Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 20

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Um die Möglichkeiten des Bundesrates zu erweitern, haben wir in der letzten Gesetzgebungsperiode dem Nationalrat auf eine Änderung der Bundesverfassung zielende Gesetzesanträge übermittelt. Das betraf zunächst die Möglichkeit des EU-Ausschusses, Stellungnahmen des Bundesrates in EU-Angelegenheiten namens des gesamten Bundesrates abzugeben.

Wir wissen aus der Praxis, daß dies geradezu eine Voraussetzung dafür sein wird, daß der EU-Ausschuß und damit auch der Bundesrat seine Interessen in einer effizienten, das heißt raschen Art und Weise wahren kann. Man kann nun darüber diskutieren, ob es die Bundesverfassung überhaupt ausschließen würde, daß wir in unserem autonomen Wirkungsbereich einem Ausschuß des Bundesrates diese Enderledigungsbefugnisse übertragen. Ich halte aber durchaus dafür, daß man im Zweifel – auch dies ist anzuerkennen – eine Klarstellung durch den Verfassungsgesetzgeber erbittet.

In diesem Zusammenhang nur in Parenthese: Beim Unvereinbarkeitsausschuß sowohl des Nationalrates als auch des Bundesrates gibt es offenkundig diese Bedenken nicht, denn auch dort erfolgt ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die Bundesverfassung Enderledigung, indem nämlich beispielsweise von einem Bundesrat mitgeteilte unvereinbarkeitsrelevante Sachverhalte abschließend und enderledigend zur Kenntnis genommen werden, ohne daß noch einmal das Plenum des National- oder Bundesrates damit zu befassen wäre. Das soll aber niemanden daran hindern, eine verfassungsrechtlich saubere Verankerung weiter zu betreiben.

Das, was wir dem Nationalrat in der letzten Gesetzgebungsperiode weiters als Wunsch mit auf den Weg gegeben haben, war eine Stärkung des Bundesrates im allgemeinen. Sie kennen diese Punkte, ich möchte sie nur schlagwortartig erwähnen: Es handelt sich um eine Gleichstellung mit dem Nationalrat hinsichtlich des Widerspruchsrechtes in ganz wenigen sich aus der Zuständigkeit ergebenden Fällen, wenn die Bundesregierung von einer bindenden Stellungnahme des Bundesrates abweichen möchte.

Das ist weiters das mir in der Praxis außerordentlich wichtig und effizient erscheinende Recht des Bundesrates, vorab zu einem in Aussicht stehenden Gesetzesbeschluß Stellung nehmen zu können, würde uns aus der unangenehmen Situation befreien, daß wir nur abschließend ja und amen oder nein sagen können. Das ist keine befriedigende Entscheidungssituation. Wünschenswert wäre, könnten Bedenken auch formal, nicht nur hinter den Kulissen zeitgerecht artikuliert werden.

Das dritte ist eine gemeinsam mit dem zuständigen Ausschuß des Nationalrates wahrzunehmende Korrekturfunktion bei offenkundigen Schreibfehlern oder Irrtümern, ohne daß damit die gesamte Gesetzgebungsmaschinerie von vornherein neu in Bewegung gesetzt werden muß. Wir alle kennen ja diese Situationen, in denen man auf der einen Seite bei einer nicht ganz sauber vollziehbaren Regelung verharrt, weil man das neuerliche Ingangsetzen der Maschinerie scheut.

Das nächste ist das aus der Bundesstaatsreform herausgelöste Inkorporierungsgebot, das für die Länder außerordentlich wichtig ist, auch für die Verständlichkeit der Bundesgesetzgebung. Verfassungsänderungen sollen, so wie in nahezu allen anderen Verfassungsstaaten auch, nur in der Verfassungsurkunde selbst vorgenommen werden können.

Schließlich haben wir beantragt, daß nicht nur der Nationalrat eine Volksbefragung einleiten können soll, sondern auch der Bundesrat und daß die bundesstaatlich gemeinsamen Organe – Präsident des Rechnungshofes, Mitglieder der Volksanwaltschaft – gemeinsam, nämlich im Wege der Bundesversammlung, gewählt werden.

Daneben gab es noch einen Gesetzesantrag, der sich nicht so wie die anderen Punkte auf einen Konsens aller drei Fraktionen stützen konnte, wenngleich dieser Konsens früher einmal in weiten Teilen da war, nämlich die Erweiterung des Zustimmungsrechtes des Bundesrates auch auf das Finanzausgleichsgesetz und auf solche einfache Bundesgesetze, die für die Länder mit Kostenbelastungen verbunden sind.


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