Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 21

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Was den Vertretern des perfekten Wohlfahrtsstaates bisher offenbar kaum aufzufallen schien, ist die Tatsache, daß zur Herstellung von hoher sozialer Sicherheit nicht nur viel Geld, sondern auch genügend fachlich qualifiziertes und motiviertes Personal vonnöten ist.

Nichtsdestoweniger sind Entwicklungsprognosen für die Arbeitswelt in der heraufziehenden Dienstleistungsgesellschaft durchaus glaubhaft. Es wurde heute schon gesagt: Der Anteil der Teilzeitbeschäftigung wird zunehmen und weiter steigen, der rasche Technologiewechsel erfordert ständiges Umlernen, und das bedeutet auch die Notwendigkeit, Chancen und Zeiten für dieses Umlernen einzubauen sowie entsprechende gesellschaftliche und psychologische Anreize zu schaffen.

Job- und Arbeitsplatzwechsel werden zu einem Haupttypus der Arbeitswelt. Wir gehen einem Ende der massenhaft standardisierten Lebensarbeitskarrieren entgegen. Die Zukunft, verehrte Damen, geschätzte Herren, wird uns also ein bewegliches Arbeitsleben mit vielen Wahlchancen bringen. Allerdings wird es diese Chance vorwiegend bei gewissen Qualifikationen geben. Die Bruchlinie verläuft dann nach den Grenzen von Bildung und Umstellungsfähigkeit und weniger nach sozialer Herkunft.

Daher meine ich, daß die vorliegenden Gesetze grundsätzlich notwendig sind und ein Beitrag zur Gesundung des österreichischen Staatshaushaltes sind. Und diese angestrebte Budgetkonsolidierung liegt nicht zuletzt auch deshalb im Interesse des Staates und damit in unser aller Interesse, weil sie nachhaltig den Wirtschaftsstandort Österreich, damit die hohe Beschäftigung, die Kreditwürdigkeit Österreichs auf den internationalen Kapitalmärkten, günstige Zinssätze für Investitionen des Staates, der Wirtschaft und Konsumenten und damit einen starken Schilling, weiters den Haushaltsspielraum für öffentliche Leistungen in künftigen Budgets, die Stetigkeit und Berechenbarkeit der Finanzpolitik, die Glaubwürdigkeit der Politik und als wichtigstes den sozialen Frieden und die Stabilität sichert.

Das Konsolidierungsprogramm wird zwar durch Ausgabenkürzungen, Steuererhöhungen und auch durch den Aufnahmestopp negative wirtschaftliche Effekte auslösen, diese werden aber durch offensive Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung bekämpft, da das zwischen den Koalitionsparteien vereinbarte Paket auch eine ganze Reihe von kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung einschließt.

Es kann damit gerechnet werden, daß das verhandelte Paket insgesamt positive Beschäftigungsimpulse im Ausmaß von rund 31 000 gesicherten beziehungsweise geschaffenen Arbeitsplätzen pro Jahr enthält. Das entspricht, geschätzte Kollegen von den F, zirka einem Prozent der Anfang 1996 in Österreich unselbständig Beschäftigten.

Zusätzlich zu den angeführten Beschäftigungseffekten sieht das Programm die Senkung der Verwaltungskosten, Verfahrenskonzentrationen sowie die Erleichterung von Unternehmensgründungen, die natürlich notwendig sind, als Maßnahme zur Standortsicherung vor. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Erlauben Sie mir, die Situation aus einem ganz anderen Blickwinkel zu beleuchten, nämlich aus der Sicht eines ebenso jungen EU-Mitgliedes und sozial hochentwickelten Landes wie Österreich. Ich zitiere die Aussagen des schwedischen Botschafters Björn Skala in Österreich. Dieser meint:

Schweden hat jetzt große Probleme mit dem Staatshaushalt. Wir waren in einer schlimmeren Lage, als Österreich jetzt ist, und mußten daher strenge Sparmaßnahmen ergreifen, die jetzt seit 1. Jänner in Kraft getreten sind. Das heißt, daß auch bei Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, Kinderbeihilfen und so weiter gespart wird.

Die Arbeitslosenbezüge wurden von 90 auf 75 Prozent herabgesetzt. Darüber gibt es in Schweden eine sehr heftige Debatte. Der schwedische Staat ist ja als Wohlfahrtsstaat berühmt geworden, und er wird auch ein sozialer Wohlfahrtsstaat bleiben. Aber natürlich gibt es auch sehr große Gruppen, die meinen, daß man jetzt übertreibt, daß zuviel gespart wird und daß es

 


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