Parlamentskorrespondenz Nr. 192 vom 01.03.2022

Investitionskontrollgesetz: Massiver Anstieg an Verfahren im ersten Jahr

Wirtschaftsministerin Schramböck legt ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle vor

Wien (PK) – Die neuen Regeln nach dem Investitionskontrollgesetz haben zu einem massiven Anstieg an Verfahren geführt, wird im ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle für den Zeitraum 25. Juli 2020 bis 24.Juli 2021 ausgeführt, der dem Nationalrat vorliegt (III-584 d.B.). Seit Inkrafttreten seien insgesamt 50 Genehmigungsanträge und Anträge auf Ausstellung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen geführt und abgeschlossen worden, weitere 20 Verfahren waren anhängig, keines der Genehmigungsverfahren sei zurückgewiesen worden. Nach den früheren Bestimmungen seien in rund 8 Jahren davor nur 25 Verfahren geführt worden.

Das Inkrafttreten des Investitionskontrollgesetzes am 25. Juli 2020 habe eine neue Ära der Kontrolle von ausländischen Direktinvestitionen eingeleitet und eine effektivere Kontrollmöglichkeit geschaffen, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck im Bericht. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes seien die unterschiedlichsten Sektoren und Bereiche erfasst, wie beispielsweise der Gesundheitsbereich, die Energieversorgung, die chemische Industrie oder etwa die Informationstechnik. Auch besonders sensible Bereiche wurden definiert, darunter Verteidigungsgüter, 5G oder Forschung und Entwicklung in den Bereichen Impfstoffe und persönliche Schutzausrüstung. Zusätzlich habe sich der EU-Kooperationsmechanismus als geeignetes Kontrollinstrument für ausländische Direktinvestitionen erwiesen.

Attraktiver Standort für ausländische Investoren

Betroffene Bereiche für die Verfahren waren laut Bericht beispielsweise der Gesundheitsbereich (14), Datenverarbeitung und IT-Sektor (je 6) oder Finanzen (4). Gerade die COVID-19-Krise habe den Bedarf nach Schutz der Versorgungssicherheit in besonderen, sensiblen Bereichen wie beispielsweise im Infrastruktur- und Gesundheitsbereich gezeigt. Herkunftsländer waren dabei zu einem überwiegenden Großteil die Vereinigten Staaten (31) und das Vereinigte Königreich (12).

Die Zahlen würden deutlich zeigen, dass Österreich zu den attraktivsten europäischen Ländern für ausländische Investoren zähle. Im unionsweiten Vergleich mit jenen Mitgliedstaaten, die über einen Screeningmechanismus verfügen, zähle Österreich außerdem zu jenen Mitgliedstaaten, die am meisten Anträge im Rahmen des EU-Kooperationsmechanismus notifizieren. Zusammengefasst wird im Bericht neben den nationalen Verfahren auch die EU-Verfahrensstatistik sowie die legistischen Entwicklungen zur Investitionskontrolle, aber auch Informationen etwa zur Zusammensetzung und Befassung des Investitionskontrollkomitees.

Österreich bleibt weiterhin Nettokapitalexporteur

Während es im Jahr 2020 im Zuge der Corona-Pandemie weltweit betrachtet zu einem enormen Rückgang bei den ausländischen Direktinvestitionen (FDI - foreign direct investment) von minus 35% FDI-Flüssen im Vergleich zu 2019 gekommen sei, habe Europa bei den Zuflüssen mit einem Minus von 80% den stärksten Rückgang aller Kontinente verzeichnen müssen. Schätzungen zur Erholung seien vor allem auch pandemiebedingt mit Unsicherheit behaftet.

Österreich war dem Bericht zufolge vom weltweit negativen Trend im Jahr 2020 nicht ausgenommen, sowohl aktiv- als auch passivseitig seien negative Werte verzeichnet worden. Aktiv bezeichnet österreichische Investitionen im Ausland, passiv hingegen ausländische Investitionen in Österreich. Bei den Flüssen waren die Desinvestitionen aus dem Ausland in Österreich stärker als jene von ÖsterreicherInnen im Ausland. Aktiv wurden Desinvestitionen von -2,1 Mrd. €, passiv sogar -13,2 Mrd. € verzeichnet. Österreich bleibe damit weiterhin ein Nettokapitalexporteur. Die aktiven Bestände fielen im Kalenderjahr 2020 um -9,1% auf 193,6 Mrd. €, die passiven Bestände um -5,1%auf 163,7 Mrd. €. Bei den FDI-Beständen liege Deutschland für das Jahr 2020 trotz hoher Desinvestitionen weiterhin an erster Stelle mit einem Gesamtinvestitionswert von 49,0 Mrd. €, was 30% der ausländischen FDI-Bestände in Österreich entspricht. Zweitwichtigstes Investorland ist dem Bericht zufolge für das Jahr 2020 Russland mit einem Anteil von 13,1% bzw. 21,4 Mrd. €, danach kommt die Schweiz mit 7,7% bzw. 12,6 Mrd. €.

Im Jahr 2020 wurden laut Bericht in Österreich mit 0,7 Mrd. € die meisten neuen Investitionen im Bereich Elektrotechnik, Elektronik und Optik getätigt, gefolgt von Chemie, Kunststoff, Pharmaka mit 0,4 Mrd. € und Information und Kommunikation mit ebenfalls 0,4 Mrd. €. Die Desinvestitionen waren im Dienstleistungsbereich am stärksten, die größten Rückgänge hatte die Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen mit -8,1 Mrd. € zu vermelden, gefolgt vom Handel (-3,3 Mrd. €) und dem Finanz- und Versicherungswesen (-1,5 Mrd. €).

Analyse der OeNB: Trend 2021 zeigt Erholung der Direktinvestitionsbestände

Der Bericht enthält weiters Beiträge von Einrichtungen mit umfassenden Erfahrungen im Bereich ausländischer Direktinvestitionen in Österreich, und zwar der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) und der Austrian Business Agency (ABA).

Erste Trends für das Jahr 2021 deuten nach den Rückgängen im Jahr 2020 der ausführlichen OeNB-Analyse zufolge in Österreich auf eine Erholung der Direktinvestitionsbestände hin. Diese dürften demnach bei den aktiven Direktinvestitionen stärker ausfallen als bei passiven. In beiden Fällen seien die Gründe dafür eine verbesserte Ertragslage der Unternehmen sowie positive Salden aus Eigenkapitaltransaktionen und Konzernkreditfinanzierungen. (Schluss) mbu


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