Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 16

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Das ist der Grund – ich sage es sehr klar –, warum auf unserer Seite ein hohes Maß an Zurückhaltung gegenüber voreiligen Festlegungen und Vorleistungen unsererseits besteht. Wir sind bereit und willens, an der Entwicklung einer solchen europäischen Sicherheitsarchitektur mitzuwirken, auch phantasievoll mitzuwirken, aber wir sollten uns anschauen, wie dieses System aussehen kann, bevor wir unsere staatlichen und vor allem innerstaatlichen Entscheidungen treffen.

Meine Damen und Herren! Österreich ist seit eineinviertel Jahren Mitglied der Europäischen Union, gestützt auf eine überwältigende Meinungsäußerung der österreichischen Bevölkerung. Diese relativ kurze Zeit ist ein schwacher Ansatzpunkt, um ein Resümee zu ziehen, aber zwei Dinge möchte ich festhalten: Österreich hat sich in den Institutionen und in den Entscheidungsstrukturen der Europäischen Union als ein vollwertiges Mitglied eingeführt, und unser Beitrag bei dieser Regierungskonferenz ist zweifellos ein vollwertiger und voll von den anderen Partnern anerkannter. Wir haben zum zweiten den richtigen Weg eingeschlagen, um die Möglichkeiten zu nutzen, die die Europäische Union wirtschaftlich, in der Förderungspolitik und in vielen anderen Bereichen für unser Land bietet.

Österreich ist in vielfacher Hinsicht geistig mit am Beginn eines Prozesses der europäischen Einigung und Zusammenarbeit gestanden, dessen heutiger Ausdruck die Europäische Union ist. Österreich hat darum gerungen – noch als besetztes Land –, dem Europarat beitreten zu können und zu dürfen. Österreich hat in einer Vielfalt von Verträgen damals als Nichtmitglied seine Partnerschaft mit der EU herausgebildet. Österreich hat auf die Entwicklung des – wenn auch kurzlebigen – Europäischen Wirtschaftsraumes einen zentralen Einfluß genommen. Wir sind nun eben auch Mitglied geworden, ein spätes Mitglied, aber ein Mitglied, das seine initiative Rolle nützen wird.

Ich würde mir wünschen, daß die Regierungskonferenz und die Rolle, die Österreich bei den Arbeiten dieser Regierungskonferenz spielt, etwas von dem wiederbeleben können, was für die Menschen in unserem Land im besonderen, aber auch für alle anderen Europäer, wo immer sie leben, am Beginn dieses europäischen Projektes gestanden ist: die Überzeugung, daß das Zusammenstehen der Staaten Europas unsere Kräfte verstärkt und uns einen neuen Horizont eröffnet. Für diese Überzeugung sollten und wollen wir arbeiten! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

9.58

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile dieses.

9.58

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich als Vorbemerkung: Ich möchte zum Ausdruck bringen, daß ich mich freue, daß ich eigentlich in fast allen Passagen meinem Kollegen und Vorredner Kone#ny zustimmen kann. (Bundesrat Dr. Prasch: Das ist ein Zufall! – Bundesrat Kone#ny: Ich glaube, ich habe etwas Falsches gesagt!)

Fassen Sie es nicht als Provokation auf, wenn ich sage, daß das vor einigen Jahren, etwa vor zehn Jahren, nicht möglich gewesen wäre, denn da gab es noch deutliche Auffassungsunterschiede über die Einigungsziele auf der einen Seite und die nationalen Zielen auf der anderen Seite. Aber immerhin, das ist Geschichte, das ist Schnee von gestern.

Ich möchte aber zu verstehen geben, daß ich in einigen Punkten nicht ganz Ihrer Meinung bin, und zwar im Hinblick auf Ihre zwar etwas abgeschwächte, aber vorhandene Kritik an der Sozialpolitik der Europäischen Union. Es ist auch gestern bei den Beratungen im Ausschuß angeklungen, daß die Europäische Union hinsichtlich der Sozialpolitik Nachholbedarf hat. Natürlich ist nichts so gut, als daß es nicht noch besser sein könnte – ein alter Grundsatz –, aber ich möchte doch daran erinnern – Sie haben es ja selbst erwähnt –, daß die Europäische Union gerade in dieser Frage wirklich vorbildlich agiert. Sie hat als ein Dogma die Solidarität der Mitgliedsstaaten untereinander und die Solidarität der Union mit jedem einzelnen Staat fest


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