Parlamentskorrespondenz Nr. 900 vom 15.07.2022

Rückgang bei Lehrlingszahlen zeigt dringenden Handlungsbedarf

Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2020-2021

Wien (PK) - Die Zahl der Lehrlinge im 1. Lehrjahr lag Ende Dezember 2021 am Beispiel der Sparte "Tourismus & Freizeitwirtschaft" ganze 25% unter dem Wert vom Dezember 2019, im Dezember 2020 war der Rückgang gegenüber 2019 noch dramatischer gewesen (-33%). Im Hinblick auf die Sicherung einer bedarfsgerechten und qualitätsvollen Ausbildungsvielfalt und die Vermeidung eines (bereits hohen) Fachkräftemangels in dieser Branche seien diese Werte alarmierend. Dies hält unter anderem der umfassende Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2020-2021 fest, der dem Nationalrat vorliegt (III-684 d.B.). Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Beschäftigung und Ausbildung von Jugendlichen bilden einen Schwerpunkt in dem Bericht für diese beiden Jahre. Immerhin sei aber im laufenden Jahr 2022 eine leichte "Aufholtendenz" zu verzeichnen: Von Dezember 2021 bis April 2022 ist dem Bericht zufolge die Zahl der Lehrlinge im 1. Lehrjahr in der Sparte "Tourismus & Freizeitwirtschaft" wieder um 7% gestiegen.

Insgesamt war Ende 2021 laut Bericht zumindest eine Zunahme der Lehrlinge im 1. Lehrjahr gegenüber Ende 2020 zu beobachten (+4%), auch wenn das Niveau von Ende 2019 noch nicht erreicht werden konnte (-2% insgesamt bzw. -4% in Ausbildungsbetrieben). Auch der Anteil der Jugendlichen eines Altersjahrgangs, welche sich für den Beginn einer Lehrausbildung entscheiden, lag gemäß vorläufiger Daten im Jahr 2021 (38,7%) noch nicht auf dem Niveau von 2019 (39,6%), aber deutlich über dem Wert von 2020 (37,0%).

Sehr positive Signale kommen dem Bericht zufolge aber vom Arbeitsmarkt: Im Jänner 2022 lag die Arbeitslosenquote der Unter-25-Jährigen mit 6,6% bereits wieder unter dem Wert von Jänner 2020 (7,5%), d.h. unter dem "Vor-Corona-Krisen-Niveau". Auch die Zahl der beim AMS vorgemerkten offenen Stellen, welche nur einen Teil der verfügbaren offenen Stellen umfassen, befand sich auf einem Allzeithoch. Ende März 2022 waren 123.897 offene Stellen beim AMS vorgemerkt, so viele wie noch nie zuvor in Österreich, nämlich um über 47.000 mehr als vor der Corona-Pandemie im März 2019 (76.421). Österreich weise auch im europäischen Vergleich diesbezüglich vergleichsweise günstige Werte auf. Beispielsweise betrug die Arbeitslosenquote der 15- bis 24-Jährigen in Österreich im Jahr 2021 11,0%, in den EU-27-Ländern zusammen aber 16,6%. Trotz dieser relativ guten Ausgangsposition Österreichs dürfe aber nicht darüber hinweggesehen werden, dass von den Folgen der Corona-Krise zuerst – sowohl in Österreich als auch in der EU insgesamt – besonders die Jugendlichen betroffen gewesen seien.

Herausforderung Fachkräftemangel

Daran zeige sich allerdings auch die wachsende Herausforderung des Fachkräftemangels in Österreich, so der Bericht. Mit dem Rückgang an Jugendlichen und Lehrlingen in den letzten Jahrzehnten seien lange Zeit auch die Zahl der Lehrbetriebe sowie der Anteil der Lehrlinge an den Beschäftigten kontinuierlich gesunken. In Zusammenhang mit der bevorstehenden massiv steigenden Zahl an Pensionierungen (der sog. "Babyboomer-Generation") sei daher davon auszugehen, dass die Zahl der ausgebildeten Fachkräfte nicht ausreicht, um den bestehenden und noch verstärkt drohenden Fachkräftemangel hintanzuhalten.

Zusammen mit der hohen lebensbiographischen Bedeutung einer erfolgreichen Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration für Jugendliche erfordere dies dringenden Handlungsbedarf, so der Bericht. So bedürfe es attraktiver Impulse und Anreize zur Steigerung der (freiwilligen) Ausbildungsbereitschaft von Jugendlichen, insbesondere auch jener mit Migrationshintergrund.

Im Bericht werden dazu eine Reihe möglicher Maßnahmen bzw. Strategien zur Optimierung der Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich beschrieben. So brauche es beispielsweise flexiblere Ausbildungskonzepte, eine gezielte Förderung der Tourismuslehrberufe sowie Unterstützung und Weiterentwicklung der überregionalen Lehrlingssuche, -akquisition und –vermittlung. Angeregt wird unter anderem auch der Ausbau der Angebote zur bedarfsorientierten Vorqualifikation (Deutsch, Englisch, angewandte Mathematik, interkulturelle Kompetenzen etc.) etwa für jugendliche und erwachsene Asylwerber:innen und Asylberechtigte. (Schluss) mbu


Themen