Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 59

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Berichtigung? (Bundesrat Ing. Penz: Das ist eine tatsächliche Feststellung!) Dies ist eine tatsächliche Feststellung? – Gut!

Ich glaube, daß es heute gar nicht so sehr, wie es Kollege Waldhäusl ausgedrückt hat, um die Wurst geht. Es geht vielmehr um die Beschlußfassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996. Es handelt sich hiebei um eine Zusammenfassung von wichtigen und auch notwendigen Gesetzesänderungen, welche insgesamt auf eine Konsolidierung des Bundeshaushaltes für die nächsten Jahre und die damit verbundene Absenkung des Budgetdefizites von 6 auf 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes abzielen.

Dieser Konsolidierungsbedarf ist, wie schon zum Ausdruck gekommen ist, beträchtlich. Dessen Ausmaß wurde erst nach dem Kassasturz im Anschluß an die Wahl 1995 zur Gänze ersichtlich. Diese Wahl hat die Erstellung dieses Reformprogramms erst ermöglicht und gibt uns jetzt die Offensivkraft für die Zukunft. Denn erinnern wir uns an die Aussagen des damaligen Finanzministers Staribacher, der zunächst von 20 Milliarden, dann von 30 Milliarden, schließlich von 50 Milliarden Schilling Fehlbetrag gesprochen hat, während nunmehr aber tatsächliche Einsparungen in der Höhe von 100 Milliarden Schilling notwendig sind.

Sicherlich muß man zugeben, daß die Staatsverschuldung in den letzten Jahren dramatisch gestiegen ist, allein durch zusätzliche Zinsenzahlungen, ohne daß Gegenmaßnahmen gesetzt werden, wären 30 Milliarden Schilling erforderlich. Das ist ein Betrag, der sinnvollerweise in wirtschaftliche Bereiche eingesetzt werden könnte. Aber die Belastungen für künftige Generationen würden sonst dramatisch steigen, und die Zukunft unseres Wirtschaftsstandortes wäre durch Inflation gefährdet. Da uns die Zukunft der kommenden Generationen am Herzen liegt, wir eine Basis für die Aufrechterhaltung des Erreichten und Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft schaffen müssen, war es daher ein Gebot der Stunde, Maßnahmen zu setzen, die geeignet sind, durch Stabilisierungseffekte das Wachstumspotential der Wirtschaft bestmöglich auszuschöpfen, um damit für eine Beschäftigungssicherung zu sorgen. Daß ein Sanierungsprogramm in der Größenordnung von 100 Milliarden Schilling allerdings nicht ohne schmerzhafte Opfer abgeht und mitunter wohl auch Härten für den einzelnen mit sich bringt, ist wohl jedem verständlich.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Eine der gravierendsten Maßnahmen des Strukturanpassungsgesetzes sind die Änderungen im Sozialbereich. Ich möchte jedoch vorausschicken, daß unser Staat ein soziales Niveau erreicht hat, das international gesehen seinesgleichen sucht. Obwohl dem so ist, muß man aber auch zugeben, daß es durch wahltaktische Manöver in der Ära Kreisky zeitweise zu Auswüchsen gekommen ist, die – ich denke etwa an die Heiratsbeihilfe – die Finanzierbarkeit dieser Systeme in Frage gestellt haben und leider Gottes aus dem sozialen Netz für manche bereits schon eine Hängematte werden ließen. Reformen sind daher dringend notwendig geworden und werden von der Bevölkerung auch verstanden. Dort und da wird ganz offen vom sozialen Mißbrauch gesprochen.

Betonen möchte ich aber, daß diese Reformen jetzt so rechtzeitig eingeleitet worden sind, sodaß nicht – wie Kollegin Pfeffer bereits ausgeführt hat –, so wie in Schweden, tief in das gesamte Sozialsystem eingegriffen werden muß, daß nicht, wie in Italien, ganze Kategorien von Sozialleistungen einfach abgeschafft werden müssen und damit wirklich die Ärmsten der Armen getroffen werden. Wir haben so reformiert, daß die notwendigen sozialen Reformschritte ohne soziale Unruhen, wie sie etwa in Frankreich zu verzeichnen gewesen sind, gesetzt werden konnten.

Als Beispiel für Reformen möchte ich die Anhebung des Pensionseintrittsalters anführen. Das ist eine Maßnahme, ohne deren Durchsetzung das derzeitige Pensionssystem langfristig sicherlich nicht mehr finanzierbar wäre, und zwar aus verschiedenen Gründen.

Erstens ist in Österreich das tatsächliche Pensionseintrittsalter im Durchschnitt viel niedriger als in vergleichbaren anderen Ländern. Erschreckend ist dabei die rasante Abnahme des Eintrittsalters innerhalb der letzten 25 Jahre. Lag es 1970 noch bei 62 Jahren, ist es bis 1995 bereits auf


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