Parlamentskorrespondenz Nr. 1482 vom 20.12.2022

Inflationsbericht: Energiepreise weiterhin Haupttreiber der Inflation

2. Inflationsbericht zu Entwicklung der Teuerung

Wien (PK) – Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine Ende Februar 2022, kam es zu einem massiven Preisanstieg der Gas- und Mineralölprodukte, welcher bis heute anhält. Dem Finanzausschuss liegt nun ein aktueller Bericht zur Inflationsentwicklung vor. Nach dem ersten Bericht vom 13. Juni 2022, erstellte die im März 2022 eingerichtete Expert:innengruppe zur Beobachtung und Analyse der Inflationsentwicklung (EBAI) den zweiten Bericht mit Stand 21. November 2022 (III 824 d.B.). Dieser stellt die Entwicklung und Prognose der Inflation in den Vordergrund und widmet sich der Funktionsweise der Strom- sowie Gasmärkte. Zudem wurde der Kraftstoffmarkt untersucht.

Laut Bericht gelten die Energiepreise weiterhin als Haupttreiber der Inflation. Der österreichische Gasmarkt sei global eingebunden. Preisentwicklungen weltweit beeinflussen daher auch die Preise in Österreich und in weiterer Folge die Strompreise, heben die Expert:innen hervor. Der überwiegende Teil des Preisanstiegs an den Tankstellen sei auf gestiegene internationale Preisnotierungen für Diesel und Benzin zurückzuführen. Gleichzeitig gebe es seit Beginn des Krieges in der Ukraine auch deutlich höhere Gewinnmargen bei den Raffinerien der Mineralölkonzerne, so die Ergebnisse des Berichts. Auf Ebene der Tankstellen ergab die Analyse nur für März 2022 Hinweise auf substantiell erhöhte Bruttomargen, die jedoch in den Folgemonaten wieder stark abgenommen haben. Hinweise auf Preisabsprachen oder Marktmachtmissbrauch, wurden weder auf Ebene der Tankstellen noch auf Ebene der Raffinerien gefunden.

Inflationsschätzungen von WIFO, OeNB und IHS

Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) geht nach aktuellen Schätzungen von einer Inflationsrate von 8,25 % für 2022 aus, die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) sowie das Institut für Höhere Studien (IHS) von 8,5 %. Nach einem Höhepunkt im letzten Quartal 2022, rechnen alle drei Institutionen mit einem Rückgang der Inflationsrate auf 6,4 bis 6,8 % im Jahr 2023 und einer weiteren Reduktion in den Folgejahren. Für die Folgejahre wird zwar ein markanter Rückgang erwartet (2025: 3 %), mit geschätzten zweieinhalb Prozent für die Jahre 2026/2027 nähere sich die Inflationsrate in Österreich aber nur langsam dem EZB-Ziel von 2 % für den Euro-Raum an, heißt es.

In Europa sei es noch vor der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine bereits ab dem Sommer 2021 zu einer Einschränkung der Versorgung mit russischem Erdgas gekommen, betonen die Expert:innen. Der russische Energiekonzern Gazprom habe ab Sommer 2021 die Befüllung der Erdgaslager in Mitteleuropa eingestellt. Mit Kriegsbeginn und den von den EU-Ländern gegen Russland verhängten Sanktionen, ging das Energieangebot – im Besonderen von russischem Erdgas – in Europa zurück und die Energiepreise auf den europäischen Großmärkten für Gas und Strom stiegen enorm an, so die Analyse. Im Sommer 2022 hätten zusätzlich technische und witterungsbedingte Faktoren zu einer geringeren Stromproduktion aus Kern-, Wasser- und Windkraft in Europa geführt.

