Parlamentskorrespondenz Nr. 979 vom 21.09.2022

Rauch verspricht treffsichere Pensionsanpassung

Nationalrat diskutiert mit Sozialminister Entlastungen in Zeiten der Teuerung

Wien (PK) – Pensionistinnen und Pensionisten standen heute zu Beginn der Nationalratssitzung im Mittelpunkt der Debatte. Auf Betreiben der SPÖ diskutierten die Abgeordneten in einer Aktuellen Stunde mit Sozialminister Johannes Rauch, wie hoch die nächste Inflationsanpassung der Pensionen ausfallen soll. Angesichts der stark steigenden Teuerung stellte Rauch eine gesetzliche Pensionsanpassung von 5,8% in Aussicht, wobei kleinere Pensionen einen noch höheren Leistungszuwachs erfahren sollten. Grundsätzlich hielt er fest, wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Teuerung, vor allem am Energiemarkt, müssten auf EU-Ebene ergriffen werden.

Aus Sicht der SPÖ sind die Pensionen jedenfalls im Ausmaß der aktuellen Teuerung zu erhöhen, um Armut zu verhindern und Kaufkraft zu erhalten. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch erwähnte in diesem Zusammenhang die 9,3% Inflation im August 2022. Ähnlich sieht das die FPÖ, die außerdem für ein Ende der Russland-Sanktionen zur Absenkung der Energiekosten eintritt. Die NEOS plädierten für Steuer- und Lohnnebenkostensenkungen, wobei sie eine zielgerichtete Inflationsanpassung der Pensionen befürworten. Nach Meinung der Koalitionsparteien ÖVP und Grüne zeigen bereits ergriffene und geplante politische Maßnahmen gegen die Inflationslast deutliche Wirkung, besonders bei Geringverdiener:innen und Mindestpensionist:innen.

Eingangs wies Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka auf die heute im kleinen Redoutensaal der Hofburg ausgerichtete Ausstellung über die internationalen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals –SDGs) hin. Anhand des 14. Ziels, das dem Schutz des Wassers gewidmet ist, werde dabei die Bedeutung dieser im Parlament überfraktionell behandelten Zielsetzungen dargestellt, so Sobotka. Außerdem wurde vor Debattenbeginn Karl Schmidhofer als neuer Nationalratsabgeordneter für die ÖVP angelobt, nachdem Gaby Schwarz zur Volksanwaltschaft gewechselt ist.

SPÖ: Inflationsanpassung der Pensionen leistbar

Die bislang geschnürten Anti-Teuerungspakete der Regierung sieht die SPÖ äußerst kritisch. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch warf der Regierung vor, die Menschen mit "Einmalzahlungen" zu vertrösten anstatt die horrend wachsende Teuerung effektiv zu bekämpfen. Dabei sei eine Begrenzung der Lebenserhaltungskosten dringend nötig: "Zuerst Preise senken, dann einen Deckel drauf". In Ländern wie Deutschland, Frankreich oder der Schweiz sehe man, dass diese Herangehensweise funktioniere. Zum Erhalt der Kaufkraft sei zudem eine "faire Lohnerhöhung" nötig, denn die langen Schlangen bei den Sozialmärkten und der Anstieg bei Konkursanmeldungen von Privatpersonen und Unternehmen sprächen eine deutliche Sprache. "Vergessen Sie nicht die Pensionistinnen und Pensionisten", appellierte Muchitsch, die jungen Generationen dürften nicht gegen die älteren ausgespielt werden. Die von der Regierung geplante Pensionsanpassung von 5,8% sei zu wenig, vielmehr müsse die tatsächliche Teuerung von im Jahresdurchschnitt voraussichtlich +8,4% als Maßgabe für die Pensionssteigerung dienen. "Das ist leistbar, die Pensionist:innen haben sich diese Pensionserhöhung verdient".

Letztlich sei es nötig, im Rahmen einer neuen Energiepreisgestaltung auf europäischer Ebene den Gas- vom Strompreis zu entkoppeln, umriss Muchitsch den SPÖ-Krisenplan. Übergewinne von Energiekonzernen müssten dabei der notleidenden Bevölkerung zukommen.

Rauch: Stabilität der Pensionen durch ausgewogene Erhöhung erhalten

In seiner Replik auf diese Vorwürfe räumte Sozialminister Rauch ein, "wir haben die höchste Inflation seit 1975", viele Menschen seien daher in Bedrängnis gekommen, auch in der "Mitte der Gesellschaft". Speziell hohe Wohnkosten belasteten viele, gerade Geringverdiener:innen. Aber: "Der Sozialstaat, den wir haben, trägt uns auch durch diese Krise". Der soziale Frieden werde damit sichergestellt. Obwohl sich hierzulande in den letzten Jahrzehnten die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet habe, gehörten die Pensionen Österreichs international zu den höchsten, betonte Rauch. Das Pensionssystem sei gut, stabil und werde "zu Unrecht schlechtgeredet". Die gesetzlich vorgesehene Anpassung der Pensionen betrage 5,8%, bei kleineren Pensionen seien höhere Anpassungen geplant. Man trachte nach einer ausgewogenen Erhöhung, die gemeinsam mit strukturellen Maßnahmen und einer neuen Regulierung der Energiemärkte auf europäischer Ebene sicherstellt, dass der Haushalt auch für die Zukunft tragfähig ist.

