Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 28

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um seine Existenz zu sichern, diese Feinheiten – ob Werkvertrag oder Dienstvertrag – vielleicht auch ändern muß, ist – und ich denke zu Recht – keine Entscheidung, die der Arbeitnehmer selbst trifft, sondern die ihm aufgezwungen wird. In der genannten Situation muß er die unterschiedlichen Leistungen differenzieren, wenn es beispielsweise darum geht, Krankengeld zu beziehen, denn im Werkvertrag fällt er aus all diesen Leistungen heraus.

Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt – vor allem im Lichte der vorher sehr generell und in ihrer Zielsetzung klar erkennbaren Aussagen, zum Teil politisches Kleingeld einheimsen zu wollen – doch sehr konkret einige Punkte angesprochen, die in diesem Konsolidierungsprogramm, in diesem Strukturanpassungsgesetz natürlich als Kompromiß der Regierungsparteien zu sehen sind. Deshalb, Herr Kollege Jaud, sind mir Ihre Aussagen passagenweise so unverständlich. (Bundesrat Jaud: Auch mir sind sie teilweise unverständlich!) Das hätte ich eigentlich nicht anders erwartet.

Aber aufgrund Ihrer Aussagen drängt sich mir die Befürchtung auf, daß die Partnerschaft in einer Koalition und das damit notwendig verbundene Verständnis für die Bedürfnisse beider großen Gruppen nicht im nötigen Ausmaß vorhanden ist. Vermutlich wird es auch nicht leicht gelingen, die notwendigen weiteren Maßnahmen zu ergreifen und das Verständnis aufzubringen, um dieses Strukturanpassungsgesetz umzusetzen.

Ich erlaube mir jedoch – ich mache das ganz bewußt zum Schluß –, einige positive Maßnahmen zu vermerken: Es ist wirklich positiv zu werten, daß es im Strukturanpassungsgesetz auch gelungen ist, die aktive Beschäftigungspolitik eindeutig zu verankern. Es ist ein umfangreiches Sonderprogramm für WiedereinsteigerInnen vorgesehen. Ich habe mir nur eine Zahl herausgenommen: Im Jahr 1996 waren es 100 Millionen Schilling, die dafür verwendet werden sollen. Ich denke, daß dieser Betrag nicht unbeträchtlich ist, wenn man von bestehenden Verhältnissen ausgeht.

Wenn sich allerdings die Situation in die Richtung entwickelt, daß man jedes strukturelle Problem und das Reagieren auf tatsächlich vorhandene Probleme in anderen Bereichen dazu ausnützt, um im eigenen Interesse sogenannte – unter Anführungszeichen – "Strukturanpassungen" vorzunehmen, dann, glaube ich, werden wir in diesem Bereich – dem Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik – noch mehr Anstrengungen unternehmen müssen. Ich behaupte allerdings, daß all diese Anstrengungen nicht notwendig wären, wenn man auch in den Betrieben mit entsprechender Sensibilität – und manchmal auch mit etwas mehr Professionalität – an die Probleme herangehen würde. (Bundesrat Jaud: Die Arbeitsmarktpolitik ist aber eine gute Wirtschaftspolitik, gnädige Frau!) Die ist aber verbunden mit der Vollbeschäftigung. Ich bestätige Ihnen durchaus, daß wir für eine vernünftige Wirtschaftspolitik eintreten. Bitte, schauen Sie sich das Strukturanpassungsgesetz an. Vereinfacht dargestellt muß ich sagen, daß die Wirtschaft ihre Vorstellungen darin auch erfolgreich verankert hat. (Zwischenruf des Bundesrates Jaud .)

Wir gehen davon aus, daß wir eine funktionierende Wirtschaft brauchen, eine funktionierende Wirtschaft muß aber auch Vollbeschäftigung bedeuten! Nicht funktionierende Wirtschaftseinheiten und sämtliche Schwierigkeiten, die im Bereich der Wirtschaft auftauchen, werden der öffentlichen Hand zugeordnet. Meine Damen und Herren, das wird nicht funktionieren! (Bundesrat Jaud: Nehmen Sie den "Konsum" oder entsprechende Dinge!)

Man könnte glauben, wir hätten keine Argumente, wenn die Tragik mit dem "Konsum" nicht passiert wäre. Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von Unternehmen aufzählen, bei denen es (Bundesrat Eisl: Das war ein Musterunternehmen!) – nicht Salz in meine Wunden streuen – allein unternehmerische Fehlleistungen sind, die – zum Teil – bewußt herbeigeführt werden; nicht nur bei Österreichern, auch bei Multis. Deshalb habe ich erst auch von den Gestaltungsmöglichkeiten gesprochen, ohne diese dezidiert angeführt zu haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Muß ich Ihnen, die Sie aus der Wirtschaft kommen, sagen, wie Multis mit ihrer Steuerpflicht in Österreich umgehen? Es gibt doch eine ganze Reihe von funktionierenden Unternehmen, die in Österreich keinen Schilling Steuer bezahlen, weil sie ihre Gestaltungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen.


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