Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 56

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freue mich schon darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Heiterkeit.) Meine heutigen Ausführungen sind ein Impromptu dazu oder Prolegomena, je nachdem, wie Sie das wollen.

Meine Damen und Herren! Wir sollen aus unserer Geschichte lernen. Ich sage Ihnen – auch im Hinblick auf die treffenden Ausführungen des Kollegen Drochter; ich freue mich, daß Sie wieder unter uns sind, weil Sie ein prominenter Vertreter des Österreichischen Gewerkschaftsbundes sind; Herr Kollege Drochter, auch als Sie nicht da waren, habe ich oft an Sie gedacht, wie Sie hier früher auf diesem Platz gesessen sind –, ich sage es Ihnen auch heute: Wir sollten uns bemühen, daß wir eine Arbeitsplatzsicherung zustande bringen, ohne die Staatsschulden zu vermehren. Denn ich sage Ihnen auch, das, was uns mit dem Belastungspaket jetzt auferlegt worden ist, ist durch eine falsche Wirtschaftspolitik zustande gekommen – zu einer Zeit, als meine Partei in der Opposition gewesen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher, meine sehr Verehrten, meine ich, wir sollten unsere österreichische Erfahrung einfließen lassen, damit uns eine schlechte, derartige Entwicklung in Europa erspart bleibt. (Bundesrat Dr. Kapral: Diese Zeit hat aber 1986 geendet!) Jawohl! Aber Sie waren konkerbant dabei mit der freiheitlichen Partei, denn Sie waren nämlich, was Sie vergessen, Koalitionspartner bis 1986, wogegen wir aufgetreten sind. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es ist aber erfreulich, aus diesen Zwischenrufen und Reaktionen erstens festzustellen, daß trotz der fortgeschrittenen Zeit niemand ermüdet ist – das spricht für unsere Jugendlichkeit, ohne daß man deshalb als spätpubertär gelten müßte –, und zweitens: Es ist erfreulich, weil ich sehe, welche Anerkennung unsere Verantwortung für wirtschaftliches Wachstum, soziale Sicherheit und kulturellen Fortschritt findet.

Den Ausführungen des Herrn Bürgermeisters Meier habe ich entnommen – und ich freue mich sehr, daß Sie uns auch im europäischen Raum vertreten –, daß die ideologischen und weltanschaulichen Gegensätzlichkeiten und Unterschiedlichkeiten in der Europapolitik immer mehr und mehr zurücktreten und immer mehr ein sachintegratives Denken in den Vordergrund tritt. Das habe ich auch gestern bemerkt, als sich Herr Bundesrat Kone#ny im EU-Ausschuß zu Wort gemeldet hat, in den ganzen Diskussionen um das Zustandekommen dieser Resolution, für deren Initiative ich auch den Herrn Vorsitzenden des EU-Ausschusses, Bundesrat Ing. Penz, danken möchte.

Das, was sich nach 1945 auf Länderebene gezeigt hat, daß die Objektivität und die Sachlichkeit, die Natur der Sache stärker wirkt als das parteipolitisch Ideologische, das können wir jetzt in der Europapolitik in einem zunehmenden Maße feststellen, und das soll man auch positiv zeichnen.

Herr Bundesrat Meier hat beim Herfahren mit einem Taxifahrer über die EU gesprochen. Es ist ja schön, daß sich einer darüber Gedanken macht, denn es gibt ja in Österreich viele, die die Travnicek-Mentalität haben, weniger die Taxifahrer, aber andere. Er hat sich also Gedanken gemacht, was man alles politisch tun kann, aber auch, was man politisch nicht tun kann. Es gibt sehr viele, die in der Vorbereitung der EU-Volksabstimmung gesagt haben, mit dem Ja zur Europäischen Integration werden nicht die Eigenstaatlichkeit Österreichs, die Regional- und die Länderverantwortung ausgelöscht – im Gegenteil, wir haben eine vermehrte Verantwortung, weil zu der des Ortes, des Landes und des Bundes noch die Verantwortung für Europa tritt.

Es war das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland in Karlsruhe, das den treffenden Ausdruck für diese EU gebraucht hat: Staatenverbund. Dieser Ausdruck wurde, nebenbei bemerkt, das erste Mal von meinem lieben Freund und Kollegen, dem Heidelberger Ordinarius Kirchhof in einer Abhandlung verwendet. Ich habe mich damit in meinem Beitrag zur letzten Mock-Festschrift näher auseinandergesetzt und werde das demnächst auch in der Österreichischen Juristenzeitung wieder tun.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen sagen, die Europäische Union kann nur dann als Staatenverbund weiterbestehen, wenn die einzelnen Mitgliedsstaaten imstande sind, eigenstaatlich das Ihre zu dieser weiteren Entwicklung der europäischen Rechtsordnung beizutragen.


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