Parlamentskorrespondenz Nr. 1466 vom 14.12.2022

Nationalrat spricht sich einstimmig für Schutz von Haien sowie gegen neue tschechische Atomreaktoren aus

Lob für den ÖBB-Rahmenplan und Investitionen in die Schieneninfrastruktur, Opposition sieht aber auch Bedarf an weiteren Projekten

Wien (PK) – Mit Umwelt- und Verkehrsthemen beschloss der Nationalrat seinen heutigen Sitzungstag. Die Abgeordneten stimmten geschlossen für eine Entschließung, die die Bundesregierung auffordert, den Import von Haiprodukten zu verbieten, da unterdessen alle Haiarten vom Aussterben bedroht sind. Die Abgeordneten bekräftigten auch die kritische Haltung Österreichs zur Nutzung der Atomenergie und fassten einstimmig eine Entschließung, wonach die Bundesregierung sich gegen Pläne Tschechiens, neue Small Modular Reactors (SMRs) zu errichten, aussprechen soll.

Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde der aktualisierte ÖBB-Rahmenplan. Der sechsjährige Plan sieht im Zeitraum 2023 bis 2028 ein ausgabenwirksames Gesamtinvestitionsvolumen inklusive des österreichischen Anteils am Bau des Brennerbasistunnels (BBT) von rund 19 Mrd. € vor.

Keine Mehrheit fand die Forderung der FPÖ nach einer Aussetzung der Vignettenpflicht.

Nationalrat fordert einstimmig Importverbot für Haiprodukte

Ein nationales Importverbot von Haiprodukten nach Österreich, um den bereits bestehenden gesetzlichen Vorgaben des Artenschutzes nachzukommen, fordern alle im Nationalrat vertretenen Parteien in einem gemeinsamen Entschließungsantrag.

Lukas Hammer (Grüne) betonte, der Schutz der Meere sei wichtiger denn je, da Verschmutzung und Klimawandel ihnen immer stärker zusetzen. Insbesondere Haie seien durch eine massive Überfischung bedroht. Sie seien jedoch ein unverzichtbarer Teil der funktionierenden maritimen Ökosysteme. Alle Fraktionen hätten sich erfreulicherweise darauf geeinigt, dass rasch ein Importverbot für alle Haifischprodukte verhängt werden solle. Auf EU-Ebene soll sich die Bundesregierung zudem für eine transparente und umfassende Herkunfts- und Fischerei-Kennzeichnung aller Meeresfische und Meeresfrüchte einsetzen, erläuterte der Abgeordnete eine weitere Forderung des Antrags. Astrid Rössler (Grüne) begrüßte den gemeinsamen Einsatz, sich für den Schutz der Haie auszusprechen. Allerdings gelte es, auch heimische Arten und heimische Ökosysteme zu schützen. Unterdessen sei mehr als die Hälfte der heimischen Biotope und damit auch der Tier- und Pflanzenarten aufgrund von Flächenfraß und Verlust des Lebensraums massiv gefährdet.

Julia Herr (SPÖ) wies ebenfalls auf die bedrohliche Überfischung der Meere hin. Vielen sei nicht bewusst, dass Haie auch millionenfach für Kosmetikprodukte getötet würden. Der Grund sei, dass die Produkte aus Haien billiger als alternative Produkte seien. Die Umsetzung des Beschlusses sei daher sehr wichtig. Die industrialisierte Fischerei zerstöre ein Fanggebiet nach dem anderen. Dem Raubbau müsse Einhalt geboten und Meeresschutzgebiete müssten rasch deutlich ausgeweitet werden.

Der Schutz der Haie betreffe Österreich stärker, als von vielen angenommen werde, sagte Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Österreich stehe nämlich laut den verfügbaren Statistiken beim Import von Haifischfilets an fünfter Stelle in Europa. Da die Quecksilberkonzentration in Haien oft sehr hoch sei, gehe von diesen Produkten zudem eine beträchtliche Gesundheitsgefahr aus. Unterdessen sei bereits ein Drittel der Hai- und Rochenarten stark gefährdet. Berlakovich sprach sich dafür aus, die heimische Fischproduktion zu verstärken und so weniger abhängig von Importen zu werden. Joachim Schnabel (ÖVP) wies darauf hin, dass Haifleisch oft falsch deklariert und unter fantasievollen Namen verkauft werde. Viele Haie würden auch als Beifang der Hochseefischerei getötet. 

Michael Bernhard (NEOS) sah den Schutz der Haie als wichtigen Schritt im Sinne der Verantwortung für die kommenden Generationen. In diesem Falle gehe es um einen sinnvollen, regulierenden Eingriff für den Schutz von Tieren, die von zentraler Bedeutung für funktionierende Meere seien.

Österreichische Abgeordnete geschlossen gegen Bau von Small Modular Reactors (SMRs) in Tschechien

Gegen Pläne zur Errichtung von Small Modular Reactors in Tschechien haben ÖVP, SPÖ und Grüne einen gemeinsamen Entschließungsantrag eingebracht, der einstimmig angenommen wurde. Die Parlamentsfraktionen stellen sich damit gegen öffentlich bekannt gewordene Pläne, dass bis 2032 kleine modulare Reaktoren in Tschechien – unter anderem im Grenzgebiet zu Österreich – errichtet werden sollen. Die Abgeordneten wollen zudem, dass die Bundesregierung sich weiterhin gegen die militärische Nutzung von Small Modular Reactors einsetzt. Ebenso sollen weiterhin grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Reaktorneubauten angestrebt und Reaktorneubauten abgelehnt werden.

Martin Litschauer (Grüne) betonte, Anliegen des Antrags sei, die Ablehnung der Pläne von Mini-AKWs früh zum Ausdruck zu bringen. Die Technik, die bei diesen Reaktoren zur Anwendung komme, würden viele Gefahren in sich bergen. Statt auf diese fragwürdige Art der Energiegewinnung zu setzen, müsse der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden.

Auch Cornelia Ecker (SPÖ) wies auf die Gefahren der Atomkraft hin. Diese Art der Stromerzeugung sei auch störungsanfällig, teuer und nicht nachhaltig. Der Antrag setze ein starkes Zeichen gegen Atomkraft und gebe dem Außenminister ein starkes Mandat dafür, sich frühzeitig gegen die fragwürdigen Pläne einzusetzen.

Der Antrag sei zweifellos hundertprozentig zu unterstützen, meinte Gerhard Deimek (FPÖ). Erfahrungen mit früheren Projekten in Nachbarstaaten stimmten ihn aber skeptisch, was den Erfolg der Initiative betreffe. Österreich müsse daher die Entwicklung möglicher Risikoszenarien verstärkt beobachten und allenfalls seine Anstrengungen zur Verhinderung neuer Atomkraftwerke in den Nachbarländern verstärken.

Angesichts der Energiekrise würden viele europäische Staaten erneut auf die "Retro-Technologie" Atomkraft setzen, sagte Johanna Jachs (ÖVP). Dabei würden oft falsche Argumente vorgebracht, wie die angebliche Wetterunabhängigkeit von Atomstrom. Der letzte heiße Sommer habe gezeigt, dass das nicht stimme, da aufgrund fehlender Kühlung viele Atomkraftwerke vom Netz genommen werden mussten. Martina Diesner-Wais (ÖVP) sagte, die Bevölkerung des Waldviertels, die sie im Nationalrat vertrete, sei vom Thema grenznaher Atomkraftwerke besonders betroffen. Sie unterstütze den Antrag daher ausdrücklich.

Yannick Shetty (NEOS) verwies auf den breiten Anti-Atomkraft-Konsens in Österreich. Seine Fraktion stimme dem Antrag zu, auch wenn er seine grundsätzliche Wirksamkeit bezweifle. Er sehe darin allerdings auch einen weiteren Versuch, vom Versagen der Bundesregierung im Klimaschutz abzulenken. Die Umweltministerin bleibe den Parlamentssitzungen fern, weil sie sich offenbar nicht zu den immer noch fehlenden wichtigen Gesetzesvorhaben in diesem Bereich äußern wolle.

Bundesminister Johannes Rauch, der Umweltministerin Leonore Gewessler im Nationalratsplenum vertrat, sah es als bemerkenswert an, dass der Nationalrat geschlossen eine klare Haltung gegen Atomkraft einnehme. Mini-Reaktoren seien keine Lösung, sondern würden grundlegende Probleme der Atomkraft nur fortschreiben. Er danke daher im Namen der Umweltministerin für diesen Antrag.

Ausbau des Schienennetzes: ÖBB-Rahmenplan 2023-2028 sieht Investitionen von 19 Mrd. € vor

Der jeweils auf sechs Jahre ausgelegte ÖBB-Rahmenplan gibt einen Überblick über die geplanten Investitionen in die Schieneninfrastruktur und wird jährlich aktualisiert. Nach der Debatte im Verkehrsausschuss wurde auch im Plenum des Nationalrats über die Fortschreibung des Rahmenplans für den Zeitraum 2023–2028 debattiert.

Der Verkehrssprecher der Grünen, Hermann Weratschnig, betonte, dass der ÖBB-Rahmenplan ein beispielloses Investitionsvolumen umfasse. Damit könne ein wesentlicher Teil der verkehrspolitischen Ziele der Bundesregierung umgesetzt werden. Der geplante Ausbau diene der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, dem Ausbau der Bahnhöfe und des Nahverkehrsangebots und der Elektrifizierung. Die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes werde durch viergleisigen Ausbau und Tunnelprojekte massiv gesteigert.

SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger (SPÖ) sah den Rahmenplan als wichtiges Instrument der Raumplanung. Investitionen in die Bahninfrastruktur seien auch wichtige wirtschaftliche Entscheidungen für die Regionen. Der vorliegende Rahmenplan sei "in Ordnung und wichtig". Allerdings vermisse er darin wichtige Punkte, etwa Aussagen über Nahverkehrsprojekte im Raum Linz oder über die Weiterentwicklung der Schoberpass-Strecke in der Steiermark. Stöger forderte in diesem Zusammenhang ein Bundesverkehrszielegesetz ein, um die Entwicklung des Verkehrs umfassend steuern zu können. Julia Herr (SPÖ) drängte ebenfalls auf einen raschen Ausbau des Angebots im öffentlichen Verkehr. Der Ausbau der Schiene sei immer noch nicht ausreichend. Vor allem die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene müsse forciert werden. Ein wichtiger Schritt dazu wäre eine flächendeckende LKW-Maut, meinte Herr. Alois Schroll (SPÖ) sagte, der Umfang des Rahmenplans sei zwar beeindruckend, sehe aber keine neuen Projekte vor. Er zweifle auch an der Zielgenauigkeit der Investitionen. Klaus Köchl (SPÖ) brachte einen gemeinsamen Entschließungsantrag von SPÖ, FPÖ und NEOS ein, in dem die Umsetzung einer Güterverkehrstrasse im Kärntner Zentralraum und die Aufnahme ins ÖBB-Zielnetz gefordert wird. Bedauerlicherweise setze die Bundesregierung keine Schritte in dieser Richtung. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Andreas Ottenschläger zeigte sich als Verkehrssprecher der ÖVP erfreut über den breiten Konsens der Fraktionen über die Wichtigkeit des Ausbaus der Schieneninfrastruktur. Aus seiner Sicht seien zwei Punkte von besonderer Wichtigkeit: Die Elektrifizierung und die Digitalisierung des Schienennetzes. Wichtig sei es zudem, Bahnhöfe zu Mobilitätsdrehscheiben auszubauen und die Verknüpfung der Verkehrsträger zu verbessern. Die stärkere Verlagerung des Güterverkehrs auf der Schiene sei für die Wirtschaft von großer Wichtigkeit. Wie Ottenschläger sah auch Johann Singer (ÖVP) in den Ausbauprojekten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raums. Joachim Schnabel (ÖVP) sah den Bahnausbau als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene werde nur mit Erhöhung der Schienenkapazitäten möglich sein, merkte er an.

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter meinte, die Präsentation des Rahmenplans durch die Verkehrsministerin zeige geschicktes Marketing, die Realität sehe aber anders aus. Das Verkehrsangebot für Bahnkund:innen halte mit dem Bedarf nicht Schritt. Auch bereits angekündigte Bahnhofsprojekte seien im Rahmenplan nicht abgebildet.

Gerald Hauser (FPÖ) thematisierte einmal mehr Verkehrsprobleme, die aufgrund der notwendigen Sanierung der Lueg-Brücke in Tirol in den nächsten Jahren drohe. Er forderte mit einem Entschließungsantrag von der Verkehrsministerin, einen konkreten Verkehrsplan noch im ersten Halbjahr 2023 vorzulegen. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Bundesminister Johannes Rauch betonte, der Rahmenplan sichere umfangreiche Investitionen in den Ausbau der Schiene, mit denen Österreich den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauche. Österreich verfüge mit dem Rahmenplan über ein einzigartiges Planungsinstrument, der einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende darstelle. Rauch hob hervor, dass der Ausbau und Neubau von Bahnhöfen diese zu Mobilitätsdrehscheiben mache. Das Klimaticket habe sehr viel Bewegung in den Schienenverkehr gebracht. Die Digitalisierung der Schiene erlaube eine Verdichtung des Schienenverkehrs, sie stehe daher auf der Prioritätenliste der ÖBB ganz oben.

FPÖ: Aussetzung der Vignette anstatt Dividendenausschüttung der ASFINAG

Die FPÖ forderte in einem Entschließungsantrag die Aussetzung der Vignettenpflicht per Vignette für Österreicher:innen ab 1. Jänner 2023, fand damit aber keine Unterstützung der anderen Parteien. Da Verkehrsministerin Gewessler für zahlreiche Straßenbauprojekte einen Baustopp verhängt habe, argumentierte FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker, sinke der Investitionsbedarf der ASFINAG. Diese solle daher die nicht investierten Einnahmen aus dem Vignettenverkauf nicht als Dividende an die Republik ausschütten, sondern mit einer Aussetzung der Mautpflicht die Bevölkerung entlasten.

Hafenecker brachte in der Debatte einen Entschließungsantrag ein, in der die Abschaffung der CO2-Besteuerung und die Verschiebung der Einführung der Kraftstoffverordnung gefordert wird. Auch dieser Antrag fand keine Mehrheit. (Schluss) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.