Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 95

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16.33

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Ich darf Ihnen für die Beantwortung unserer dringlichen Anfrage danken. Sie haben in einem recht: Das Motiv zu dieser Anfrage liegt tatsächlich in den gegenwärtigen Verhandlungen zu einer Regierungsbildung beziehungsweise in den Verhandlungen der provisorischen Bundesregierung zur Erstellung eines Budgets.

Die Motive liegen auch darin, daß in bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern nicht alles so glattgelaufen sein kann, wie Sie das hier behauptet haben, sonst hätte es in der Presse nicht Überschriften gegeben, die gelautet haben: "Neues Kräftemessen ums Sparpaket – Länder, zeigt dem Bund die Zähne!" oder "Oberösterreich gegen Diktat Wiens" und so weiter.

Im Rahmen des Sparpakets herrschte die falsche Meinung vor, daß mit den Einsparungen dieser 100 Milliarden Schilling die finanzielle Lage Österreichs und damit auch die finanzielle Lage der Länder ausgeglichen sein werde. – Was ja nicht stimmt, denn dadurch wird ausschließlich das Defizit auf jährlich 70 Milliarden Schilling heruntergedrückt, und von den 3 Prozent Maastricht-Neuverschuldung – Sie haben das schon erwähnt, Herr Staatssekretär – kann der Bund in etwa 70 Milliarden Schilling für sich in Anspruch nehmen. Die Länder und Gemeinden müssen mit einer Neuverschuldung von 0,3 Prozent – das wären zirka 7 Milliarden Schilling – auskommen.

Auch wenn die Länder – Sie haben es erwähnt – aus dem Sparpaket mit Mehreinnahmen in der Höhe von etwa 3 oder 4 Milliarden Schilling rechnen dürfen, wird der Bedarf an Neuverschuldung dieser Ebenen für die nächsten Jahre deutlich höher sein. Deshalb stellte sich natürlich die Frage nach den strukturellen Änderungen und nach der Vorgangsweise, die von seiten der Bundesregierung beziehungsweise von seiten der Verhandlungspartner geplant ist.

Es ging uns in dieser Anfrage im wesentlichen um zwei Ebenen: Die erste Ebene sollte klären, ob die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Landeshauptleutekonferenz oder in der Viererrunde geplant hat, daß die Bundesebene vorhat, in die Personalhoheit der Länder verfassungsmäßig über einen bestimmten Zeitraum einzugreifen. Sie haben diese Frage verneint – wir nehmen das zur Kenntnis.

Die zweite Frage ist institutionell: Wir wollen wissen, welches Gremium in Zukunft die Interessen von Bund und Ländern koordinieren wird, und hier haben Sie bestätigt, daß es zwischen der Bundesregierung und der Landeshauptleutekonferenz bereits eine Absprache gibt, die ein derartiges Konsultationsgremium einrichten will. Die Länder sollten in bezug auf dieses Gremium bei all jenen Bundesgesetzen, die für sie nachweisbar deutlich finanzielle Auswirkungen hätten, ein Vetorecht haben. Weil der Bundesrat, so wird von den Landeshauptleuten argumentiert, hier zu geringen Einfluß und nur hemmende Wirkung habe, sollte die Vetofunktion von einem eigenen Konsultativgremium wahrgenommen werden.

Wir Freiheitlichen sind der Ansicht, daß dieses Konsultativgremium – wie auch immer es dann gestaltet werden sollte – im wesentlichen unnötig ist, weil es nur darum gehen kann, den Bundesrat in seiner jetzt bestehenden Form zu reformieren und jene Vorschläge, die wir auch im Rahmen der Bundesstaatsreform zur Reform des Bundesrates gemacht haben – nicht nur wir Freiheitlichen im Bundesrat, sondern auch Kollegen von seiten der ÖVP-Fraktion –, ernsthaft zu debattieren, die in die Richtung gehen, den Bundesrat tatsächlich zu einer Länderkammer umzuformen, die in der Lage ist, die Interessen der Bundesländer, nicht nur der Legislative, sondern auch der Exekutive, effizient zu vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine weitere Ebene bildet die Bundesstaatsreform. Sie haben in Ihrer Beantwortung sehr geschickt das Thema "Bundesstaatsreform" auf die legislative Ebene weitergeschoben. Wir wissen, daß diese Vorlage wieder im Ausschuß des Nationalrates liegt, wir erkennen aber auch die Realverfassung in unserer Republik, die ja davon ausgeht, daß Gesetze nicht so sehr in den dafür vorgesehenen Parlamenten verbindlich besprochen werden, sondern daß es darum geht,


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