Auf Basis der WIFO-Prognose gehen die Expert:innen davon aus, dass die EU-Länder (mit Ausnahme Ungarns, Tschechiens und Bulgariens) ab 2023 kein Erdöl und keine verarbeiteten Mineralölprodukte mehr aus Russland beziehen. Für 2023 wird zum einen mit einer weiteren Reduktion des russischen Erdgasangebots in Europa gerechnet und zum anderen mit einer zunehmenden Versorgung mit Erdgas aus anderen Lieferquellen. Für 2023 wird mit einem weiteren Anstieg der Energiepreise im Verbraucherpreisindex um 30 % gerechnet. Die Strompreisbremse (Stromkostenzuschussgesetz), die seit Dezember 2022 aktiv ist, dürfte die Inflationsrate 2023 um rund ein Prozent dämpfen, so die Einschätzung.

2023: OeNB erwartet Nahrungsmittelinflationsrate von 6,4 %

Die erwartete Konjunktureintrübung aufgrund des Ukraine-Kriegs und der Unsicherheit im Hinblick auf Angebotsengpässe bei Gas werde den Inflationsdruck in den Jahren 2022 und 2023 bei Weitem nicht ausgleichen, bezogen sich die Expert:innen auf die OeNB. Die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflation steigt 2022 auf 4,8 % und werde 2023 mit 5,3 % sogar darüber liegen. Ausschlaggebend dafür seien die aufgrund der Inflationsentwicklung hohen Lohnabschlüsse sowie indirekte Effekte der Energiepreisentwicklung auf die Teuerung von Dienstleistungen und Industriegütern ohne Energie. Auch 2024 rechnet die Nationalbank mit einer Kerninflationsrate von 3,6 %. Die aktuelle Prognose der OeNB geht davon aus, dass Energieträger nicht rationiert werden müssen. Zudem sollten sich die weltweiten Angebotsengpässe bis Ende 2023 auflösen.

Bei Nahrungsmitteln (einschließlich Alkohol und Tabak) wird ein Anstieg der Teuerungsrate von 1,1 % im Jahr 2021 auf 8,5 % im Jahr 2022 erwartet. Auch 2023 wird noch mit einer überdurchschnittlichen Nahrungsmittelinflationsrate von 6,4 % gerechnet.

Kraftstoffmarkt: Keine Hinweise auf Preisabsprachen

Vor dem Hintergrund vieler Beschwerden wegen stark steigender Tankstellenpreise habe die Bundeswettbewerbsbehörde eine Branchenuntersuchung für Kraftstoffe eingeleitet, informierten die Expert:innen. Eine solche Untersuchung kann eingeleitet werden, wenn Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb in einem betreffenden Wirtschaftszweig eingeschränkt oder verfälscht ist. Neben Preisdaten wurden Auskunftsverlangen an die größten Tankstellen verschickt und die Betriebskosten der für Österreich relevanten Raffinerien abgefragt. Bei ihrer Preispolitik sind Tankstellen per Verordnung dahingehend eingeschränkt, dass sie ihre Treibstoffpreise nur einmal täglich um 12 Uhr erhöhen dürfen. Preisreduktionen sind jedoch jederzeit und beliebig oft möglich. Aus diesem Grund sind Treibstoffe kurz vor 12 Uhr auch tendenziell am günstigsten.

Die Ergebnisse der Branchenuntersuchung zeigen, dass der überwiegende Teil des Preisanstiegs an den Tankstellen auf gestiegene internationale Preisnotierungen für Diesel und Benzin zurückzuführen ist. Gleichzeitig finden sich seit Beginn des Kriegs in der Ukraine auch deutlich höhere Gewinnmargen bei den Raffinerien der Mineralölkonzerne. Auf Ebene der Tankstellen gibt es nur für März 2022 Hinweise auf substantiell erhöhte Bruttomargen, die jedoch in den Folgemonaten verschwinden. Die Analysen der Preis- und Kostendaten brachten keine unmittelbaren Hinweise auf Preisabsprachen oder Marktmachtmissbrauch, weder auf Ebene der Tankstellen noch auf Ebene der Raffinerien. (Schluss) gla