Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 41

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den Geburtenrückgang sind. Ich darf mit Freude feststellen, daß in Niederösterreich – und ich stehe hier als Vertreter dieses Bundeslandes – Wohnungsknappheit und die hohen Kindererziehungskosten im Vergleich der Bundesländer die geringste Rolle spielen. Auch das unzureichende Vorhandensein von Kinderbetreuungseinrichtungen wird in Niederösterreich in einem wesentlich geringeren Maß als in anderen Bundesländern als Motiv dafür gesehen, keine Kinder zu bekommen. Diese Studie stellt der niederösterreichischen Familienpolitik und seiner familienfreundlichen Wohnbauförderung ein hervorragendes Zeugnis aus. Wohnbaupolitik ist nämlich auch angewandte Familienpolitik, und daher hat das Land Niederösterreich mit Landesrat Freibauer auch seine Förderungsrichtlinien zugunsten kinderreicher Familien geändert.

Vor diesem Hintergrund ist die Abstimmung der Wohnbauförderung auch mit den Bundesländern unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl von wesentlicher Bedeutung. Erst am Montag dieser Woche wurde in Niederösterreich die Förderung von insgesamt 12 000 Wohneinheiten beschlossen, was einem Gesamtbauvolumen von nahezu 13 Milliarden Schilling entspricht. Der Impuls, der für die Bauwirtschaft und zur Sicherung der Arbeitsplätze davon ausgeht, ist nicht minder beachtlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Beitrag, den die Landwirtschaft zur Konsolidierung im Hinblick auf dieses Strukturanpassungsgesetz leistet, reicht weit über die Erwähnung hinaus, die das Landwirtschaftsressort unmittelbar im Strukturanpassungsgesetz findet, daß nämlich noch heuer zwei Bundesanstalten, nämlich jene für Pferdezucht sowie für Fortpflanzung und Besamung, eingespart und bis Ende des Jahres aufgelöst werden. Die Bauern tragen vielmehr alle Maßnahmen, vor allem auch jene in sozial- und pensionsrechtlichen Belangen, solidarisch mit, und das vor dem Hintergrund sinkender landwirtschaftlicher Einkommen.

Diese Neuerungen betreffen in der bäuerlichen Sozialversicherung vor allem auch die Bestimmungen über die Anwartschaft. Sie werden bei allen vorzeitigen Alterspensionen bekanntermaßen verschärft. Die Bauern tragen auch die Erhöhung des Beitragssatzes in der Bauern-Pensionsversicherung sowie die Änderungen bei der Berechnung der Pensionen mit: Ab 1. April 1996 wurde der Beitragssatz von 12,5 auf 13,5 Prozent erhöht. Mit 1. 1. 1997 wird es darüber hinaus auch keine Erhöhung der Pensionen geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Strukturanpassungsgesetz hin oder her: Wie kaum ein anderer Sektor ist die Landwirtschaft dem Gesetz der Strukturanpassung unterworfen. Das Jahr 1995 ist für die Bauern enorm schwierig gewesen. Nicht nur aufgrund des EU-Beitritts, sondern vielmehr auch aufgrund des GATT-Übereinkommens, in dem ein Abbau der Exportstützungen vereinbart wurde, stand die Landwirtschaft vor gewaltigen Umstellungen und Herausforderungen.

Trotz der schwierigen Ausgangssituation hat die österreichische Landwirtschaft das erste Jahr in der Europäischen Union, wie der Agrarexperte des Wirtschaftsforschungsinstitutes Matthias Schneider kürzlich attestierte, relativ gut überstanden, aber nur durch höhere Direktzahlungen. Denn die reale Endproduktion sank um 4 Prozent, die Wertschöpfung hingegen um 5 Prozent. Die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise brachen EU-bedingt im Schnitt um nicht weniger als 22 Prozent ein, die Konsumentenpreise hingegen sind nur um 1 Prozent gesunken. Die Abwanderung hält unvermindert an: 1995 waren in der heimischen Land- und Forstwirtschaft 165 000 Personen beschäftigt, das sind um 5,5 Prozent weniger als 1994.

Was besonders nachdenklich stimmt: Immer mehr familieneigene Arbeitskräfte verlassen ihre Betriebe. Vor allem sind es mitversicherte Bauernsöhne, die aus der Landwirtschaft abwandern und sich einen anderen Beruf suchen. In den meisten Fällen wird ein landwirtschaftlicher Nebenerwerb angestrebt, was freilich angesichts der aktuellen Arbeitsmarktsituation auch immer schwieriger wird.

Kurzum: Nur der hohe Abgang von Arbeitskräften ließ im Vorjahr trotz stagnierender Nettowertschöpfung die Agrareinkommen je Beschäftigtem nominell um 5 Prozent steigen. Bereits die ersten Monate 1996 zeigen aber, daß dieses Jahr für die Bauern ein besonders schwieriges Jahr werden wird: Die degressiven Ausgleichszahlungen sinken um 35 Prozent. Die Rinder


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