Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 16

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In einem Brief des Bundeskanzleramtes vom 19. 4.1984 wurde im Zusammenhang mit Stellungnahmen zu Bundesgesetzen in bezug auf Artikel 98 verlangt, daß dem Bund bei Landesgesetzen mit finanzieller Folgewirksamkeit zumindest eine sechswöchige Stellungnahmefrist eingeräumt wird. – In diesem Fall, meine Damen und Herren, währte die Frist zur Stellungnahme nur wenige Tage. Bei einem Gesetzeswerk, das mit den Gegenüberstellungen und mit den Regierungsvorlagen ein Konvolut von 1 400 Seiten ist, geben Sie den Bundesräten nur eineinhalb Tage Zeit, dieses durchzusehen. Im Ausschußbericht ist nichts vorhanden, was auf die Verschiebungen, Absetzungen und Korrekturen hindeutet. Dabei sind allein 70 Seiten Korrekturen, meine Damen und Herren, zugegangen. Noch gestern ist eine Korrektur zugegangen. Ein ordentlicher Bundesrat, der sich entsprechend vorbereiten wollte, hatte nicht die Möglichkeit dazu!

Sie haben gesagt, daß die Landesregierungen haben nicht entsprechend agiert haben. Ich habe hier ein Schreiben der Steiermärkischen Landesregierung, unterzeichnet durch Landeshauptfrau Klasnic beziehungsweise durch den Leiter des Verfassungsdienstes, Dr. Gerhard Willinger, für die Steiermärkische Landesregierung. – In diesem heißt es: "Die eingeräumte Frist zur Stellungnahme ist so kurz, daß eine ernsthafte Befassung mit dem Entwurf nicht erwartet werden kann. Diese Vorgangsweise stellt einen Affront gegenüber den Ländern dar, zumal sich der Bund im Rahmen des Verfahrens gemäß Artikel 98 B-VG eine Begutachtungsfrist von jedenfalls sechs Wochen" – ich habe das Schreiben des Bundeskanzleramtes zitiert – "vorbehalten hat. Wenngleich eine so lange Frist in dringlichen Fällen nicht immer eingehalten werden kann, muß doch eine Mindestfrist von zwei Wochen als unbedingt erforderlich angesehen werden, soll nicht die Anfrage des Bundes eine bloße Alibihandlung sein."

Herr Professor Schambeck! Sagen Sie mir, ob das eine Zustimmung ist! – Ich glaube, das ist keine Zustimmung. So verhält es sich mit allen maßgeblichen Gesetzesmaterien: Im Hinblick auf das Budgetbegleitgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Budgetkonsolidierungsgesetz, das Studienförderungsgesetz, das Gesetz für die land- und forstwirtschaftlichen Bundesanstalten, das Weingesetz, das Militärauszeichnungsgesetz, das Auslandseinsatzgesetz, das Familienlastenausgleichgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Altlastensanierungsgesetz hörte ich: Das hat keine Auswirkungen auf die Länder und auf die föderalistische Struktur. – Ja was hat denn dann überhaupt noch eine solche Auswirkung nach Ihrer Meinung, Herr Kollege Kone#ny?

Es gibt auch eine Zustimmung, zum Beispiel zum Sicherheitspolizeigesetz. Aber in diesem Fall würde schlicht und einfach eine Gebührenerhöhung ausreichen, meint man in der Stellungnahme, denn dieses Strukturanpassungsgesetz oder Umschuldungsgesetz, wie ich es bezeichnen würde, soll nur die riesengroßen Budgetlöcher stopfen. – Ich bezweifle allerdings, daß sie gestopft werden können.

Meine Damen und Herren! Weil es wirklich ganz erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und Vorbehalte gibt, daß das, was Sie jetzt tun, zur Sanierung der Staatsfinanzen ausreicht, und weil eine ordnungsgemäße Befassung aufgrund der Zeitknappheit und der hingeschluderten Gesetze, die teilweise wirklich mit Fehlern behaftet sind – ich werde sie in der materiellen Debatte noch darlegen –, hier nicht möglich ist, stelle ich den Antrag auf namentliche Abstimmung gemäß § 54 der Geschäftsordnung und bitte Sie, Herr Präsident, die Unterstützungsfrage zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.58

Präsident Johann Payer: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich bitte diejenigen, die die namentliche Abstimmung unterstützen, um ein Handzeichen. – Das ist ausreichend. Es gibt daher eine namentliche Abstimmung.

Wir müssen die Namensliste vorbereiten, und ich bitte um ein wenig Geduld.


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