Parlamentskorrespondenz Nr. 357 vom 06.04.2022

Nationalratspräsident im Austausch mit dem Präsidenten Irlands Michael D. Higgins

Ukraine-Krieg, EU-Erweiterung und Rolle neutraler Staaten im Mittelpunkt des Gesprächs

Wien (PK) – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka tauschte sich heute Nachmittag mit dem Präsidenten Irlands Michael D. Higgins im Rahmen von dessen Österreich-Besuch aus. Zentrales Thema des Gesprächs war der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen für Europa und beide Länder. Sowohl Sobotka als auch Higgins verurteilten den Angriffskrieg und forderten Ermittlungen und ein Verfahren am Internationalen Gerichtshof zur Aufklärung von Kriegsverbrechen in der Ukraine. Die beiden Gesprächspartner betonten zudem die Rolle neutraler Staaten als Vermittler und die Wichtigkeit, weiterhin alle diplomatischen Kanäle für Verhandlungen zu nutzen, um einen Frieden herbeizuführen.

Internationaler Gerichtshof muss Kriegsverbrechen aufklären

Österreich verurteile die Angriffe auf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine aufs Schärfste, betonte Nationalratspräsident Sobotka in dem Austausch mit dem irischen Präsidenten. Für Österreich zähle die Stärke des Rechts und nicht das Recht der Stärkeren, hob Sobotka hervor. Es gebe keinerlei Rechtfertigung für diesen Angriffskrieg. Dieser sei ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht und bedrohe die internationale Ordnung. Russland habe mit den Angriffen auf ZivilistInnen und zivile Infrastruktur eine weitere rote Linie klar überschritten, zeigte sich Sobotka tief besorgt und schockiert über die Gräueltaten in den Vororten von Kiew, die humanitäre Situation in der Ukraine und die steigende Zahl ziviler Opfer und Vertriebener. Die Aufklärung und Dokumentation der Kriegsverbrechen müsse durch unabhängige BeobachterInnen vor Ort erfolgen und die Verantwortlichen vor dem Internationalen Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden, war sich Sobotka mit Präsident Higgins einig. Dementsprechende Ermittlungen seien rasch aufzunehmen.

Österreich und Irland befürworten Sanktionen gegen Russland

Österreich trage in Abstimmung mit der EU alle Sanktionen gegen Russland mit, betonte Sobotka. Diese würden sich aber oftmals schneller auf die europäischen Staaten als auf die kriegstreibende Partei auswirken, verwies Higgins auf die starke Energieabhängigkeit Europas. Es sei von entscheidender Bedeutung, die Bemühungen zur Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu beschleunigen.

Neutrale Staaten müssen vermitteln

Österreich sei militärisch gesehen ein neutraler Staat, erklärte Sobotka, nicht aber politisch; die Einhaltung des Völkerrechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts, sei eine rote Linie. Österreich werde alle Bemühungen für Verhandlungen und einen Waffenstillstand unterstützen. Die Aufgabe neutraler Staaten sei es, sich hier einzubringen, war sich der Nationalratspräsident mit Präsident Higgins einig. Die Initiativen unabhängiger Dritter hätten auch im Konflikt mit Nordirland vieles bewirkt, meinte Higgins, der auch auf die Tradition Österreichs in diplomatischen Initiativen hinwies.

EU-Beitritt der Ukraine und der Westbalkan-Staaten

Eine europäische Perspektive für die Ukraine müsse unterstützt werden, ein EU-Beitritt sei allerdings ein langfristiger Prozess, erklärte Sobotka. Den EU-Beitritt der Ukraine befürwortete auch Präsident Higgins und plädierte für Kompromisse im EU-Beitrittsverfahren. Sobotka und Higgins befürworteten beide den Beitritt der Westbalkan-Staaten. Man müsse deren Beitrittsperspektiven forcieren, da die Menschen die Geduld und das Vertrauen in Europa verlieren würden, meinte Sobotka und wies auf die geopolitische Bedeutung einer EU-Erweiterung in Richtung Westbalkan für Österreich hin.

Engagement der Bevölkerung für Ukraine beeindruckend

Österreich und Irland würden im Rahmen ihrer Möglichkeiten helfen und umfangreiche humanitäre Unterstützung in der Ukraine leisten. Die Bevölkerung habe dabei ihr zivilgesellschaftliches Engagement auf hervorragende Weise zum Ausdruck gebracht, zeigten sich Sobotka und Higgins beeindruckt. (Schluss) pst

HINWEIS: Fotos von diesem Besuch finden Sie auf der Website des Parlaments.