Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 35

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Außerdem wurde den Familien ein Betrag von 2,9 Milliarden gekürzt, die Beamten im öffentlichen Dienst wurden mit 16 Millionen zur Kasse gebeten, nämlich in Form einer Nullohnrunde und durch die Verschärfung bei Frühpensionen.

Es ist natürlich klar, daß die derzeitige Regierung dieses Gesetz schnell durchpeitschen will, bevor die Bürger allzu hellhörig werden. Die Studenten waren bisher die einzigen, die vehement aufbegehrt haben.

Aber nicht nur die Bürger werden überfahren, sondern auch die Länder, wie aus deren Stellungnahme ersichtlich ist. Es ist vielleicht den Abgeordneten aus Oberösterreich nicht sehr angenehm, wenn ich hier zitiere, welche Stellungnahme das Amt der oberösterreichischen Landesregierung abgegeben hat. Das Amt der oberösterreichischen Landesregierung hat gewichtige Einwände und Bedenken aufgezeigt und hat diese Bedenken auch präzisiert, vor allem im Zusammenhang mit dem Bundespflegegesetz.

Ich darf zitieren: "Bereits anläßlich der letzten Novelle zum Bundespflegegesetz, BGBl. Nr. 131/1995, hat das Amt der oberösterreichischen Landesregierung das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dringend ersucht, die geplante Änderung des Pflegegeldgesetzes mit den Ländern zu koordinieren, um der Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen gerecht zu werden. Auch die Landessozialreferentenkonferenz (Schreiben der Verbindungsstelle der Bundesländer vom 27. 10. 1995, VST-274/100) forderte ausdrücklich, Änderungen der Pflegevorsorge mit den Ländern vorzuberaten. Diese Forderung wurde insbesondere auch im Hinblick auf das Ruhen des Pflegegeldes bei Krankenhausaufenthalten, so wie dies jetzt vorgesehen ist, aufgestellt."

Und weiter heißt es: "Im Hinblick auf die notwendige Koordinierung und auf die zu treffenden verwaltungstechnischen und legistischen Maßnahmen wurde das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wiederum ersucht, ein koordiniertes Vorgehen mit den Ländern herbeizuführen und die Novelle zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft zu setzen. (Dies ist tatsächlich nicht geschehen, und der Inkrafttretenstermin wurde lediglich um einen Monat verschoben.)"

Wir sehen anhand dieses Beispiels also, daß nicht nur Bürger protestieren, sondern daß auch die Verwaltung und die Länder ihre Bedenken anmelden und sich die Regierung darüber hinwegsetzt. Es wird das Pflegegeld der Stufe 1 ohne Verwaltungsvereinfachung auf zirka 2 000 S gekürzt, und das Taschengeld wird bei Unterbringung in einem Heim von bisher 1 138 S auf 569 S reduziert.

Es ist noch nicht sehr lange her, daß dieses Pflegegeld als großartige soziale Leistung – und vor allem als Wahlzuckerl – eingeführt wurde. Schon damals hätte man wissen sollen, daß dies auf Dauer nicht finanzierbar ist.

Meine Damen und Herren! Alte und pflegebedürftige Menschen werden wieder einmal zu Almosenempfängern, aber die Belastungsverlierer sind noch wesentlich zahlreicher: Es sind dies unter anderem die Gewerbetreibenden und die leistungswilligen Arbeitnehmer, der Tourismus, und ganz gravierend sind die Familien und die Frauen betroffen.

Meine Vorrednerinnen von der sozialdemokratischen Fraktion haben schon darauf hingewiesen, daß auch sie mit vielen Dingen nicht einverstanden sind. Ich möchte hier nur einige Punkte aufzählen: Kürzung aller Familienbeihilfen um 100 S monatlich, das Einfrieren der verbleibenden Kinderbeihilfen und der Kinderabsetzbeträge über jeweils drei Jahre, der Wegfall der Geburtenbeihilfe und die Reduzierung der Karenzzeit um sechs Monate. Weiters nicht zu vergessen: 10 Prozent Selbstbehalt bei Schülerfreifahrten und der Wegfall der Freifahrten ab dem 19. Lebensjahr sowie der Selbstbehalt bei Schulbüchern.

Mir ist daher nicht ganz verständlich, was damit gemeint ist, wenn in einer Broschüre des Familienministeriums großartig proklamiert wird, daß eine fünfköpfige Familie – hier wird eine fiktive Familie angeführt, in der die Tochter elf Jahre und der Sohn vier Monate alt ist – vom österreichischen Staat kostenlose Schulbücher und Schulfreifahrten bekommt. (Bundesrat Mag.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite