Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 36

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Langer: Das ist unerhört!) In meinen Augen ist das, was hier aufgezeigt wird, eine Unwahrheit. Wir alle wissen, daß es bei den Schulbüchern ebenso wie bei den Schülerfreifahrten Selbstbehalte gibt.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe die ÖVP nicht, wenn sie als Familienpartei dies alles zuläßt. Wir Freiheitlichen sind sehr wohl auch für sinnvolle Reformen, gerade was den Familienbereich anlangt. Ich frage im speziellen die Vertreter der ÖVP: Warum kann man sich nicht endlich zum Ausbau familienpolitischer Leistungen durchringen? – Nämlich als Stammleistungen aus dem FLAF, wie zum Beispiel die Idee des Kinderbetreuungsschecks, der den Eltern in einheitlicher Höhe zugute kommt und für Tagesmütter, öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen oder für die eigene Abgeltung beziehungsweise für die eigene soziale Absicherung verwendet werden kann.

Aber wahrscheinlich paßt das als gesamtes nicht in die sozialistische Familienideologie, die alles, was an Erziehungsarbeit zu Hause geleistet wird, eher konservativen Tendenzen zuordnet. Auch Frau Frauenministerin Konrad hat sich vor einiger Zeit in der Pressestunde dahin gehend geäußert.

Familienarbeit ist meiner Meinung nach dieser Regierung sehr wenig wert, und deshalb nützen verschiedene Sonntagsreden von "Neubewertung und Aufwertung der Familienarbeit" herzlich wenig. Als eine solche "Sonntagsaktion" befinde ich auch eine Studie, die das Familienministerium durchführen ließ. In dieser Studie plädierten die Befragten zu 72 Prozent für eine Verlängerung der Karenzzeit auf drei Jahre. Man veranlaßt Untersuchungen, man läßt Studien durchführen und kürzt dann trotz eindeutiger Ergebnisse die bisherigen zwei Jahre Karenzzeit auf de facto eineinhalb Jahre.

Das Verlorengehen von Familienarbeit, das durch diese De-facto-Kürzung des Karenzjahres natürlich nicht nur die Familien betrifft, sondern vor allem – wie es auch meine Vorrednerinnen schon gesagt haben – die 280 000 Alleinerzieherinnen, die dadurch ihre Kinder noch wesentlich früher öffentlichen Betreuungseinrichtungen übergeben müssen, ist ein Faktum, das nicht außer acht gelassen werden darf. Es handelt sich bei den genannten Betreuungseinrichtungen um Institutionen, von denen angeblich österreichweit 200 000 fehlen und wovon wir kurzfristig 40 000 benötigen. Diese 40 000 Einrichtungen kosten allen 3 Milliarden Schilling, und die Frauenministerin will uns nun weismachen, daß durch die Bereitstellung von 600 Millionen Schilling die Härten in diesem Bereich abgefedert sind.

Meine Damen und Herren! Ich sehe diese 600 Millionen eher als Dank der männerdominierten Regierung gegenüber der Frauenministerin für ihre Disziplin, die sie geleistet hat, als es um die Zustimmung zum Sparpaket gegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Das war die ÖVP, Frau Kollegin!) Ich glaube, die Frauenministerin hätte andernfalls ihre Daseinsberechtigung verloren.

Ich erinnere mich an den Weltfrauentag am 8. März, an dem die Frauenministerin zum Protest gegen dieses Belastungspaket, dem sie zuvor in der Regierung selbst zugestimmt hat, aufgerufen hat. Sie hat also zu einem Protest gegen ihre eigenen Beschlüsse aufgerufen!

Meine Damen und Herren! Eine weitere typische Stammleistung des FLAF wird ebenfalls, wie schon hinlänglich bekannt, ersatzlos gestrichen, und zwar die Geburtenbeihilfe. Wenn man bedenkt, daß bereits 25 Prozent der Österreicher keine Kinder haben, so kann man feststellen, das ist sicher der falsche Weg. Bei der gänzlichen Streichung besteht nämlich die Gefahr, daß die Untersuchungen nach dem Mutter-Kind-Paß nicht mehr in demselben Ausmaß in Anspruch genommen werden wie bisher.

Erfahrungen aus Deutschland, wo es diese Geburtenbeihilfe auch nicht mehr gibt, haben gezeigt, daß nur mehr 40 Prozent der Eltern diese Untersuchungen in Anspruch nehmen. Ich bin sehr gespannt, welche Vorschläge uns Herr Familienminister Bartenstein machen wird, nachdem er von Überlegungen hinsichtlich eines neuen Anreizsystems spricht.


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