Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 104

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Bundesstaat und Bundesrat zu setzen, kennen. Das möchte ich Ihnen sagen. Das habe ich erlebt. En detail werden Sie es in meinen Memoiren lesen. Aber man kann sich nicht darauf ausreden, daß wir irgend etwas vergessen hätten.

Ihnen von der freiheitlichen Partei sage ich im Hinblick auf Bundesratseinsprüche: Sie sind hier die Nachfolge – ich sage nicht Epigonen; Sie sind die Nachfolge – von Leuten wie Herrn Dr. Broesigke – das ist ein bedeutender Jurist und auch ein bedeutender Humanist – und so weiter. Diese haben aber das föderalistisch Initiierte abgeschmettert. Lesen Sie bitte nach, was Ihre Parteivertreter im Nationalrat über Bundesratseinsprüche gesagt und diesbezüglich getan haben. Katastrophal! Sie stehen in einem kontradiktorischen Gegensatz zu Ihnen. Sie haben sich daher die Koalitionsrolle mit der SPÖ bis 1986 wahrlich verdient, meine sehr Verehrten!

Dazu sage ich Ihnen jetzt: Im Jahre 1996 sollten wir wirklich bei diesem Ja zum Föderalismus bleiben, Herr Staatssekretär, beginnend mit dem Konsultationsmechanismus, fortsetzend mit den Initiativen, die notwendig sind. Denn ich sage Ihnen: Wenn der erste Bundesgesetzgeber, nämlich der Nationalrat, nicht bereit ist, auch für die Länderkammer entsprechende Kompetenzen vorzusehen, dann darf er sich nicht wundern, wenn sich die politische Willensbildung über das Haus der Bundesgesetzgeber hinaus so entwickelt, daß man den Eindruck haben muß, das österreichische Parlament ist ein Ratifikationsorgan von dem, was sich außerparlamentarisch ereignet hat, meine sehr Verehrten! (Beifall bei ÖVP und den Freiheitlichen.) Zu dem Zweck fahren wir aber nicht nach Wien ins Parlament.

Daher glaube ich, daß es für jeden Nationalrat und Bundesrat von Interesse sein müßte, als Mindestmaß der Achtung einer demokratischen Republik für vermehrte Rechte des Bundesrates und für ausgeübte Rechte des Nationalrates zu sein. Man müßte – und damit schließe ich – im Jubiläumsjahr der Republik Österreich den Eindruck haben, Artikel 1 lautet: Österreich ist eine demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volk aus!, und nicht: Es wäre an seinen Bundesländern und seinem Föderalismus und damit am Volk ausgegangen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.16

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Jaud.

17.16

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte nur kurz zu Kollegen Prähauser Stellung nehmen.

Ich unterstreiche alles, was Sie gesagt haben. Jedoch müssen wir hier in der Länderkammer auch die Voraussetzung dazu schaffen, daß der Bundesrat seiner Aufgabe nachkommen kann.

Die Sozialdemokraten haben derzeit in der Präsidiale die Mehrheit, und der Präsident trägt dafür Verantwortung, daß die Termine so gesetzt sind, daß die Arbeit ordnungsgemäß erfolgen kann.

Ich muß feststellen, daß bei den wichtigen Gesetzen, den Begleitgesetzen zu dem Budget, die Terminsetzung so getroffen wurde, daß weder wir hier im Bundesrat noch die Bundesratsdirektion ihrer Aufgabe entsprechend nachkommen kann.

In der 16. Woche – so wurde uns heute mitgeteilt – wird der Nationalrat die Begleitgesetze beschließen, und wir sollen dann in der 17. Woche diese Gesetze absegnen. Das ist dann nichts mehr anderes als ein Absegnen dieser Gesetze.

Die Bundesratsdirektion hat nicht mehr die Möglichkeit, diese Beschlüsse dann den Ländern mitzuteilen, damit die sich die Beschlüsse des Nationalrates ansehen können, sie begutachten können und uns mitteilen können, ob ihnen das paßt.

Wenn wir in der Zukunft so vorgehen – diese Vorgangsweise setze ich praktisch mit der Ausschaltung des Bundesrates gleich, weil wir eben nicht die nötige Sorgfalt an den Tag legen können –, dann brauchen wir uns darüber nicht zu wundern, wenn uns die Länder nicht ernst


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