Parlamentskorrespondenz Nr. 95 vom 01.02.2022

Neu im Gesundheitsausschuss

Kritik am Impfpflichtgesetz, Reform des Mutter-Kind-Passes, psychosoziale Versorgung, diskriminierungsfreie Blutspende

Wien (PK) – Zahlreiche neue Initiativen der Opposition wurden dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. So bringen etwa die Freiheitlichen erneut ihre vehemente Ablehnung gegenüber der Einführung der COVID-19-Impfpflicht in einem Antrag zum Ausdruck, in dem sie das Außerkrafttreten des COVID-19-Impfpflichtgesetzes fordern. Den NEOS geht es unter anderem um Anpassungen im Ärztegesetz, damit MedizinerInnen, die aus beruflichen Gründen das Bundesland wechseln oder ins Ausland gehen, nicht mehr einen beträchtlichen Teil ihrer Altersvorsorge verlieren. Außerdem sollen ihrer Ansicht nach im Zuge der Neugestaltung des Mutter-Kind-Passes zahnmedizinische Untersuchungen bis zum 18. Lebensjahr sowie ein Screening von Risikofaktoren für Autismus-Spektrum-Störungen aufgenommen werden. Die SPÖ wiederum will die Bezugsgruppe für den Corona-Bonus auf alle Personen im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich ausweiten, die psychosoziale Versorgung junger Menschen in Österreich sicherstellen sowie den diskriminierungsfreien Zugang zur Blutspende umsetzen.  

FPÖ für Außerkrafttreten des COVID-19-Impfpflichtgesetzes

Die FPÖ hat einen Antrag zur Änderung des COVID-19-Impfpflichtgesetzes eingebracht (2227/A). Damit soll das Gesetz am zweiten Tag nach der Kundmachung wieder außer Kraft treten. Die Freiheitlichen bewerten die Impfpflicht als ungeeignet, unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig. Der Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung könne mit den aktuellen Impfungen nicht gewährleistet werden, so die AntragstellerInnen. In der Begründung geben sie zu bedenken, dass die Corona-Impfungen als kein adäquates Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels – nämlich dem Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung – angesehen werden können, zumal Impfquote und Verbreitung des Virus nicht korrelieren würden. Außerdem würden von Seiten der Europäischen Arzneimittelagentur noch immer entscheidende Daten fehlen, insbesondere was die Wirkung und Nebenwirkungen der Präparate betrifft. Gleichlautende Anträge wurden dem Sozialausschuss (2226/A) und dem Konsumentenschutzausschuss (2228/A) zugewiesen.

NEOS orten Ungerechtigkeiten beim Wohlfahrtsfonds und schlagen entsprechende Novellierung des Ärztegesetzes vor

Wenn ÄrztInnen aus beruflichen Gründen das Bundesland wechseln oder ins Ausland gehen, verlieren sie derzeit einen beträchtlichen Teil ihrer Altersvorsorge, zeigen die NEOS in einem Entschließungsantrag kritisch auf (2195/A(E) ). Es würden dann nämlich deutliche Verluste bezüglich der geleisteten Beiträge an die von den einzelnen Landes-Ärztekammern unterhaltenen Wohlfahrtsfonds entstehen, die nach Auffassung von Gerald Loacker sachlich in keiner Weise zu rechtfertigen seien. Auch allfällige Wertsteigerungen aus der Veranlagung bisheriger Einzahlungen würden nicht berücksichtigt. Dies stelle nicht nur eine Teilenteignung von beruflich mobilen ÄrztInnen durch deren – nicht frei wählbare – Berufsvertretung dar, sondern sei auch mit den unionsrechtlichen Grundsätzen der Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht in Einklang zu bringen. Es sei  daher hoch an der Zeit, diese Bestimmung im Ärztegesetz jenen Grundsätzen in Bezug auf die Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrages anzugleichen, die in anderen Bereichen der kapitalgedeckten Altersvorsorge in Österreich, nämlich im Betriebspensionsgesetz (BPG), Gültigkeit haben.  

NEOS wollen Impfstatus bei Vorsorgeuntersuchungen erheben lassen

Nachdem viele PatientInnen nicht darüber Bescheid wüssten, wann es Zeit sei, notwendige Impfungen aufzufrischen, treten die NEOS für eine Verbesserung der Datenlage in diesem Bereich ein. Mit der praktischen Umsetzung des e-Impfpasses werde zwar eine wichtige Grundlage dafür geschaffen, allerdings müssten dann auch alle früheren Impfungen darin erfasst werden, zeigt Abgeordnete Fiona Fiedler auf. Sie schlägt daher vor, dass in einem ersten Schritt der Impfstatus im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen erhoben werden soll. Es sei nämlich davon auszugehen, dass jene Personen, die Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen, ein erhöhtes Interesse an ihrer Gesundheit und deren Erhalt haben. Ziel wäre es jedenfalls, dass auf Basis des e-Impfpasses Erinnerungen für nötige Auffrischungsimpfungen verschickt werden (2205/A(E) ).

NEOS: Mehr Fokus auf Zahngesundheit sowie Autismusscreening im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen

NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler erinnert daran, dass sich der Nationalrat im Juni 2021 auf Basis eines einstimmigen Beschlusses dafür ausgesprochen hat, den Mutter-Kind-Pass zum Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr weiterentwickeln zu wollen (2206/A(E) ). Im Zuge dieser Neukonzeption sollten auch gleich notwendige Reformen angegangen werden, argumentiert die Antragstellerin, die sich vor allem für die Aufnahme von zahnmedizinischen Untersuchungen stark macht. Dies wurde auch vom Ludwig-Bolzmann-Institut empfohlen, das sich für ein Screening von Zahnerkrankungen bis zum 18. Lebensjahr der Kinder ausspricht. Im Konkreten sollen alle Kinder ab dem 7. Lebensmonat bei jedem Mutter-Kind-Pass-Termin auf Zahnerkrankungen und Risikofaktoren untersucht werden. Dazu gehörten eine Anamnese, eine Beratung zu den Themen Fluoride, Ernährung, Mundhygiene etc. sowie eine Inspektion der Mundhöhle. Zusätzlich soll bei allen Kindern zwischen dem 10. und 14. Lebensmonat ein erweitertes Screening (insbesondere zur Früherkennung von frühkindlicher Karies) durch  ZahnärztInnen erfolgen. Diese Maßnahme würde zudem den Vorteil bieten, dass nicht nur die Zahngesundheit kontrolliert wird, sondern auch eventuelle kieferorthopädische Maßnahmen rasch in die Wege geleitet werden könnten.

In einem weiteren Antrag setzt sich Fiedler dafür ein, bei der Ausgestaltung des neuen Eltern-Kind-Passes auch "ein ordentliches Screening von Risikofaktoren für Autismus-Spektrum-Störungen vorzusehen" (2207/A(E)). Generell seien Screeninguntersuchungen in diesem Bereich für die breite Bevölkerung nicht zu empfehlen, da es zu oft zu Fehldiagnosen komme, gibt die NEOS-Abgeordnete zu bedenken. Damit ÄrztInnen möglicherweise betroffene Kinder besser beobachten können, müsse aber zumindest eine Erhebung der Risikofaktoren stattfinden.

SPÖ: Ausweitung des Corona-Bonus auf alle "HeldInnen der Krise" im Gesundheits-, Pflege und Sozialbereich

Mitten in der Omikron-Welle der Corona-Pandemie sei der Einsatz unzähliger Menschen im Gesundheits-, Sozial- und Pflegebereich wichtiger denn je, um das gesamte System einsatzfähig zu halten, heben die SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner und Philip Kucher in einem Entschließungsantrag hervor (2212/A(E) ). Obwohl diese "HeldInnen der Krise" oft mit großem persönlichem Risiko sowie unter Einsatz ihrer eigenen Sicherheit und Gesundheit das  Land seit zwei Jahren am Laufen halten, habe nur ein Teil von ihnen nach langen bürokratischen Verzögerungen eine gewisse Anerkennung in Form eines steuerfreien 500 €-Corona-Bonus erhalten. Viele ArbeitnehmerInnen seien aber bedauerlicherweise nicht einbezogen worden, beklagen die Antragsteller, wie etwa die SanitäterInnen in den Rettungs- und Krankentransportorganisationen, KrankenpflegerInnen in öffentlichen und privaten Einrichtungen, MitarbeiterInnen in der Verwaltung und Technik, aber auch externe Reinigungs- und Sicherheitskräfte. Es ergeht daher von Seiten der SPÖ das dringende Ersuchen an die politisch Verantwortlichen, die Bezugsgruppe des Corona-Bonus auf alle Personen im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich auszuweiten.

