Kompetenzverteilung mit Bund und Ländern eingeleitet haben. Das weiß ich sehr zu schätzen. Man kann mich diesbezüglich nachlesen. Ich habe zur ersten Regierungserklärung Dr. Vranitzky 1986 schon gesagt: Von einem solchen Bundeskanzler erwarte ich mir einen föderalistischen Touch.
Ich bedauere es daher außerordentlich, daß wir zwar 1974 und 1984 Föderalismusverfassungs-Novellen verabschieden konnten, aber nicht 1994. Und hier bin ich nicht allein. Der frühere Herr Bundesminister für Föderalismus und Verwaltungsreform Jürgen Weiss, der in seiner früheren Regierungsfunktion Großartiges, Historisches geleistet hat, und die Damen und Herren der ÖVP-Bundesratsfraktion bedauern das mit mir, und auch einige von der SPÖ. Schuld daran sind sicherlich nicht Sie, Herr Bundeskanzler, aber andere in Ihrer Partei, von denen ich erwartet hätte, daß Sie die Unterschrift des Kanzlers, ihres Parteivorsitzenden, vom Jahre 1992 als Verpflichtung ansehen, was aber nicht der Fall war. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ob ich das Vergnügen habe, noch einmal eine Regierungserklärung zu besprechen oder nicht, bleibe dahingestellt. Dem österreichischen Volk wünsche ich es, daß dies nicht notwendig ist, daß wir uns erst im Jahre 2000 damit beschäftigen müssen und ich das nachlesen kann. Aber glaube Sie mir eines, Herr Bundeskanzler – diese Äußerung mache ich, damit sie einmal zitiert werden kann –:
Wer sich in Österreich für den Förderalismus einsetzt und das Vergnügen hat, Bundesrat zu sein, der muß sich darauf einstellen, Demuts- und Geduldsübungen zu machen, Langzeitverpflichtungen auf sich zu nehmen und ähnliches mehr, um einen föderalistischen Erfolg mit Langzeitwirkung in diesem Haus erreichen zu können.
Daran sind nicht Sie schuld, Herr Bundeskanzler, sondern andere Leute, die erste Repräsentanten des Nationalrates sind oder Ihre Fraktion führen. Sie brauchen nur Herrn Vizepräsidenten Walter Strutzenberger zu fragen, wie oft er und ich ersucht haben, bis zuständige Leute an der Spitze des Nationalrates und jener Fraktion, der ich nicht angehöre, bereit sind, für Verfassungsinitiativen Zeit zu haben, Verständnis dafür zu haben, daß der Bundesrat kein ungeliebter Untermieter im gemeinsamen Hohen Haus ist, der ostentativ mit Pomp (Beifall bei den Freiheitlichen) und mit dem entsprechend anwesenden oder nicht anwesenden Publikum auftreten kann. Dazu muß ich auch sagen, wenn bestimmte Leute nicht anwesend sind, habe ich keine Minderwertigkeitskomplexe. Manche Leute, die nicht anwesend sind, erfahren einige Dinge nicht, die aber für sie ganz gut wären, weil die Politik ein Bildungsprozeß ist, und manche sind sicherlich sehr bedürftig.
Meine sehr Verehrten! Ich möchte Ihnen sagen, wir befinden uns auf gemeinsamem Weg. Es gibt keine solch große politische Bildungsbedürftigkeit wie in einer demokratischen Republik, weil da alles einsichtig und transparent ist. Und wir sind dafür da, daß wir davon reden, und das freie Mandat verpflichtet dazu (Bundesrat Dr. Prasch: Sie haben keines in der ÖVP!), vor allem wenn man einen Beruf hat, der dazu verpflichtet, über diese Erscheinungen, Institutionen und Personen zu sprechen. Wenn ich einmal nicht mehr herinnen bin, werde ich davon schreiben – manche werden das nicht für möglich halten, aber ich werde das dann tun.
Meine sehr Verehrten! Wir befinden uns in einer Verpflichtung vor dem Jahre 2000 – der Herr Bundeskanzler hat treffend darauf hingewiesen –, und, glauben Sie mir, wir müssen materiell, aber auch ideel vieles einbringen. Dazu verpflichtet uns das Ende eines Jahrhunderts, das das Erbe eines ganzen Jahrtausends einzubringen hat. Glauben Sie mir: Dieses Jahr birgt eine große Verpflichtung für alle, für jeden einzelnen, der nach Hause kommt und mit seiner Frau – außer er ist ein Tyrann – das Wirtschaftsgeld einteilen muß, der den Kindern erklärt, was heuer gemacht wird und was nicht gemacht wird, wie das Budget am Wochenende aussieht, was man sich am Samstag und am Sonntag leisten kann, was man sich für Freude bereiten kann, meine sehr Verehrten!
All diese Menschen tragen das Budget mit, und daher kann man nicht sagen, das ginge nur die Regierung an. Glauben Sie mir: Wenn das Budget beschlossen und das Begleitgesetz verabschiedet ist, dann beginnt für uns Politiker erst die Arbeit. Wir müssen dem einzelnen erklären,
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