Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 68

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gebungsbefugnisse nur in sehr eingeschränktem Ausmaß zu Gebote stünden. Beiden Einwürfen kann eine Prise Wahrheit nicht abgesprochen werden, aber sie provozieren zwangsläufig eine Gegenfrage. Soll Europa eine Union miteinander verflochtener Staaten sein oder wollen wir einen Europäischen Bundesstaat? In letzterem Falle wären die Einwürfe zutreffend. Aber wollen wir das wirklich? Wer will das wirklich? Also bleiben wir doch auf dem Boden der Realitäten!

Kritisiert wird an der vorliegenden Wahlordnung, daß sie nur einen Wahlkreis kennt, also das Bundesgebiet einen einzigen einheitlichen Wahlkörper bildet. Man muß sich schon einmal die Anzahl der zu wählenden Abgeordneten vor Augen führen. Es sind 21, die in einem Verhältnis von 8: 6: 5: 1: 1 zurzeit in Brüssel, in Straßburg österreichische Interessen vertreten, sodaß sich mehrere Wahlkreise schon unter diesem Gesichtspunkt nicht unbedingt als länderfreundlich erweisen würden.

Ein Wahlvorschlag muß von wenigstens drei Abgeordneten zum Nationalrat oder von einem Europaabgeordneten oder von 2 600 Wahlberechtigten unterfertigt sein. Die Regierungsvorlage hat noch von fünf Abgeordneten zum Nationalrat beziehungsweise zwei Europaabgeordneten gesprochen. Der Verfassungsausschuß des Nationalrates hat sich zu dieser zweifellos auch minderheitenfreundlichen Änderung durchgerungen.

Abgeordnete, die nicht wenigstens 4 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erzielen können, haben keinen Anspruch auf ein Mandat. Ich glaube, daß wir auch mit dieser Sperrklausel durchaus einem internationalen und minderheitenfreundlichen Standard entsprechen.

Vorzugsstimmen zählen nur dann, wenn sie ein Ausmaß von mindestens 7 Prozent der auf ihre Parteiliste entfallenden gültigen Stimmen erreicht haben. In der Regierungsvorlage meinte man noch, es müßte die Wahlzahl erreicht werden, das heißt also die 21. Zahl, die sich nach dem d’Hondtschen Verfahren ergibt.

In der Wahlordnung wird noch klargestellt, daß die Durchführung der Europawahl gleichzeitig mit anderen allgemeinen Wahlen zulässig ist.

Die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates umfassen auch Novellierungen und Anpassungen der Nationalrats-Wahlordnung, des Wählerevidenzgesetzes, des Parteiengesetzes und des Klubfinanzierungsgesetzes.

Ich beantrage namens meiner Fraktion, gegen die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Prähauser .)

14.38

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich DDr. Franz Werner Königshofer. Ich erteile dieses.

14.38

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine ganze Reihe von wunderschönen EU-Reden gehört, und wenn nicht Donnerstag wäre, könnte man sogar von Sonntagsreden sprechen, die hier in diesem Hause gehalten wurden. (Bundesrat Eisl: Das kann man wohl sagen!)

Vor allem wurde auf die Regierungskonferenz in Turin eingegangen, und da hat man uns erklärt, daß man in Zukunft ganz besonders darauf achten wolle, die Bürgernähe der EU und die Transparenz der Entscheidungsfindung in der EU herauszuarbeiten. Die Frau Staatssekretärin, die mittlerweile schon weggegangen ist, hat auch davon gesprochen, die EU müsse den Bürgern unter die Haut gehen. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Die EU ist schon sehr vielen Bürgern in diesem Land unter die Haut gegangen, und zwar schon sehr tief, bis an die Nerven, zumindest an den wirtschaftlichen Lebensnerv so manchen Bürgers. (Bundesrat Eisl: Bis an die Knochen!) Das möchte ich hier einmal feststellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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