Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 42

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Österreich hat nun die Möglichkeit, die spezifischen Interessen und Anliegen in die Meinungsbildung der Union einzubringen und damit auch gleichberechtigt die europäische Politik mitzugestalten. Die Einflußmöglichkeiten unseres Landes haben sich auch in den vergangenen Monaten beziehungsweise in den letzten 14 Monaten deutlich erhöht. Im Meinungsbildungsprozeß der Europäischen Union gelang es durch unser Engagement, unsere Position betreffend die Finanzierung des Kernkraftwerkes Mochovce – ein wichtiger Beitrag im Bereich der Umweltpolitik, von der heute auch schon gesprochen wurde – durchzusetzen.

Österreich ist nunmehr Teil der wichtigsten weltpolitischen Akteure, und damit steht auch die österreichische Politik vor völlig neuen Herausforderungen. Es geht nicht mehr darum, unsere Position gegenüber der Europäischen Union zu vertreten, sondern es geht, wie bereits gesagt, darum, das Wirken der Union von innen her mitzugestalten und hier mitzuarbeiten, denn auch die Entwicklungen in den letzten Jahren haben uns deutlich vor Augen geführt und eigentlich klargemacht, daß kein Staat allein die wirtschaftlichen, die politischen und auch die sozialen Probleme bewältigen kann, sondern daß es viel einfacher ist, in einem Staatenbund mitzuwirken.

Die Bedeutung der EU-Regierungskonferenz 1996 liegt für Österreich zunächst einmal im politischen Bereich. Österreich wird, wie es bereits mehrmals gesagt wurde, als gleichberechtigter Partner über die konkrete Gestaltung des europäischen Integrationsweges mitentscheiden. Diese Tatsache verdeutlicht auch den Quantensprung, den unser Land bezüglich seines politischen Stellenwertes durch den EU-Beitritt erfahren hat.

Die Tatsache, gleichberechtigt mitentscheiden zu können, bringt aber auch die Verpflichtung mit sich, eigene konkrete Vorstellungen in den Entscheidungsprozeß miteinzubringen. Dies erfordert unsererseits, daß wir uns mit den anstehenden Problemen auseinandersetzen und die innenpolitische Entscheidungsfähigkeit aufbringen, österreichische Positionen auf europäischer Ebene auch klar zu artikulieren. Nur eine Regierung, die weiß, was sie will, wird bei den Verhandlungen einen entsprechenden Erfolg haben.

Inhaltlich hat Österreich äußerstes Interesse daran, ein substantielles Ergebnis bei dieser Regierungskonferenz zu erreichen. Der besondere Stellenwert der Regierungskonferenz 1996 ergibt sich daraus, daß sich in Europa integrationspolitisch sehr viel bewegt und sich vielleicht auch die Europäische Union integrationspolitisch auf einem Scheideweg befindet. Es wird immer wieder behauptet, daß die Europäische Union, der Weg nach einem gemeinsamen Europa irreversibel wäre. Es gibt aber durch den Wegfall der Ost-West-Bedrohung nicht mehr so sehr das Bedürfnis nach einer Integration, und es ist auch klar – das wurde heute bereits mehrmals angesprochen –, daß Europa und Brüssel in der Öffentlichkeit ein Imageproblem haben.

Aber der Vertrag von Maastricht, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringt eine besondere Dynamik mit sich. Durch ihn wurde die Europäische Union gegründet, die auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips dem Bürger näherkommen soll. Trotz dieser Bemühungen aber ist die Identität zwischen der Europäischen Union und den Bürgern geringer geworden. Und ich bedauere auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir in Österreich aufgrund der letzten Umfragen nicht mehr jene Zustimmung haben, die wir im Juni 1994 gehabt haben. Es sagen nur mehr 40 Prozent der Österreicher, ja, sie sind für eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Union, und leider nur 30 Prozent der Österreicher meinen, sie haben auch einen Nutzen von der Europäischen Union. Diese Umfrage, die von der Europäischen Union durchgeführt wurde, ist aber in anderen europäischen Ländern ähnlich und vergleichbar, teilweise sogar noch schlechter, wenn ich beispielsweise Schweden hernehme, wo die Zustimmung in der Zwischenzeit nur bei 28 Prozent liegt.

Das heißt, es ist bei dieser Regierungskonferenz, bei der es um eine Weiterentwicklung des Maastrichter Vertrages geht und die unter dem Prätext Versöhnung der Bürger mit der Europäischen Union steht, auch für uns innerhalb von Österreich sehr viel zu tun, und wir müssen uns in vielen Bereichen sehr anstrengen. Wir haben auch hier in dieser Diskussion gesehen, was alles von dieser Regierungskonferenz, die am 29. März in Turin beginnen soll, erwartet wird, was alles hineininterpretiert wird. Es ist nicht nur die Frage der Beschäftigung angespro


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