Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 60

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17.24

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Das Arbeitsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP sieht ein flächendeckendes, fahrleistungsabhängiges, ökologisch gestaltetes Mautsystem – wir nennen es Road-pricing – in Abstimmung mit der EU vor. Für die SPÖ steht im Vordergrund der Überlegungen eine möglichst effiziente Bewirtschaftung des hochrangigen Straßennetzes, also vor allem der Autobahnen und Schnellstraßen. Dazu erscheint ein Road-pricing-System sowohl aus verkehrs-, umwelt-, aber auch aus wirtschaftspolitischer Sicht am besten geeignet. Insbesondere muß jede Art der Bemautung auch mit deutlichen Verbesserungen für den Konsumenten, also den Autofahrer, einhergehen. Sanierungen, Leit- und Informationssysteme und Lückenschlüsse sind hier zu bewerkstelligen.

Für eine Vignette spricht ihre Einfachheit, ihre unmittelbare Einführbarkeit sowie die unter Umständen geringeren Verwaltungskosten. Die Vignette ist allerdings nicht fahrleistungsabhängig und entspricht damit auch nicht dem Arbeitsübereinkommen. Es ist kaum plausibel zu erklären, warum jemand, der einmal im Jahr auf der Autobahn auf Urlaub fährt, denselben Betrag zahlen soll wie jemand, der diese Infrastruktur wesentlich öfter in Anspruch nimmt. Dem hat man Rechnung getragen. Führt man diese Lösung daher ein, ist damit automatisch auch die Ergiebigkeit des Systems drastisch reduziert und das Streben nach Kostenwahrheit im Verkehr insbesondere bei den LKWs bereits von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Lückenschluß im HSN-Netz würde noch Jahrzehnte dauern, nötige Sanierungen könnten nicht finanziert werden. Dringend erforderliche Umfahrungen wie etwa die Nord- und Südumfahrung Wiens könnten nicht gebaut werden, und die beschäftigungs- wie konjunkturpolitisch wichtigen öffentlichen Aufträge an die Bauwirtschaft werden nur in eingeschränktem Maß erfolgen.

Die SPÖ hat hinsichtlich der Einführung des Road-pricings bereits im Frühjahr dieses Jahres ein Grundsatzkonzept vorgestellt und dieses im Laufe der Monate konkretisiert. Im wesentlichen sieht dieses Konzept vor, daß eine bundesweit einheitliche Gesellschaft die Nutzungsrechte am hochrangigen Straßennetz übertragen erhält. Diesem Vermögenswert, der ohne Zweifel im Bereich von etwa 100 Milliarden Schilling anzusiedeln ist, stehen die Straßenverbindlichkeiten der ASFINAG gegenüber, die zu Jahresende rund 76 Milliarden Schilling betragen werden. Hauptaufgaben dieser Gesellschaft werden der weitere Neubau, der Lückenschluß des hochrangigen Straßennetzes, dessen bauliche und betriebliche Erhaltung, die Verwaltung der bisherigen Mautstrecken sowie die Vorbereitung der Einführung des flächendeckenden Road-pricings sein.

In Abstimmung mit den im Wirtschaftsministerium bereits vorliegenden Transportwegen sollte dieses Road-pricing für LKWs bereits Anfang 1997 sowie für PKWs etwa im Jahr 2000 eingeführt werden. Technisch ist dies ohne weiteres möglich, wie das verschiedene Versuche etwa in der BRD gezeigt haben. Die Refinanzierung erfolgt zunächst über den Kapitalmarkt ohne Bundeshaftung sowie über private Beteiligungen. Hier teile ich nicht die Meinung des Kollegen Königshofer. Ich meine doch, daß Investoren gerne bereit wären, in diesen Bereichen zu investieren.

Daß dieses System funktioniert, hat sich zum Beispiel an Frankreich gezeigt. Dort werden für die bewirtschafteten 6 000 Kilometer Autobahnen keinerlei staatliche Zuschüsse benötigt. Sie werden über Anleihen vorfinanziert. Betrieb, Erhaltung und Verwaltung sowie die Finanzierung der insgesamt etwa 2 Milliarden Schulden werden aus den Mauteinnahmen gedeckt.

Die Vorteile aus unserer Sicht: fahrleistungsabhängig, damit gerechter, bessere Berücksichtigung des Prinzips der Kostenwahrheit, weit höheres Neubauvolumen, damit wesentlich schnellerer Lückenschluß, einheitliche Maut- und Verkehrspolitik, höhere EU-Kompatibilität – Deutschland denkt bereits in dieselbe Richtung –, bessere "Servicierung" des Autofahrers durch die Gesellschaft, höhere positive Effekte auf Beschäftigung und Konjunktur. – Soviel zur Sache selbst und nun einige emotionelle Bemerkungen.

Wir haben heute mehrfach gehört, daß die freiheitliche Partei – sie hat das auch zugegeben – eine Generalmaut gefordert hat. Es ist nicht neu, daß die Österreicher eine Maut gefordert

 


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