Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 21

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich gehe davon aus, daß der in der letzten Gesetzgebungsperiode bei den gemeinsamen Gesetzesanträgen gefundene Konsens weiterführend bedeutet, daß die gemeinsam beschlossenen Anträge auch gemeinsam wieder neu eingebracht werden, nachdem sie ja durch die vorzeitige Beendigung der Gesetzgebungsperiode als Beratungsgegenstand des Nationalrates untergegangen und gegenstandslos geworden sind.

Ich würde es begrüßen, wenn wir in einer der nächsten Sitzungen, da jetzt der Nationalrat seine Arbeit wieder aufnimmt und ein solcher Antrag auch wieder Sinn macht, einen solchen Antrag tatsächlich auch wieder beschließen.

Erfreulicherweise ist bereits wieder durch eine Regierungsvorlage Beratungsgegenstand des Nationalrates geworden, was den Ländern bereits vor dem Beitritt zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum versprochen worden war, nämlich eine die Länder stärkende Reform des Bundesstaates. Der Sachverhalt ist hier hinreichend bekannt und auch schon ausführlich diskutiert worden. Ich kann nur an das anschließen und unterstreichen, was der Herr Präsident in dankenswerter Weise in seiner Ansprache ausgeführt hat.

Ich glaube, wir sollten die neue Arbeit nicht mit Schuldzuweisungen beginnen, warum dieses Versprechen durch zwei Gesetzgebungsperioden hindurch nicht erfüllt werden konnte oder wollte – wie auch immer. Es ist auf jeden Fall ein Faktum, daß wir erneut an die Arbeit gehen müssen.

Ich möchte auch dem Bundeskanzler die Durchsetzungsfähigkeit wünschen, das, was er den Ländern gegenüber zugesagt hat und was er in Form einer Regierungsvorlage – zuletzt von ihm selbst als Antrag eingebracht – ausdrücklich inhaltlich auch als richtig anerkannt hat, zustande zu bringen. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn es gelänge, diese Einigung in einen Zeitraum fallen zu lassen, währenddessen der burgenländische Landeshauptmann Stix den Vorsitz in der Konferenz der Landeshauptmänner führt, weil er ja einer der ganz maßgeblichen Mitverhandler dieser Bundesstaatsreform war und ihm die Länder über alle Parteigrenzen hinweg eine sehr professionelle und engagierte Interessenvertretung verdanken. Das möchte ich sagen, auch wenn er heute aus den bekannten Gründen nicht hier sein kann. Es wäre ein würdiger Abschluß seiner intensiven Bemühungen, wenn er die Freude hätte, das in seiner Amtszeit erleben zu können.

Die Bundesstaatsreform – und das stellt sich immer deutlicher heraus – liegt keineswegs nur im vorrangigen Interesse der Länder – schon auch, aber eben nicht nur. Ein schlankerer Staat – und das ist das Gebot der Stunde und der Staatsfinanzen – und als Folge davon – nicht, wie man häufig vereinfachend meint, als Voraussetzung – auch eine schlankere Verwaltung läßt eine solche Reform der Staatsaufgaben und der Verteilung, wie sie wahrzunehmen sind, auch im Interesse des Bundes liegen.

Ich nenne nur als Beispiel einen Fall, wo es im ganz besonderen Interesse der Bürger liegt, nämlich die Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, weil die sich aus dem Arbeitsanfall unvermeidlicherweise ergebende lange Bearbeitungszeit von Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof nicht sehr bürgerfreundlich ist und die Wartezeit somit das Maß des Zumutbaren für den Bürger über Gebühr strapaziert. Mit diesen Landesverwaltungsgerichten könnte ein ganz wesentlicher Schritt in Richtung Dezentralisierung gesetzt werden.

Ausländische Beispiele zeigen auch, daß föderale Gliederungen eines Staates keineswegs eine aufgeblähte Verwaltung bedeutet. Das ist ein Schluß, der vielleicht auf den ersten Blick naheliegen mag, wenn man sagt, man hat alles zehnfach. Die Praxis zeigt etwas anderes. Die Bundesrepublik Deutschland und erst recht die Schweiz sind wesentlich stärker föderal gegliedert als Österreich. In beiden Ländern gibt es eine viel stärkere Übertragung von Aufgaben an die Länder. Nach dieser vorhin erwähnten Meinung müßten sie eigentlich einen besonders hohen Verwaltungsaufwand haben. Interessanterweise ist aber das Gegenteil der Fall. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Schweiz haben einen signifikant niedrigeren Anteil der im öffentlichen Dienst Tätigen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite