Parlamentskorrespondenz Nr. 980 vom 21.09.2022

Nationalrat debattiert über Volksbegehren gegen Tierleid bei Schlachtviehtransporten

Forderungen nach strengen nationalen und europäischen Regeln

Wien (PK) - Maximal zwei Stunden dürfe eine Fahrt zum Schlachthof bei Lebendtiertransporten dauern, betonen die Unterstützer:innen eines Volksbegehrens, das heute im Nationalrat im Rahmen einer Ersten Lesung zur Debatte stand. Zentrale Forderung ist die Einführung strenger europäischer und nationaler Regelungen gegen die Qual langer Transportfahrten.

Unterstützt wurde das Volksbegehren "Stoppt Lebendtier-Transportqual" von insgesamt 426.938 Personen. Die vom freiheitlichen Landespolitiker Gottfried Waldhäusl eingebrachte Initiative rangiert somit hinsichtlich der Stimmbeteiligung auf Platz 15 der Liste der Volksbegehren der Zweiten Republik. Nach der Ersten Lesung wurde das Volksbegehren dem Gesundheitsausschuss zur tiefergehenden Behandlung zugewiesen.

Strenge Regelungen für Lebendtiertransporte gefordert

Täglich werden 3,8 Millionen Tiere auf den Straßen transportiert, also rund 1,4 Milliarden pro Jahr, heißt es in der Begründung des Volksbegehrens. Es komme bei den Tieren zu Erschöpfungszuständen, Dehydrierung und Verletzungen aufgrund des oft massiven Platzmangels. Gleichzeitig würden einige wenige fleischverarbeitende Großbetriebe enormen Profit machen. Die Unterstützer:innen des Volksbegehrens drängen daher auf bundesverfassungsgesetzliche Regelungen, um das Tierleid beim Schlachtviehtransport zu unterbinden. Zudem sei auf europäischer Ebene ein generelles Verbot von Lebendtiertransporten notwendig. Im Sinne "einer Lösung mit Hausverstand" sollte das Vieh maximal nur bis zum nächsten Schlachthof gebracht werden dürfen, lautet eine weitere Forderung.

Peter Schmiedlechner (FPÖ) sprach angesichts der vielen Unterschriften von einem "Riesenerfolg". Ebenso wie für Alois Kainz und Hannes Amesbauer (FPÖ) zeige das Volksbegehren für ihn, wie wichtig der Bevölkerung das Thema Tierschutz sei. Schmiedlechner sprach sich gegen Lebendtiertransporte quer durch Europa und eine bessere Kennzeichnung der Lebensmittelherkunft aus. Für kürzlich bekannt gewordene Fälle von Tierleid machte er die ÖVP mitverantwortlich. Schließlich sei diese im besonders betroffenen Niederösterreich an der Macht. Christian Lausch (FPÖ) sah für Regelungen gegen Tierqual bei Lebendtiertransporten in erster Linie die Europäische Union am Zug, die sich in dieser Frage jedoch sehr leise verhalte. Hannes Amesbauer (FPÖ) appellierte an seine Nationalratskolleg:innen, das Volksbegehren im weiteren parlamentarischen Prozess so zu behandeln, dass eine gangbare Lösung gefunden wird. Schließlich müsse Österreich in dieser Frage mit einer Stimme in der EU sprechen.

Josef Hechenberger (ÖVP) konnte dem Volksbegehren nicht viel abgewinnen. Er bezeichnete es als "oberflächlich und nicht durchdacht" und plädierte für "Tierschutz mit Hausverstand". Es dürfe nicht passieren, dass vor lauter Tierschutz die Produktion ins Ausland verlagert werde und Österreich sich damit ähnlich wie bei der Energie auch bei den Lebensmitteln von anderen Staaten abhängig mache. Hechenberger führte einige Verschärfungen im Tierschutz an, die im Sommer beschlossen wurden. Aus seiner Sicht müsse man an diesen Beschlüssen festhalten, die einerseits Tiere schützen und andererseits Landwirt:innen eine Perspektive für die Produktion geben.

Dietmar Keck (SPÖ) warf den Koalitionsparteien daraufhin vor, nicht für Tierschutz einzutreten und verwies auf zahlreiche Anträge seiner Fraktion zum Thema, die in den Ausschüssen wiederholt vertagt worden seien. Keck führte zudem mehrere Beispiele von Tierleid an, die in den vergangenen Monaten zu Tage getreten seien. Die österreichische Bevölkerung wolle keine solchen Bilder von Tierqual mehr sehen, zeigte er sich überzeugt.

Für Faika El-Nagashi (Grüne) war es keine Überraschung, dass das Volksbegehren so erfolgreich war. Denn in der Bevölkerung gebe es im Gegensatz zur Politik keine ideologische Spaltung, wenn es um Tierschutz geht. Man sei sich einig, dass Tiertransporte eine unerträgliche Qual seien, die beendet oder zumindest sehr stark beschränkt werden müsse. Es gebe Alternativen, so die Abgeordnete, die in diesem Rahmen auch dafür appellierte, mehr pflanzliche Milchprodukte zu konsumieren. Mit der Novelle des Tierschutzgesetzes im Sommer habe man Verbesserungen erreicht, es brauche aber mehr. Gegenüber dem Koalitionspartner ÖVP äußerte sie den Wunsch, die klare Sprache der Bevölkerung zu hören und ernst zu nehmen und Brancheninteressen nicht mehr vor den Tierschutz zu stellen.

Katharina Werner (NEOS) bezeichnete die Novelle des Tierschutzgesetzes ebenso als nicht ausreichend. Aus ihrer Sicht seien die Ziele des Volksbegehrens zu unterstützen. Werner fügte zudem weitere Forderungen hinzu. Es gelte etwa, die Kontrollen wieder zu erhöhen. Die stressfreie Weideschlachtung sei noch nicht umgesetzt und auch Ernährungsbildung müsse einen größeren Stellenwert erhalten. Gerade ein grüner Tierschutzminister habe den Auftrag, beim Tierschutz alle Hebel in Bewegung zu setzen, so die Abgeordnete. (Fortsetzung Nationalrat) kar

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