Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 63

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So gab es noch einige Fehlentscheidungen. Ich erinnere zum Beispiel an die Verträge über Stromimporte aus Ungarn, die uns heute sehr viele Probleme bereiten, weil sie in der Vergangenheit offensichtlich zu hoch abgeschlossen worden sind.

Meine Damen und Herren! Die österreichische Energiepolitik ist aber auch gekennzeichnet durch eine parteipolitische Postenvergabe in all diesen Gesellschaften. Es gibt rote und schwarze Landesgesellschaften. Es gibt die KELAG, es gibt aber auch die Tiwag und die OKA. In der Verbundgesellschaft wurden Positionen und Stellen nach einem parteipolitischen Proporz besetzt. Im Zuge dessen wurden diese Energieversorgungsgesellschaften zu Privilegienparadiesen mit Sonderzahlungen, Frühpensionsrechten et cetera. Sie sind zu Spielwiesen für Privilegien degeneriert.

Die österreichische Energiepolitik ist aber auch gekennzeichnet von der Zersplitterung der Energieversorgungsunternehmen. Es gibt einerseits eine große Verbundgesellschaft, es gibt Landesgesellschaften und Sondergesellschaften, die sich mehr oder weniger heftig bekämpfen. Man verfolge nur die Werbekampagnen der Landesgesellschaften und der Verbundgesellschaft in den Medien – in Presse und Rundfunk –, wobei man sich auch die Fragen stellen muß: Welchen Zweck haben diese Werbekampagnen? Was kosten sie, und welche Auswirkungen werden sie auf die Stromtarife für die Bürger und für die Industrie- und Gewerbebetriebe dieses Landes haben?

Genau in diesem Licht sollte man auch den Widerstreit beim Kraftwerksprojekt Lambach sehen. Offensichtlich will die OKA als Landesgesellschaft noch ein Quentchen mehr Unabhängigkeit gegenüber der Verbundgesellschaft erreichen, möchte sie ihre eigene Position stärken. Dabei spielt die Liberalisierung im Zuge der EU-Mitgliedschaft eine wesentliche Rolle. Es geht um freie Stromlieferverträge, es geht um freies Leitungsrecht – und die österreichischen Partner möchten sich daher entsprechend plazieren. Eine große europäische Stromgesellschaft, ein großer europäischer Partner wird nicht mit X Gesellschaften in Österreich kooperieren, sondern nur mit einem Partner, denn für viele ist dieses Land zu klein. – Das ist der Grund für den Widerstreit zwischen den Landesgesellschaften und der Verbundgesellschaft. Ich glaube, daß der Streit um Lambach auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen ist.

Traurig, meine Damen und Herren, ist dabei nur, daß die Natur unter die Räder – besser gesagt, unter die Baggerschaufel – kommt und daß die Vorbehalte besorgter Bürger rücksichtslos ignoriert und zur Seite geschoben werden. Ich appelliere daher an Sie: Stoppen Sie vorläufig den Bau! Ringen Sie sich dazu durch, eine sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen! Ziehen Sie sich nicht auf den formalen Standpunkt zurück, zu sagen, die Planungsarbeiten hätten vor Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes begonnen! Deshalb appelliere ich auch an die Sozialdemokraten, sich nicht auf diesen Formalstandpunkt zurückzuziehen und unserem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Dr. Schambeck. Ich erteile ihm dieses.

18.36

Bundesrat Dr. Drs h.c. Herbert Schambeck (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Herr Landeshauptmann hat gesagt, er hätte sich vor mehr als 20 Jahren nicht gedacht, daß wir uns einmal so gegenüberstehen werden, daß ich ihm das Wort erteile und er von der Regierungsbank als erster Repräsentant des Landes Oberösterreich spricht. Als sein ehemaliger Lehrer im öffentlichen Recht an der Universität Linz möchte ich meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß ihn das Vertrauen der Oberösterreicher in diese verantwortliche Stellung gebracht hat. Ich bin als Ordinarius für Verfassungs- und Verwaltungsrecht stolz darauf, daß er so für den demokratischen Rechtsstaat eintritt, wie er es an unserer Fakultät gelernt hat. (Beifall bei der ÖVP.)


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