. Notwendig seien etwa Unterstützungen aufgrund niedriger BesucherInnenzahlen und klare Richtlinien für geförderte Institutionen bei coronabedingten Absagen.

Finanzielle Absicherung von Bundesmuseen und Bundestheater

Ebenfalls ins Leere wird wohl auch eine FPÖ-Entschließung gehen, in der sie eine finanzielle Absicherung für Bundesmuseen, die Österreichische Nationalbibliothek und die Bundestheater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19-Restriktionen fordern.

UrheberInnenvertragsrecht

Die SPÖ pocht in einem im Kulturausschuss abgelehnten Entschließungsantrag auf ein umfassendes UrheberInnenvertragsrecht, um die soziale und finanzielle Situation von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern.

Redaktionelle Änderungen im Familienlastenausgleichsgesetz

Ein von ÖVP und Grünen eingebrachter Initiativantrag auf Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes dient lediglich redaktionellen Änderungen. Im Konkreten soll das Wording an das aktuelle EU-Jugendprogramm "Europäisches Solidaritätskorps" angepasst werden.

Zuverdienstgrenze bei Kinderbetreuungsgeld

Durch einen Initiativantrag von ÖVP und Grünen soll ab 1. Jänner 2022 die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7.300 € auf 7.600 € erhöht werden. Damit soll geringfügige Beschäftigung während der Karenz weiter möglich sein. Während der Familienausschuss diesen Antrag einstimmig annahm, lehnte er mit Regierungsmehrheit das FPÖ-Anliegen ab, Schwangeren einen längeren Krankengeldbezug zuzugestehen.

Petitionen und Bürgerinitiativen

Befassen wird sich der Nationalrat auch mit einem Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, der sechs Petitionen umfasst. Dabei geht es unter anderem um mehr Rechtssicherheit für Dorfläden im ländlichen Raum, mehr Platz bei SchülerInnentransporten im Gelegenheitsverkehr und mehr Budget für inklusive Bildung. (Schluss) rei/mbu/keg

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.