Vor allem Frauen seien oft von Altersarmut betroffen, gab der Sozialminister Eva Maria Holzleitner (SPÖ) Recht, die bessere Rahmenbedingungen für die Vollzeitbeschäftigung von Frauen forderte. Für Rauch ist allerdings die SPÖ mit ihrer jahrzehntelangen Regierungsbeteiligung mitverantwortlich für die "verfehlte Frauenpolitik". Inflation und Teuerung seien derzeit vor allem durch internationale Krisen getrieben, gab Rauch zu bedenken, die von Russland angekündigte Teilmobilmachung im Krieg gegen die Ukraine werde "massive Auswirkungen auf die Teuerung in Europa haben". Zur Abfederung der daraus resultierenden finanziellen Notlagen leiste die Regierung "Soforthilfe, die jetzt wirkt", wie der Minister am Beispiel von Hilfsleistungen für Alleinerzieher:innen, Geringverdiener:innen und Pensionist:innen darstellte. Die unter der aktuellen Regierung umgesetzte Valorisierung der Sozialleistungen sei eine Errungenschaft, von der auch künftige Generationen profitieren würden.

ÖVP: Inflationsanpassung der Pensionen gesichert

"Die Pensionistinnen und Pensionisten können sich auf diese Bundesregierung verlassen", unterstrich gleichermaßen August Wöginger (ÖVP). Unter SPÖ-Kanzlern seien die Pensionen anders als unter der ÖVP-Grüne-Koalition regelmäßig unter dem gesetzlichen Anpassungsfaktor angehoben worden, stellte der ÖVP-Klubobmann fest. Während die SPÖ-regierte Bundeshauptstadt ihre Bewohner:innen mit Gebührenerhöhungen belaste und für ihr Energieunternehmen Wien Energie hohe Zuschüsse bereitstelle, würden von der Regierung seit dem Frühjahr 2022 "Tausende an Euro" an Personen mit geringem Einkommen überwiesen. "Mindestpensionist:innen bekommen zusätzlich zwei Pensionen". Zu den sozialpolitischen Leistungen der amtierenden Regierung gehören in Wögingers Augen überdies die Abschaffung der kalten Progression sowie die von Rauch erwähnte Valorisierung der Sozialleistungen.

FPÖ: Regierung treibt Pensionist:innen in die Armut

Die Regierung zerstöre den Sozialstaat, warnte hingegen Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Ihrer Meinung nach liegt die Ursache der steigenden Teuerung "in den unzähligen Sanktionen" gegen Russland, obwohl die Sanktionsmaßnahmen der heimischen Bevölkerung mehr schaden würden als dem russischen Aggressor. An den Hilfsleistungen der Regierung ließ sie kein gutes Haar: "Einmalzahlungen verpuffen sofort, wenn Sie sich die Stromrechnungen anschauen, wenn Sie sich die Tankrechnungen anschauen". Die letzte Pensionserhöhung von 1,8% habe "Realverluste" für Pensionist:innen gebracht, kritisierte Belakowitsch. Dabei habe diese Generation nach dem Zweiten Weltkrieg das Land neu aufgebaut und den Wohlstand erarbeitet.

Grüne: Armutsgefährdung von Pensionist:innen nachhaltig bekämpfen

Bedrana Ribo (Grüne) wies zunächst Berlakowitschs Ruf nach einem Ende der Sanktionen als "letztklassig" zurück, immerhin werde im russischen Angriffskrieg täglich unsägliches Leid über die Menschen in der Ukraine gebracht. Die inflationsbedingte Krise in Österreich treffe nicht alle im gleichen Ausmaß, kehrte Ribo zum Debattenthema zurück, Menschen mit niedrigem Einkommen und Pensionist:innen mit Ausgleichszulage würden am härtesten getroffen. Dementsprechend habe man zur langfristigen Abwendung von Armutsgefährdung den Richtsatz der Ausgleichszulage 2021 erstmals auf 1.000 € angehoben und mit dem Frühstarterbonus für mehr "Gendergerechtigkeit" im Pensionssystem gesorgt. An kurzfristigen Hilfen zählte die Grünen-Mandatarin den 500 €-Klimabonus, den Teuerungsausgleich und höhere Absetzbeträge auf, die notleidende Menschen  stützen würden.

NEOS: Treffsichere Leistungen zur Abfederung der Teuerung

NEOS wollen tatkräftig an der Bewältigung der großen Herausforderungen mitarbeiten, unterstrich Beate Meinl-Reisinger (NEOS) in Bezug auf die Energiekrise. Der russische Machthaber Wladimir Putin nutze Energie als Waffe in seinem Krieg, bezifferte sie die Preissteigerung bei Gas in einem Jahr mit "über 70%". Um die Verknappung des Energieangebots "an der Wurzel zu packen" müsse Europa "Geschlossenheit gegenüber Putin" zeigen, ist Meinl-Reisinger überzeugt. Zu den Auswirkungen der Preissteigerungen im täglichen Leben der heimischen Bevölkerung sagte sie, "die ärmsten Haushalte gehören direkt, treffsicher unterstützt." Die Inflationsanpassung der Pensionen sei richtig, die arbeitende Mittelschicht dürfe jedoch nicht vergessen werden und sei mit einer Absenkung von Steuern und Lohnnebenkosten zu entlasten. "Der Staat kann nicht alles richten", so die NEOS-Klubobfrau, aber er müsse als "Stoßdämpfer" zur Abfederung der Preissteigerungen dienen. (Fortsetzung Nationalrat) rei

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