Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 90

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Beitragszeiten und Pensionszeiten. Daß das schlußendlich zu Finanzierungsproblemen führt, müßte eigentlich allen klar sein.

Ich meine, daß hier grundsätzlich mehr Wert auf echte Beitragszeiten zu legen ist, wenngleich auch der sozialpolitische Erfolg der Anrechnung der Kindererziehungszeiten für Frauen nicht in Frage zu stellen, sondern anzuerkennen ist.

Es ist natürlich leicht gesagt, wenn die Lebenserwartung steigt, soll etwas später in Pension gegangen werden. Das wäre an und für sich ja kein Problem, wenn genügend Arbeitsplätze für Jung und Alt zur Verfügung stehen würden. Bedauerlicherweise ist dem aber nicht so, obwohl wir in Österreich sagen können, daß wir im Verhältnis zu den OECD-Staaten oder zur Europäischen Union noch günstige Arbeitslosenraten haben. Dennoch – sie sind im Steigen begriffen, und das muß uns Sorge bereiten.

Daher gilt es jetzt, finanziellen Spielraum für beschäftigungspolitische Impulse zu schaffen, denn die vornehmste Aufgabe jedweder Sozialpolitik muß es sein, allen Menschen Arbeit und Einkommen zu geben und zu sichern. Einer der Grundsätze ist: Einer ist schon zu viel, der vor seine Familie hintreten und erklären muß, er habe Arbeit und Einkommen verloren. Da steht Schicksal dahinter, ein hartes Schicksal.

Wenn auch die Freiheitlichen manchmal glauben, Sie würden immer für die "kleinen" Leute eintreten, dann darf ich doch in Erinnerung rufen, wie die Freiheitlichen Sozialpolitik sehen. Es war ihr erster Mann, als er das Bärental übernommen hat, der einen Förster um seine Existenz gebracht hat, der eine Familie mit einem behinderten Kind zu versorgen hatte. Das war in den Zeitungen nachzulesen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Rockenschaub .)

Das war der erste Streich. Und der zweite folgt sogleich: Nachdem die Facharbeiter dort ihren Arbeitsplatz verloren hatten, hat man ausländische Arbeiter beschäftigt – illegal beschäftigt. Das ist Sozialpolitik, wie die Freiheitlichen das sehen.

Und der dritte Streich folgt auch sogleich: Wir wissen heute alle, daß für ein riesiges Vermögen kaum oder keine Steuer bezahlt wird. (Beifall bei der ÖVP und Beifall des Bundesrates Prähauser. Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Rockenschaub .)

Um dieses Schicksal des Verlustes des Arbeitsplatzes hintanzuhalten, sind alle öffentlichen Stellen aufgefordert, alle Mittel einzusetzen, damit Arbeit geschaffen wird. Ich begrüße es, daß zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit 1996 um 1,5 Milliarden Schilling mehr zur Verfügung stehen als 1995. Soweit ich weiß, stammt dieses Geld aus dem Sozialfonds der Europäischen Union.

Zur Europäischen Union auch ein paar Worte, die ja mit ihren Konvergenzkriterien nicht ganz unbeteiligt ist, daß nun eine Reihe von Maßnahmen zu setzen sind. Ich möchte schon anmerken, daß ein freier Markt, ein liberaler Markt und Konvergenzkriterien sehr wohl zu begrüßen sind, die uns in die Lage versetzen, daß wir 1998 an der Währungsunion teilnehmen können. Doch sollte man in der EU nicht vergessen, daß es auch gilt, sozialpolitische Mindestnormen einzuführen und zu setzen, damit nicht nur der Markt, sondern auch die Sozialpolitik zum Tragen kommt – mit Normen, wie sie für den wirtschaftlichen Bereich schon vorgesehen sind.

Daher gilt es, Österreich in der Europäischen Union wettbewerbsfähig zu halten und den Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern; daher ist Spielraum im Budget wieder notwendig und eine Konsolidierung des Staatshaushaltes unumgänglich. Zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich habe ich auch das Bekenntnis zur Aufwertung der Facharbeit mit Freude gehört. Es gilt aber nicht nur, Facharbeit vermehrt anzuerkennen und aufzuwerten, sondern grundsätzlich die manuellen Tätigkeiten etwas höher zu bewerten. Diese Tätigkeiten sind in unserer Gesellschaft notwendig, werden aber oft nicht in dem Maß anerkannt und auch nicht entsprechend entlohnt und belohnt, wie das eigentlich notwendig wäre.


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