Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 50

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Hohes Haus! Als Leiter des Familienreferates des Bundeslandes Tirol bin ich täglich mit konkreten Fragen und Problemen des Familienalltags konfrontiert. Deshalb möchte ich heute schon darauf hinweisen, daß wir die Zeit bis zu den nächsten Budgetverhandlungen für das Jahr 1998 nützen müssen, um neue, bessere und mehr zielorientierte Grundlagen für die Familie schaffen zu können, damit sich ab 1998 – und ich hoffe, daß wir das gemeinsam bewältigen – das Humankapital unserer Gesellschaft besser als bisher entwickeln kann.

Meine Damen und Herren! Es steht – hoffentlich für uns alle – außer Frage, daß die Kinder und damit die Familien zusätzlich zu anderen Maßnahmen von diesen Sparpaketen in einzigartiger Weise betroffen sind. Die von den Familien erbrachten Vorleistungen in Form der Kürzung der Familienbeihilfe von 1 200 S pro Jahr ab 1995 und die echten Nullrunden bei der Anpassung an die Lebenshaltungskosten seit 1993 wurden leider Gottes in diesem Konsolidierungspaket nicht oder zuwenig gewürdigt: Es sind weitere Kürzungen erfolgt.

Herr Finanzminister! Die Notwendigkeit dafür läßt sich für mich aus dem Ziel der Budgetkonsolidierung nicht oder nur sehr schwer begründen. Denn der Familienlastenausgleichsfonds wäre strukturell nicht expansiv und würde sich nicht akut auf das Defizit auswirken, wenn es keine Einnahmenkürzungen und systemfremde Finanzierungsverpflichtungen in der Vergangenheit gegeben hätte. Deshalb finde ich folgende Formulierung im Ausschußbericht etwas eigenartig – ich darf zitieren –: Im Lichte der zentralen Forderung nach einer Sicherheit der familienpolitischen Leistungen auf Dauer und auf einem hohen Niveau ist durch die vorliegende Gesetzesnovelle die Zuerkennung der Leistungen im Rahmen des Familienlastenausgleichsfonds an die Familien ein Hauptanliegen. Dadurch, und nur dadurch, kann sowohl dem Spargedanken entsprochen als auch die Aufrechterhaltung der Sozialleistungen sichergestellt werden.

Meine Damen und Herren! Bevor ich ganz kurz auf diesen Satz eingehe, möchte ich feststellen, daß es für mich schon fast symptomatisch ist, welche Einstellung wir auch hier im Hohen Bundesrat gegenüber den Familien aus unserer Gesellschaft mitbringen, wenn wir hier von Sozialleistungen reden.

Meine Damen und Herren! Als im Jahre 1954 der Familienlastenausgleichsfonds beschlossen wurde, hat niemand von den Sozialleistungen gesprochen, sondern man hat von der Abgeltung zusätzlicher Leistungen, die in den Familien erbracht wurden, gesprochen und die entsprechenden Beschlüsse zur Schaffung eines solchen Fonds gefaßt. Dieser Fonds wurde nicht aus Budgetmitteln gespeist. Es hat langdauernde und langwierige Verhandlungen gegeben, und die Arbeitnehmer in diesem Staate haben einen Lohnverzicht geleistet, damit dieser Fonds überhaupt entwickelt werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nur durch die Haltung der Gewerkschaft war es damals möglich, daß auch Mittel aus Einkommensteuer und Körperschaftsteuer mit einbezogen werden konnten.

Jetzt aber noch einmal zurück zu dieser Darstellung im Bericht, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob man jetzt in Zukunft argumentieren kann – Herr Bundesminister, ich habe in diesem Zusammenhang großes Bauchweh und große Bedenken – durch die Reduzierung aus der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer heraus, die den Familienlastenausgleichsfonds speisen sollte, denn für mich sind diese Schritte für 1996 und 1997 einfach sehr starke Kürzungen. Ich weiß, daß man einfach Zahlen annehmen mußte, um überhaupt Verrechnungen durchführen zu können. Ich hoffe nur, daß für diese beiden Jahre die angenommenen Zahlen entsprechend wirksam werden, denn diese Kürzung bedeutet für mich – wahrscheinlich auch für viele Familien, die sich damit beschäftigen –, daß der Familienlastenausgleich von der Bundesregierung an eine kurze oder kürzere Leine genommen werden soll. Der Spielraum für familienpolitische Leistungen beziehungsweise sinnvolle Maßnahmen wird dadurch in der Entscheidung sehr stark eingeengt.

Herr Bundesminister! Es ist in dem Zusammenhang natürlich auch das große Problem, ob wir nicht doch den Weg gehen sollten, daß ab 1998 – zumindest sollte es eine Überlegung sein – wieder ein entsprechender Spielraum für Familien gegeben ist, um den Prozentanteil gerade aus der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer etwas zu heben. Wir müssen diesen eingeschlagenen Weg – es wird auf beiden Seiten unserer Parteien Gruppen geben, die diesen ein


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