Parlamentskorrespondenz Nr. 328 vom 30.03.2022

Neu im Gleichbehandlungsausschuss

Anträge zu Gewaltschutz, Frauengesundheitsbericht, diskriminierungsfreie Blutspende, Konversionstherapie-Stopp und Männerberatung

Wien (PK) – Für mehr Gewaltprävention plädieren die NEOS und die SPÖ in ihren Initiativen im Gleichbehandlungsausschuss. Beide Fraktionen fordern eine bundesweite Koordinierungsstelle gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Während NEOS auch noch für ein automatisches Pensionssplitting eintritt, ist der SPÖ weiters die finanzielle Absicherung der bundesweiten Männerarbeit und Männerberatung ein Anliegen. Auch fordert die Sozialdemokratie ein Ende der Konversionstherapie bei Minderjährigen.

Für alle fünf Fraktionen steht die Erstellung eines Frauengesundheitsberichts im Fokus. Die Verbesserung der Frauengesundheit und die Stärkung der Gender-Medizin ist Ziel eines gemeinsamen Entschließungsantrags (2351/A(E)). Die Gesundheitsrisiken, das Gesundheitsverhalten und die Krankheitsverläufe seien bei Männern und Frauen unterschiedlich, begründen die Mandatarinnen den Antrag. Die Fokussierung der Medizin, insbesondere der medizinischen Forschung als Standard für Diagnose und Therapie von Krankheiten, führe zu Fehldiagnosen bei Frauen. Die Corona-Pandemie habe die Relevanz von Gendermedizin besonders deutlich gezeigt, Frauen würden doppelt so oft an Long-COVID erkranken. Der Bundesminister für Gesundheit müsse daher umgehend einen aktuellen Frauengesundheitsbericht vorlegen, um daraus Maßnahmen zur Verbesserung der Frauengesundheit abzuleiten.

NEOS wollen Frauenberichte bereits alle fünf Jahre

Umfassende Frauenberichte sollen außerdem die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesamtsituation der Frauen in Österreich zum Vorschein bringen. In einem weiteren Entschließungsantrag (2262/A(E)) fordern die NEOS die rasche Umsetzung umfassender Frauenberichte alle fünf Jahre. Bis 1995 sei im Abstand von jeweils zehn Jahren ein umfassender Frauenbericht erstellt worden, welcher Aufschluss über die Herausforderungen und Entwicklungen in der österreichischen Frauenpolitik gegeben und somit einen wesentlichen Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern in unterschiedlichsten Bereichen geleistet habe. Der bisher letzte Frauenbericht sei gar bereits im Jahr 2010 erschienen. Doch gerade durch die Pandemie gäbe es viele Bereiche, wie unbezahlte Care-Arbeit, Aufteilung der Kinderbetreuung zwischen beiden Elternteilen, Umsetzung der Istanbul-Konvention oder dem Gleichstellungsziel der UNO (SDG5) sowie dem Schließen des Gender Pay Gap, welche intensiv erforscht werden müssten. Evidenzbasierte und erfolgreiche Frauen- und Gleichstellungspolitik müsse anhand einer umfassenden Datengrundlage für zielgerichtete Maßnahmen geschehen. Die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien soll den Frauenbericht schnellst möglichst realisieren und in einem Abstand von fünf Jahren dem Nationalrat vorlegen.

NEOS: Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen

Zur Gewalt gegen Frauen gäbe es in Österreich weder konkrete Daten zu Femiziden, noch würden geschlechtsspezifische Motive von Gewalttaten erfasst, kritisieren die NEOS in einem Entschließungsantrag (2259/A(E)). Damit fehle einer evidenzbasierten Gewaltschutzpolitik die empirische Grundlage. Für die Antragstellerin Henrike Brandstötter sind Femizide untrennbar mit frauenverachtenden Haltungen und "patriarchalen Strukturen" verbunden, basieren auf tradierten Geschlechtszuschreibungen und stellen somit "Mord gewordenen strukturellen Sexismus" dar. Um dieses Phänomen sichtbar zu machen und adäquat bekämpfen zu können, fordern die NEOS, nicht wie bisher Morde nur nach Geschlecht zu erheben, sondern auch die Beziehung zwischen Opfer und Täter sowie etwaige geschlechtsspezifische Motive zu erfassen. Femizide sollen in der polizeilichen Kriminalstatistik gesondert ausgewertet werden. Ein gleichlautender Antrag (2263/A(E)) wurde dem Innenausschuss zugewiesen.

