Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 70

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluß und möchte sagen, was wir Freiheitlichen in den nächsten Jahren zu tun haben werden: Ich glaube, daß es ganz notwendig sein wird, daß sich die freiheitliche Partei als einzige Oppositionskraft hier im Bundesrat noch stärker als bisher von SPÖ und ÖVP abgrenzen muß. (Bundesrat Prähauser: Das ist kaum mehr möglich!) Wir werden bewußt eine fundamentale Oppositionspolitik gegen alle Maßnahmen dieser Koalition machen, sofern sie den Bürger belasten, wie es bei diesem Belastungspaket der Fall ist, oder wenn keine ernstzunehmende Abkehr von dem bisher beschrittenen Weg der Packelei zu erkennen ist.

Wir werden diese staatspolitische Verantwortung im Sinne und im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher noch stärker als bisher wahrnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.08

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss. Ich erteile dieses.

16.08

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Bundesminister und Staatssekretäre! Für alle, die sich auch in der Politik zur Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes bekennen, ist die Sanierung des Staatshaushaltes wohl unausweichlich. Wenn man – pointiert gesagt – die Zinsen für aufgenommene Kredite nur mehr mit neuen Schulden bezahlen kann, bedarf es gar keiner Konvergenzkriterien der angestrebten Europäischen Währungsunion, um zu dieser Einsicht zu kommen.

Wer künftige Generationen nicht überfordern, den – international gesehen – hohen sozialen Standard in der Substanz sichern sowie die für seine Finanzierung und die Erhaltung der Arbeitsplätze notwendige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft festigen will, hat keine Alternative zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung.

Die Zusammenarbeit von Parteien und die Bildung der Bundesregierung sind ausschließlich an diesem Ziel zu messen. Keine der nach einer Wahl möglichen Koalitionsformen ist politischer Selbstzweck, sie sind im Interesse des Landes so zu wählen, daß ein möglichst großer gemeinsamer Nenner notwendiger Maßnahmen zustande kommt.

Es ist bei einer isolierten Betrachtung nicht in Abrede zu stellen, daß es zu einzelnen Vorhaben der Budgetkonsolidierung punktuell Alternativen gäbe und auch wohl weiterhin geben wird und daß auch in kritischen Wortmeldungen der anderen Parteien manch gute Ideen stecken. Aber die bloße Summe von Teilen gibt kein Ganzes und erst recht keine für die Durchsetzung der Vorhaben notwendige Mehrheit.

Daher haben die bisherigen Diskussionen über die Regierungserklärung lediglich gezeigt – das gilt sowohl für den Nationalrat als auch hier für den Bundesrat –, daß es jede Oppositionspartei anders machen würde. Offen blieb, ob das in der Summe besser wäre. Deutlich wurde dagegen, daß es zur Mehrheits- und Durchsetzungsfähigkeit der nun gebildeten Bundesregierung und ihrer Einigung auf gleich zwei Jahresbudgets keine Alternative gab.

Daraus kann natürlich kein Freibrief abgeleitet werden, die Regierung und die Mehrheit im Nationalrat haben nun vier Jahre lang diskussionslos und immer recht. Das muß nicht nur auf dem Prüfstand der Öffentlichkeit Bestand haben, sondern auch auf jenem der Gewaltenteilung mit den Ländern und Gemeinden und schließlich auch vor der nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof.

Eine besondere Form der Gewaltenteilung möchte ich hier nicht unerwähnt lassen, nämlich die für einen Bundesstaat unerläßliche und in Österreich dem Bundesrat übertragene Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung.

Vor diesem Hintergrund halte ich es für sachgerecht, in der Diskussion über die Regierungserklärung und das ihr zugrunde liegende Koalitionsabkommen im Bundesrat eine etwas andere


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