Parlamentskorrespondenz Nr. 782 vom 28.06.2022

Budgetausschuss: 450 Mio. € für Energiekostenzuschüsse zur Absicherung der Liquidität von besonders betroffenen Unternehmen

Kritik der Opposition an der Abwicklung der Maßnahme sowie an fehlender Obergrenze beim Gasdiversifizierungsgesetz

Wien (PK) – Neben den Hilfspaketen für private Haushalte hat die Regierung nun auch Fördermaßnahmen für energieintensive Betriebe auf den Weg gebracht. Durch einen mit ÖVP-Grünen-Mehrheit gefassten Beschluss im Budgetausschuss erhält der Wirtschaftsminister die Möglichkeit, für diesen Zweck insgesamt 450 Mio. € bis Ende 2023 ausschütten zu können. Im Konkreten sieht das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz vor, dass Anteile von Mehraufwendungen für den Verbrauch von Treibstoffen, Strom und Gas mit bis zu 400.000 € pro Betrieb gefördert werden können. Bei gestiegenen Ausgaben für Strom und Erdgas sind abhängig von der Betroffenheit und Branche auch höhere Zuschüsse möglich. Die genauen Details sollen in einer Richtlinie festgelegt werden; entsprechende Anträge können bis Ende 2022 bei der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) eingebracht werden.

Zur Förderung des Ausstiegs aus russischem Erdgas und der Diversifizierung der Bezugsquellen hat der Nationalrat erst vor kurzem das sogenannte Gasdiversifizierungsgesetz beschlossen. Da die Koalitionsparteien davon ausgehen, dass die dafür vorgesehenen Mittel – 100 Mio. € pro Jahr von 2022 bis 2025 – aufgrund der weiteren Preissteigerungen nicht ausreichen werden, soll Energieministerin Leonore Gewessler im Einvernehmen mit Finanzminister Magnus Brunner am Verordnungsweg bis 31. Dezember 2023 auf zusätzliche Budgetmittel zur Sicherung der heimischen Gasversorgung zugreifen können. An dem dazu eingebrachten Antrag übten die Oppositionsparteien massive Kritik, zumal das zu novellierende Gesetz noch nicht im Bundesrat behandelt wurde. Der Antrag wurde daher nur von ÖVP und Grünen angenommen.

ÖVP und Grüne: Wichtige Fördermaßnahme für besonders energieintensive Branchen

Zur Absicherung der Liquidität von Unternehmen mit hohem Energiebedarf wollen ÖVP und Grüne Wirtschaftsminister Martin Kocher die haushaltsrechtliche Ermächtigung für sogenannte Vorbelastungen geben. In Abstimmung mit dem Finanzministerium kann das Ressort laut Entwurf bis zu 450 Mio. € für Zuschüsse an energieintensive Betriebe bereitstellen. Damit würden gewisse Mehraufwendungen für die Energiepreise (Treibstoff, Strom und Gas) mit einem nicht rückzahlbaren Zuschuss gefördert. Gelten soll die Regelung bis Ende 2023, wobei entsprechende Förderanträge an die Austria Wirtschaftsservice GmbH bis Jahresende 2022 gestellt werden müssen. Die Zuschussgewährung und der förderungsfähige Zeitraum ergeben sich aus dem von der EU-Kommission festgelegten befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge von Russlands Krieg gegen die Ukraine, heißt es im Initiativantrag (2680/A). Das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz (UEZG) wurde in der Fassung eines Abänderungsantrags, durch den die umfassende Prüfung der Förderungen gewährleistet werden soll, mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen. Mehrheitlich beschlossen wurde auch ein mit der Materie in Zusammenhang stehender Antrag auf Änderung des COVID-19-Förderungsprüfungsgesetzes.

Es würde nun wieder über eine halbe Milliarde Euro an Steuergeldern über die "Blackbox" AWS ausgeschüttet und niemand wisse, welche Unternehmen etwas bekommen, merkte SPÖ-Mandatarin Eva Maria Holzleitner kritisch an. Sie frage sich zudem, ob es Kontroll- oder Berichtspflichten gebe. Auch Christoph Matznetter (SPÖ) hätte sich mehr Transparenz gewünscht und zeigte sich besorgt darüber, dass die Förderungen  bei den Falschen ankommen. Man hätte zumindest jene Betriebe explizit ausschließen müssen, die in den letzten Monaten Übergewinne gemacht haben.