SPÖ und NEOS fordern bundesweite Koordinierungsstelle gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt

Eine weitere Initiative der NEOS zielt darauf ab, eine unabhängige staatliche Koordinierungsstelle im Kampf gegen Femizide im Bundeskanzleramt einzurichten. Mandatarin Henrike Brandstötter begründet ihren Entschließungsantrag (2265/A(E)) mit den enormen Steigerungen im Bereich Femizide und Gewalttaten gegen Frauen. Allein im Jahr 2021 seien zwischen 26 und 31 Femizide verübt worden– "je nachdem, wo man sich informiere". Leider sei die Datenlage in Österreich, wie auch in den meisten anderen EU-Ländern, zum Thema Femizide mangelhaft. Dabei bilde eine solide Datengrundlage wie in so vielen anderen Bereichen auch, die Basis für evidenzbasierte Gewaltschutzpolitik. Eine zentrale Koordinierungsstelle der Datenerhebung und der Maßnahmensetzung sei dringend erforderlich. Die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien müsse daher dringendst eine unabhängige staatliche Koordinierungsstelle im Bundeskanzleramt einrichten. Diese Koordinierungsstelle solle außerdem den internationalen Datenaustausch zu diesen Themen ermöglichen und den Austausch von Best Practices zur Verhinderung von Femiziden und Gewalt gegen Frauen fördern.

In dieselbe Richtung zielt auch der Entschließungsantrag der SPÖ ab. Die 2011 erfolgte Unterzeichnung der Istanbul-Konvention habe als Ziel die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt gehabt. Der Artikel 10 der Istanbul-Konvention sehe die Einrichtung einer offiziellen Koordinierungsstelle vor, argumentiert SPÖ-Mandatarin Eva-Maria Holzleitner den Entschließungsantrag (2284/A(E)). Österreich habe bisher lediglich eine "Interministerielle Arbeitsgruppe" eingerichtet, welche weder unabhängig , noch in der Lage sei, Maßnahmen zu implementieren. Andere Länder – wie etwa Spanien - hätten bereits wesentlich mehr unternommen. Die Einrichtung einer bundesweiten Koordinierungsstelle gegen Gewalt an Frauen sei ein wesentlicher Bestandteil der Umsetzung der Istanbul-Konvention und müsse von der Ministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien rasch umgesetzt werden.

SPÖ: Gewaltschutz durch bundesweite finanzielle Absicherung der Männerarbeit und Männerberatung notwendig

31 Femizide in Österreich 2021, begangen von Männern, systematische Probleme von Gewalt gegen Frauen, Sexismus und Frauenfeindlichkeit in allen Teilen der Gesellschaft seien nur die Spitzen einer Entwicklung, die sich gerade in den vergangenen Monaten verstärkt hätte, begründet SPÖ-Abgeordneter Mario Lindner seinen Entschließungsantrag (2232/A(E)) und fordert den Ausbau der Männerarbeit. Präventionsarbeit in diesem Bereich würde auf vielfältigste Art helfen, gewalttätiges Handeln von Männern zu verhindern und gewaltfördernde Rollenbilder aufzubrechen. Die Einrichtungen der Männerarbeit und Männerberatung, sowie der fortschrittlichen Burschen- und Väterarbeit würden schon jetzt immens wichtige Angebote bieten, doch die finanzielle Absicherung sei unzureichend.

Es brauche den flächendeckenden Ausbau dieser Einrichtungen in ganz Österreich, um einerseits die Präventionsarbeit mit Burschen und Männern ebenso durchführen zu können, als auch die opferschutzorientierte Täterarbeit mit jenen Männern, die bereits manifestes Gewalthandeln gezeigt hätten, zu leisten. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz müsse daher umgehend ein Modell zur langfristigen Basisfinanzierung von Einrichtungen der Männerarbeit und Männerberatung, sowie für Burschen— und Väterarbeit in Zusammenarbeit mit ExpertInnen erarbeiten und mit ausreichend finanziellen Mitteln ausstatten.

