Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 71

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Betrachtungsweise zu wählen, als das im Nationalrat üblich ist. Das gilt umso mehr, als die Länder diese Regierungsbildung mittragen und keineswegs in Opposition dazu stehen. Die Wortmeldungen der von den Landtagen über Vorschlag der Freiheitlichen entsandten Bundesräte, Herr Kollege Prasch, vermitteln in dieser Hinsicht einen unzutreffenden Eindruck. Sie haben auch gar nicht behauptet, daß Sie hier etwa für das Bundesland Kärnten sprechen würden, sondern haben klargemacht, wessen Interessen Sie hier vertreten: die der freiheitlichen Partei. Das sollte man, glaube ich, deutlich sagen, wenn man hier im Bundesrat einen Gegensatz von Regierung und Opposition konstruieren will, der diesem Haus eigentlich wesensfremd sein sollte. (Bundesrat Dr. Tremmel: Sie vertreten die ÖVP! Stimmt das?) Nein, ich vertrete das Bundesland Vorarlberg, und es ist Ihnen unbenommen, das Bundesland Steiermark zu vertreten.

Die Bundesregierung und die sie tragenden Nationalratsfraktionen gehen mit vielen guten Vorsätzen an die Arbeit. Einer davon ist das Bemühen, nicht nur zu einer neuen Spargesinnung, sondern auch zu einer neuen Gesetzgebungskultur zu kommen.

Es ist zu wünschen, daß dieser Vorsatz an den sogenannten Budgetbegleitgesetzen nicht spurlos vorübergehen möge. Wenn den Ländern schon extrem kurze Begutachtungsmöglichkeiten – teilweise von Donnerstag bis zum darauffolgenden Montag – eingeräumt wurden und die mit den eigenen legistischen Richtlinien nur mühsam in Einklang zu bringende Form einer sehr umfangreichen Sammelnovelle gewählt wird, dann sollte wenigstens der Inhalt keinen Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten mit den Ländern bieten. Das konnte man, wie die Stellungnahmen inzwischen zeigen, nicht von allen Details der Begutachtungsentwürfe behaupten.

Die Bereitschaft der Länder zum Mittragen des Sanierungspaketes sollte nicht dazu verführen, es über das Ausgehandelte hinaus zu vergrößern und damit auch aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß bei der nach wie vor großen Zahl von verfassungsändernden Bestimmungen – meistens im Kleid einer Verfassungsbestimmung – schon das letzte Wort des Gesetzgebers gesprochen sein sollte. Die Leichtfüßigkeit bei dieser immer wieder zu Recht kritisierten Anlaßverfassungsgesetzgebung steht in einem auffallenden Mißverhältnis zu dem Beharrungsvermögen, das sonst wichtigen verfassungspolitischen Reformvorhaben und Weichenstellungen entgegengesetzt wird.

Der Schwerpunkt der Regierungszusammenarbeit, die Budgetkonsolidierung des Bundes, war von einer begrüßenswerten Gemeinsamkeit mit den Ländern getragen und kann sich – der Herr Bundeskanzler hat das ebenfalls erwähnt – darüber hinaus auf einen mit den Gemeinden abgestimmten Finanzausgleich bis zum Ende des Jahres 2000 stützen.

Damit dieses Finanzausgleichsgefüge und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte insgesamt – das betrifft natürlich auch die Länder und Gemeinden – nicht schrittweise wieder in Unordnung gerät, wurde eine Bremse bei der finanziellen Belastung anderer Gebietskörperschaften durch neue Gesetze und Verordnungen vereinbart. Sie ist von dem Gedanken getragen: Wer einseitig anschaffen will, soll dafür auch die Kosten selbst tragen.

Das Koalitionsübereinkommen beläßt es bei diesem grundsätzlichen Ziel sowie bei der Ankündigung einer staatsrechtlichen Vereinbarung und einer nachfolgenden verfassungsrechtlichen Verankerung.

Nachdem man bei den bisher vorgelegten Entwürfen einer lediglich politischen Vereinbarung keineswegs davon ausgehen kann, die Zustimmung aller Länder zu finden, halte ich die nun gewählte Vorgangsweise weiterer Verhandlungen mit den Ländern und Gemeinden auf parlamentarischer Ebene für richtig. Dabei wird natürlich auch die Frage zu klären sein, ob der Bundesrat durch eine Ausweitung seines Zustimmungsrechtes – das wäre wohl die unerläßliche Voraussetzung – in diesem geplanten Konsultationsverfahren für die Länder eine wichtige Funktion wahrnehmen kann – und ob er das letztlich auch will.


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