Land sind, das sehr viele seiner Produkte und Dienstleistungen in die EU exportiert. Es ist daher für uns nicht ohne Bedeutung, wie sich Wirtschaft und Beschäftigung auch in Europa entwickeln. Dazu kommt, daß wir als Österreicherinnen und Österreicher sehr stark vom Tourismus abhängig sind, also von jenen Gästen, die überwiegend auch aus dem europäischen Raum kommen.
Die Zahl 18,5 Millionen Arbeitslose in Europa, das sind 10 Prozent, beinhaltet sicherlich nicht die Anzahl jener Kolleginnen und Kollegen, die verdeckt arbeitslos sind. Das sind nämlich auch noch einige Millionen in Europa, die von dieser Arbeitslosigkeit betroffen sind, auch wenn sie in sinnvolle Umschulungsmaßnahmen eingegliedert sind.
Wir dürfen nicht unterschätzen, daß es in Europa Regionen gibt, wo die Arbeitslosigkeit bedauerlicherweise weit über 20 Prozent liegt. Wir wissen auch, daß es in Österreich selbst sehr große Unterschiede in der Beschäftigung gibt.
Daher kann ich verstehen – ich bin darüber erfreut und nehme das gerne zur Kenntnis –, wenn die Frau Staatssekretärin einleitend gemeint hat, die EU muß den Bürgern "unter die Haut gehen". Ich darf das vielleicht mit einer persönlichen Anmerkung ergänzen: Die EU und ihre Mitgliedsländer haben auch die Verpflichtung, ihren Bürgern, ihren Arbeitnehmern mehr Arbeit zu bieten als bisher.
Zweifelsohne haben diese Mängel, die ich hier angedeutet habe, dazu beigetragen, daß die Europäische Union seit Jahren in einer für viele sichtbaren Phase der Unsicherheit steckt. Wir alle sollten dazu beitragen, daß diese Phase der Unsicherheit so rasch wie möglich überwunden wird, wenn wir eine positive Zukunft der EU gesichert haben wollen.
Die nach unserer Auffassung vorliegende mangelnde Glaubwürdigkeit der Europäischen Integration birgt längerfristig die große Gefahr einer Legitimitätskrise in sich. Angesichts dieser Feststellung sind wir als österreichische Arbeitnehmerorganisation – als Gewerkschaftsbund, Arbeiterkammern oder aber auch darüber hinaus als Europäischer Gewerkschaftsbund – der Auffassung, daß sich die Regierungskonferenz 1996 nicht nur mit minimalistischen und institutionellen Reformen auseinandersetzen darf, sondern daß sie in der Lage sein muß, auf die berechtigten Erwartungen der Arbeitnehmer und Bürger zu reagieren, um zu demonstrieren, daß deren Sorgen ernst genommen werden. Die Union muß insgesamt dazu beitragen, den Menschen beziehungsweise den Arbeitnehmern ihre externe und interne Sicherheit zu gewährleisten.
Ich möchte heute aber darauf hinweisen, daß in Österreich die Neutralität einen besonderen Stellenwert hat. Wenn wir über externe Sicherheit diskutieren, kann man spüren, daß den Österreicherinnen und Österreichern die Neutralität noch immer sehr stark am Herzen liegt, und wir sollten diese nicht so leichtfertig aufgeben. Das heißt also für uns, daß am 29. März in Turin der Beschäftigung, der Solidarität und der Demokratie in Europa von der Europäischen Union viel mehr Gewicht beigemessen werden muß, um einen ausgeglichenen Aufbau in Europa zu gewährleisten. Denn derzeit kann man ohne weiteres den Eindruck haben – bei den Arbeitnehmern verfestigt sich dieser Eindruck –, daß währungspolitische Fragen ein Übergewicht haben. Wir befinden uns in Österreich derzeit in einer solchen Diskussion, wobei wir aber die Bedeutung unserer Währung und die Stabilität eines ausgeglichenen Budgets nicht unterschätzen.
Wir glauben aber, daß der Demokratie, der Solidarität, der Beschäftigung beziehungsweise der Arbeit mehr Bedeutung zugemessen werden muß. Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es ein ernstes Anliegen sein soll – auch in der Union, nicht nur in Österreich und den nordischen Ländern –, der Beschäftigung eine größere Bedeutung beizumessen. Ich glaube, wir sollten als Österreicher auch in den anderen Ländern Verbündete suchen, weil die Beschäftigung für die Europäerinnen und Europäer eine wesentliche Voraussetzung für soziale und politische Stabilität ist. Der künftige Vertrag muß nach unserer Auffassung unbedingt den bestehenden Widerspruch zwischen den vielen und oft geäußerten feierlichen Versprechungen in bezug auf die Beschäftigung und der praktizierten und erlebten Politik aufheben, denn bisher ist es nicht gelungen, die Arbeitslosigkeit in Europa in den Griff zu bekommen.
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