NEOS: Automatisches Pensionssplitting gegen Frauenaltersarmut

Für Gleichheit in der Pension plädieren die NEOS in ihrem Entschließungsantrag (2381/A(E)). Zwei Drittel der 200.000 Menschen mit Ausgleichszulage seien Frauen, begründet NEOS-Mandatar Gerald Loacker den Antrag. Es zeige sich auch, dass das freiwillige Pensionssplitting kaum genutzt werde. Das derzeitige System sei eine Fehlkonstruktion und führe zu einer längerfristigen Beschäftigungslosigkeit von Frauen. Eine Einführung eines automatischen Pensionssplittings wäre gerade jetzt genau richtig, da die Pandemie die traditionellen Rollenbilder verstärkt hätte und dies weitreichende Auswirkungen auf die Alterssicherung von Frauen habe. Dabei würde es sich um eine budgetneutrale Maßnahme gegen Altersarmut handeln, vor allem gegen Frauenaltersarmut. Pensionsbeiträge aus den Kindererziehungszeiten und dem Erwerbseinkommen würden dadurch fair und automatisch zwischen PartnerInnen aufgeteilt. Die Bundesregierung solle eine Regierungsvorlage vorlegen, die ein automatisches Pensionssplitting vorsehe. Die erworbenen Pensionsbemessungsgrundlagen zweier Elternteile sollten für einen beschränkten Zeitraum geteilt werden, eine Opt-Out-Möglichkeit bei einvernehmlicher Entscheidung möglich sein.

SPÖ: Diskriminierende Regelungen beim Blutspenden sollen aufgehoben werden

Die Aufhebung der derzeit bestehenden Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern sowie transidenten Personen beim Blutspenden, hat der Entschließungsantrag (2234/A(E)) der SPÖ zum Ziel. Gerade angesichts der noch immer andauernden Corona-Pandemie sei eine diskriminierungsfreie Blutspendevon besonderer Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens in Österreich. Es fehle ein explizites Diskriminierungsverbot in der Blutspenderverordnung und noch immer werden Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), beispielsweise vom Roten Kreuz, entgegen den Vorgaben des Gesundheitsministeriums für 12 statt 4 Monate von der Blutspende ausgeschlossen.SPÖ-Nationalrat Mario Lindner ist überzeugt, dass eine Änderung hier vonnöten sei. Mehr als ein Jahr nach dem Hearing des Gesundheitsausschusses im Nationalrat am 1. Dezember 2020, bei dem sich alle medizinischen ExpertInnen für ein rasches Ende des De-Facto-MSM-Ausschlusses ausgesprochen haben, dauere die Diskriminierung dieser Gruppe weiter an. Der Gesundheitsminister müsse umgehend ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität in der Blutspenderverordnung festschreiben und damit einen Zugang zur Blutspende auf Basis des individuellen Risikoverhaltens, anstatt der Gruppenzugehörigkeit zu garantieren.

SPÖ: Konversionstherapien endlich stoppen

Die SPÖ fordert ein Verbot von sogenannten Konversions- und anderen reparativen Therapieformen an Minderjährigen (2231/A(E)). Bereits im Juli 2021 wurde mit einem einstimmigen Beschluss im Nationalrat das Gesundheitsministerium in Abstimmung mit dem Justizministerium um die Ausarbeitung einer entsprechenden Regierungsvorlage ersucht, zeigt Antragsteller Mario Lindner auf. Bis heute seien die bisherigen Beschlüsse aber folgenlos, lautet der Vorwurf. Während in anderen Ländern schon an einer Ausweitung auf alle Altersgruppen hingearbeitet wird, werde das gesetzliche Verbot dieser gefährlichen Praktiken in Österreich trotz zweimaligen Beschlusses im Nationalrat verzögert, führt Lindner an. Die SPÖ fordert die BundesministerInnen Raab, Zadic und Rauch auf, die Entschließung des Nationalrats (184/E) zum Verbot von Behandlungen bei Minderjährigen sowie Volljährigen umzusetzen und dem Nationalrat bis zum 31. März 2022 eine entsprechende Regierungsvorlage vorzulegen. (Schluss) mar