Abgesehen davon, dass nun wieder das AWS und nicht die Finanzämter die Abwicklung übernehmen würden, hätte er sich erwartet, dass es bezüglich der förderbaren Unternehmen ungefähre Schätzungen gebe, merkte Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) an. Er hoffe zudem, dass die Förderungen in die Transparenzdatenbank aufgenommen werden.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) entgegnete den oppositionellen Redner:innen, dass durch die Abänderungsanträge die Kontrolle der Förderungen sichergestellt sei. Außerdem wurde von Seiten der EU klar festgelegt, was unter energieintensiven Unternehmen zu verstehen sei. Darunter fallen jene, bei denen sich die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3% des Produktionswertes belaufen oder die zu entrichtende nationale Energiesteuer mindestens 0,5% des Mehrwertes beträgt. Auch bezüglich der Abwicklung habe er keine Bedenken, da die AWS wie bei allen anderen Förderungen vorgehen werde. Dieser Prozess sei "x-fach erprobt", betonte Kopf.

Für Abgeordneten Jakob Schwarz (Grüne) war die Regelung, die sich am deutschen Modell anlehne, nicht überschießend, da es klare beihilfenrechtliche Vorgaben gebe. Überdies seien Mehrfachförderungen ausgeschlossen, stellte er unter Bezugnahme auf das Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz fest.

Gasdiversifizierungsgesetz: Ausweitung der Förderung des Ausstiegs aus russischem Gas

In ihrem Initiativantrag auf Änderung des Gasdiversifizierungsgesetzes (GDG) 2022 schlagen Gabriel Obernosterer (ÖVP) und Jakob Schwarz (Grüne) vor, dass Energieministerin Leonore Gewessler im Einvernehmen mit Finanzminister Magnus Brunner am Verordnungsweg bis 31. Dezember 2023 auf zusätzliche Budgetmittel zur Sicherung der heimischen Gasversorgung zugreifen kann. Die derzeit für die Umsetzung des GDG vorgesehenen Mittel von jährlich 100 Mio. € würden aufgrund der reduzierten Gaslieferungen aus Russland und der damit einhergehenden weiteren Preissteigerungen womöglich nicht ausreichen, so die Begründung. Abhängig vom Bedarf seien die Mittel rasch und unbürokratisch nach den Auszahlungsbestimmungen im Bundesfinanzgesetz bzw. Bundesfinanzrahmengesetz zur Verfügung zu stellen (2679/A). Im Gasdiversifizierungsgesetz wurde generell festgelegt, dass zur Erreichung der Ziele die Gelder für folgende Maßnahmen eingesetzt werden sollen: Kosten von Unternehmen für die Lieferung sowie den Einsatz von Erdgas aus nicht russischen Quellen, sofern dadurch nicht erneuerbare Energieträger oder Fernwärme ersetzt werden sowie Aufwendungen für die Umrüstung von Anlagen zur Erzeugung von Strom, Wärme und/oder Kälte durch alternative Energieträger. Die Novelle wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen verabschiedet. Der Vertagungsantrag der SPÖ wurde nur von der Opposition unterstützt und blieb somit in der Minderheit.

Es handle sich dabei um eine Mittelaufstockung, die im Bedarfsfall ein rasches und flexibles Vorgehen ermögliche, erläuterte Abgeordnete Nina Tomaselli (Grüne).

Niemand wisse derzeit, wo man nicht-russisches Gas herbekomme, gab Karin Doppelbauer (NEOS) grundsätzlich zu bedenken. Von der OMV gebe es diesbezüglich auch keine Auskünfte. Kritisch beurteilte sie zudem, dass keine finanzielle Obergrenze festlegt wurde. Dieser Meinung schloss sich auch Hubert Fuchs von der FPÖ an.

Seitens der SPÖ machte Alois Stöger darauf aufmerksam, dass heute ein Gesetz novelliert werden soll, das noch nicht einmal in der Länderkammer beschlossen wurde. Zudem beziehe sich die Verordnungsermächtigung auf das BFG 2023, also auf ein Gesetz, das es noch gar nicht gebe. Aus seiner Sicht sei das verfassungswidrig. (Schluss) sue

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums .