Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 46

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Lassen Sie mich hinzufügen: Diese Expansion hat insbesondere anfangs der neunziger Jahre Platz gegriffen, in denen Sie in kürzester Zeit zum Beispiel die Ausgaben für soziale Aufwendungen verdoppelt haben.

Auch das von ÖVP-Seite so lautstark verlangte Verhältnis zwischen Einsparungen und neuen Belastungen von 1 : 2 stimmt in Wirklichkeit nicht. Es beträgt im besten Fall 1 : 1. – Das hat Dr. Busch vom Institut für Wirtschaftsforschung kürzlich festgestellt. Tatsache ist aber – nach den Unterlagen des Finanzministeriums –, daß 1996 und 1997 aufgrund der Maßnahmen des Belastungspaketes mit zusätzlichen Steuereinnahmen in der Höhe von 80 Milliarden Schilling gerechnet wird. Es ist sowohl im Koalitionsabkommen als auch in der Regierungserklärung von einem Einsparungsbedarf, einem Sanierungsbedarf – das hat auch diese Überprüfung ergeben – in der Höhe von insgesamt 100 Milliarden Schilling die Rede. Wenn man einigermaßen rechnen kann, dann kommt man dabei auf ein Verhältnis 4 : 1.

Es ist eigentlich fast nicht mehr anzuhören, wenn sich Politiker, die an dem Desaster der öffentlichen Haushalte – es waren doch, wie diese Politiker festgestellt haben, keine Schwindelbudgets, auch wenn die Abgänge zum Jahreschluß dann immer um 30, 40 oder mehr Prozent höher gelegen waren, als budgetiert – mit schuld sind, Mitschuld tragen, diese Entwicklung unmittelbar zu verantworten haben, jetzt als die großen Sanierer darstellen und sich die vermeintlichen Einsparungen, die in Wirklichkeit keine sind, als große Leistung anrechnen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben ein schweres Erbe übernommen, ein Erbe, das Sie sich aber selbst zuzuschreiben haben und das daraus entstanden ist, daß jahrelang verabsäumt wurde, notwendige Reformschritte in diesem Land zu setzen – Reformschritte, zu deren Realisierung diese große alte Koalition angetreten ist; Reformen, wie zum Beispiel Gesundheitswesen, Pensionsregelung, Altersvorsorge, Bundesbahn, Verwaltungsvereinfachung, Dienstrecht und so weiter.

Sie haben nunmehr die Notbremse gezogen, ein Belastungspaket geschnürt, das nach Ihrer Lesart sozial ausgewogen ist und alle Bevölkerungsschichten nach ihrer Leistungsfähigkeit gleich belastet. Tatsache ist aber, daß vor allem der Besserverdienende, die besser verdienenden Bevölkerungskreise am stärksten zur Kasse gebeten werden (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Kone#ny ), jene Bevölkerungsschicht also, die das Rückgrat jeder Volkswirtschaft ist, Herr Bundesrat Kone#ny! (Bundesrat Kone#ny: Das ist eine Selbsttäuschung, Herr Kollege!)

Die arbeitsamen Facharbeiter, die Angestellten, die Gewerbetreibenden, die Freiberufler, all jene werden zur Kasse gebeten. (Bundesrat Kone#ny: Das sind die Besserverdiener?) Natürlich schonen Sie die Kleinen, das ist klar, aber in Wirklichkeit trifft es den breiten Mittelstand, der Ihnen das eines Tages ganz schön entgelten wird. (Bundesrat Kone#ny: Stellen Sie das dann im Protokoll nicht richtig!) Herr Bundesrat Kone#ny! Sie unterstellen mir hier eine unehrenhafte Handlung. Wann habe ich jemals im Protokoll etwas richtigstellen lassen? Herr Präsident! Darf ich Sie bitten! (Bundesrat Kone#ny: Ich habe Sie nur gebeten!)

Präsident Johann Payer: Wir sind jetzt bei der Debatte der Regierungserklärung. Ich bitte die beiden Herren, das mit mir nachher noch einmal zu besprechen.

Bundesrat Dr. Peter Kapral (fortsetzend): Was soll diese Bemerkung, Herr Bundesrat Kone#ny? Haben Sie Beweise dafür? (Bundesrat Kone#ny: Ich habe Sie nur gebeten, diese wichtige Bemerkung, daß wir die sozial Schwachen schonen, so stehen zu lassen!) Warum soll ich das streichen? Das Protokoll gibt das wieder, was ich hier sage. (Zwischenrufe.)

Präsident Johann Payer: Ich darf feststellen, daß Herr Bundesrat Kapral keine Möglichkeit hat, Berichtigungen oder Änderungen im Protokoll vorzunehmen. Was hier gesagt wird, steht auch im Protokoll. Ich bitte Sie, Herr Dr. Kapral, in Ihren Ausführungen fortzusetzen.

Bundesrat Dr. Peter Kapral (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Ich darf auf die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers zurückkommen, die wir eben hier gehört haben und die


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