SPÖ: Psychosoziale Versorgung für Kinder und Jugendliche endlich sicherstellen

In einem weiteren Antrag legen die SPÖ-Mandatare Mario Lindner und Philip Kucher einen umfassenden Aktionsplan zur Sicherstellung der psychosozialen Versorgung junger Menschen in Österreich vor (2213/A(E)). Für die gesamte Bevölkerung stelle die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen eine massive psychosoziale Belastung dar; besonders betroffen davon seien aber immer stärker Kinder und Jugendliche. Laut einer aktuellen Studie des Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit der Donau-Universität Krems würde sich bereits bei 62% der Mädchen und bei 38% der Burschen eine zumindest mittelgradige depressive Symptomatik zeigen. Rund ein Fünftel der Mädchen und 14% der Burschen würden sogar unter wiederkehrenden suizidalen Gedanken leiden.

Die Politik sei mehr denn je gefordert, für eine integrierte, flächendeckende psychosoziale Versorgung für alle Menschen in Österreich zu sorgen, unterstreichen die Antragsteller, zumal das Angebot für Kinder und Jugendliche schon vor der Pandemie beschämend gering gewesen sei. Der von ihnen präsentierte Aktionsplan enthält neben der Durchführung einer speziell auf Kinder und Jugendliche zugeschnittenen Informationsoffensive vor allem die zentrale Forderung nach der Sicherstellung einer Therapie- und Betreuungsplatz-Garantie für jeden psychisch erkrankten jungen Menschen ohne monatelange Wartezeiten. Im Fokus müssten dabei die Entlastung kinder- und jugendpsychiatrischer Einrichtungen durch wohnortnahe und ambulante Betreuungsangebote sowie die Absicherung der psychosozialen Versorgung in ländlichen Gebieten stehen. Parallel dazu brauche es ein umfassendes Investitionspaket, durch das einerseits Maßnahmen zur Reduktion der akuten aktuellen Krisensituation finanziert werden können als auch langfristige Schritte zur Ausbildung von ausreichend FachärztInnen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. 

SPÖ: Diskriminierungsfreie Blutspende muss endlich umgesetzt werden

Seit nunmehr zwei Jahren werde eine intensivere Debatte zum Thema Diskriminierung beim Zugang zur Blutspende in Österreich geführt, heißt es in einem SPÖ-Entschließungsantrag (2233/A(E)). Trotz diverser politischer Absichtserklärungen würden aber Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) beispielsweise vom Roten Kreuz noch immer für zwölf statt vier Monate von der Blutspende ausgeschlossen, was klar den Vorgaben des Gesundheitsministeriums widerspreche. Eine ähnliche Diskriminierung würden auch Personen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität erfahren, führt SPÖ-Abgeordneter Mario Lindner ins Treffen.

Länder wie Frankreich oder Griechenland, wo der Zugang zur Blutspende in Hinkunft diskriminierungsfrei gestaltet sein werde, würden zeigen, dass eine Politik, die den Zugang zur Blutspende auf Basis des individuellen Risikoverhaltens und nicht auf Basis der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität regelt, möglich sei. Beide Staaten reihten sich in die wachsende Zahl von Ländern ein, die gerade angesichts der Corona-Pandemie unwissenschaftlicher Diskriminierung bei der Blutspende ein Ende bereitet haben. Es soll daher auch in Österreich umgehend ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität in der Blutspenderverordnung festgeschrieben werden, lautet die zentrale Forderung. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Gleichbehandlungsausschuss zugewiesen (2234/A/(E)). (Schluss) sue