Parlamentskorrespondenz Nr. 406 vom 25.04.2022

Parlamentarische Bundesheerkommission präsentiert Jahresbericht 2021

Personalsituation in vielen Bereichen prekär, Beschwerdeaufkommen im Vergleich zum Vorjahr halbiert

Wien (PK) – Das Präsidium der Parlamentarischen Bundesheerkommission (PBHK) präsentierte heute im Rahmen eines Pressegespräches seinen Jahresbericht für 2021. Demnach seien im Berichtsjahr 294 Beschwerdeverfahren eingeleitet worden, die sich im Wesentlichen auf Angelegenheiten des Ausbildungs- und Dienstbetriebes sowie auf Ausrüstungs- und Unterbringungsmängel bezogen. Dies stelle eine Halbierung des Beschwerdeaufkommens im Vergleich zum Vorjahr dar, was die PBHK insbesondere darauf zurückführt, dass die im Rahmen des COVID-19-Assistenzeinsatzes seit März 2020 aufgetretenen Problematiken, betreffend die Einsatzbesoldung und die Dienst- bzw. Freizeitregelungen, einer für die SoldatInnen zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden konnten.

Die Vorsitzenden des Präsidiums Friedrich Ofenauer (ÖVP), Robert Laimer (SPÖ) und Reinhard Bösch (FPÖ) berichteten bei der Präsentation des Berichtes von einer angespannten Personalsituation aufgrund zahlreicher Pensionsabgänge und den damit verbundenen Kapazitätsengpässen und Verlust von Know-how. Weiters wurde auf den Aspekt der internationalen Zusammenarbeit sowie auf mehrere Prüfbesuche der Kommission eingegangen, bei denen unter anderem die Verpflegungssysteme des Bundesheeres einer Begutachtung unterzogen wurden.

Ofenauer: Augenmerk muss verstärkt auf Personalwerbung gelegt werden

Das Berichtsjahr 2021 sei wie schon das Vorjahr von der Pandemie geprägt gewesen, konstatierte Friedrich Ofenauer. Ungeachtet dessen habe die PBHK jedoch ihre Arbeit, wie die Durchführung von Prüfbesuchen, wahrgenommen. Die Halbierung der Beschwerdezahlen resultiere aus Gesetzesnovellierungen sowie neuen Regelungen bzw. angepassten Vorgehensweisen im militärischen Dienstbetrieb und demonstriere die gute Zusammenarbeit zwischen der PBHK und dem Verteidigungsministerium.

Das Bundesheer habe neben der komplexen Aufgabe der umfassenden Landesverteidigung wiederum zusätzliche Assistenzleistungen, wie die Unterstützung der Gesundheitsbehörden, erbracht, was für die SoldatInnen mitunter extreme Belastungen mit sich gebracht habe, so Ofenauer. Um den daraus entstehenden etwaigen Konfliktsituationen angemessen begegnen zu können, sei ein "Ventil" außerhalb des militärischen Rahmens notwendig. Die PBHK agiere in diesen Belangen objektiv und unabhängig, was auch einen Beitrag zum Qualitätsmanagement und zur bestmöglichen Aufgabenerfüllung darstelle.

Die Personalsituation des Bundesheeres beschrieb Ofenauer als angespannt, insbesondere angesichts anstehender Pensionsabgänge. Schon jetzt zeichne sich in einigen Teilbereichen ein Verlust von wichtigem Know-how ab. Dies gelte auch für die Miliz, woran auch die Einführung einer Freiwilligenprämie für Milizübungen oder eine Kaderausbildungsprämie für Soldaten, die eine Milizkaderausbildung bereits während des Grundwehrdienstes beginnen, nichts nachhaltig verändert habe. Daher betonte Ofenauer, dass künftig das Augenmerk noch verstärkter auf die Personalwerbung gelegt werden müsse.

Laimer: Verteidigungspolitik benötigt heute nicht nur Weitblick, sondern auch Weltblick

Auf den Aspekt der internationalen Zusammenarbeit ging Robert Laimer ein und erklärte, dass österreichische SoldatInnen in 14 Destinationen weltweit aktiv seien. Die Einsätze dienten der Friedenssicherung und seien Ausdruck der "solidarischen Haltung eines neutralen Landes". Solidarität nehme in einer globalisierten Welt einen immer wichtigeren Stellenwert ein und Österreich sei in dieser Hinsicht kein "Trittbrettfahrer". Vor allem der Krieg in der Ukraine demonstriere die Notwendigkeit, Friedenssicherung neu zu denken, so Laimer. Die prekäre geopolitische Lage zeige, wie wichtig die stetige Weiterentwicklung zum Wohle einer nachhaltigen Sicherheitsarchitektur sei. In einer globalisierten Welt müsse nicht nur Weitblick, sondern auch Weltblick bewiesen werden.

Die Relevanz internationaler Kooperation umfasse auch die Instanzen der Parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte der jeweiligen Länder, erklärte Laimer und verwies auf die Teilnahme der PBHK an der jährlich stattfindenden ICOAF (Internationale Konferenz der Ombudsinstitutionen für die Streitkräfte). Im Schnitt würden an dieser 30 Länder teilnehmen, um sich über die vielfältigen Aufgabenstellungen von demokratischen Kontrolleinrichtungen der Armeen auf bilateraler und multinationaler Ebene auszutauschen. 2023 werde diese wieder in Wien stattfinden. Österreich könne auf eine lange Tradition der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte zurückblicken, wie Laimer ausführte. Diese gehe bereits auf 1955, dem Jahr des Staatsvertrages zurück. Zusammen mit den skandinavischen Ländern und Deutschland verfüge Österreich über die am weitesten entwickelte demokratische Kontrolle der Streitkräfte.

Bösch: Personalnot führt zu Fähigkeitsverlust

Eine "dramatische Personalnot" in vielen Bereichen attestierte Reinhard Bösch dem Bundesheer. Diese würde nicht allein die aktiven SoldatInnen betreffen, sondern auch die Miliz, wo bereits ein signifikanter Fähigkeitsverlust zu verzeichnen sei. Im Präsidium der PBHK herrsche Einigkeit darüber, dass die Bemühungen der Bundesregierung zu begrüßen seien, angesichts des Krieges in der Ukraine den Fokus wieder auf die militärische Kernaufgabe der umfassenden Landesverteidigung zu legen. Es brauche nun eine Wiederbelebung sowohl der militärischen als auch der geistigen und zivilen Landesverteidigung im Sinne der Resilienz der Republik, wie Bösch plädierte. Denn nicht nur militärische Bedrohungen müssten in die weitere Planung miteinbezogen werden, sondern auch Risiken wie jenes eines Blackouts. Die angekündigten Budgeterhöhungen könnten sowohl hier als auch bei der notwendigen Aufstockung der KFZ-Bestände und der Modernisierung der Waffensysteme Abhilfe schaffen.

Reinhard Bösch ging auch näher auf die Kontrollarbeit der PBHK ein. Diese erfolgte vornehmlich in Form von Prüfbesuchen, unter anderem zur Begutachtung der Verpflegungssysteme. Nach erhaltenen Beschwerden über die Verfügbarkeit und Bekömmlichkeit der Verpflegung, habe die PBHK ein verbessertes Angebot an regionalen und saisonalen Speisen veranlasst. Weitere Prüfbesuche umfassten die Theresianische Militärakademie und die Heeresunteroffiziersakademie, wo einigen anonymen Beschwerden von KursteilnehmerInnen und Lehrenden nachgegangen werden konnte sowie das Jagkommando, bei dem sich die Personalgewinnung ebenfalls als größte Herausforderung erwiesen habe. Prüfbesuche im Ausland mussten aufgrund der Pandemie abgesagt werden.

Zudem verwies Bösch auf die Möglichkeit der PBHK, auf eigenen Beschluss hin amtswegige Prüfverfahren einzuleiten. Von dieser Möglichkeit wurde vierzehnmal Gebrauch gemacht. Im Wesentlichen seien diese durch Medienberichte veranlasst worden, die beispielsweise die Nichteinhaltung der COVID-19-Maßnahmen, unerlaubt gedrehte Videos in Kasernen oder Unterkunftsmängel beinhalteten. (Schluss) wit

HINWEIS: Fotos von dieser Pressekonferenz finden Sie auf der Website des Parlaments. Die Jahresberichte der Parlamentarischen Bundesheerkommission können Sie auf der Parlamentswebsite nachlesen.